Die deutsche Getränkelogistik steht offenbar vor der größten Veränderung seit der Jahrtausendwende: Trinks, mit einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro einer der beiden Big-Player in der nationalen Getränkelogistik, arbeitet nach verlässlichen Informationen an einer neuen Gesellschafterstruktur, in die alsbald die Rewe als schwergewichtiger Miteigentümer integriert werden könnte. Darüber berichtete am Montag zuerst das Branchenmagazin „Inside“.
Damit würde Trinks, dessen Gesellschafter bislang zu gleichen Teilen die Premium-Brauer Krombacher, Bitburger und Warsteiner sind, mit dem ehernen Gesetz der Marktneutralität seiner GFGH-Dienstleistungen brechen. Wie zu hören ist, könnte in einem mehrstufigen Prozess Rewe erst gleichberechtigter Gesellschafter werden, um später seine Anteile qualifiziert aufzustocken. Denkbar sei auch der Beteiligungsverzicht unter den drei Brauereien, um Rewe mehr Macht zu ermöglichen. Die Ertragssituation des Getränkelogistikers wird nach übereinstimmenden Einschätzungen von Marktbeteiligten als „branchentypisch dünn“ gesehen; Vereinbarungen zum aktuellen Deal seien noch nicht gezeichnet.
Trinks-Kunden in Sorge
Bisherige Trinks-Kunden verfolgen seit Bekanntwerden der Weichenstellung die laufenden Verhandlungen mit Sorge, weil damit große Datenmengen über nationale Warenströme schon in kurzer Zeit in Rewe-Hände gelangen könnten. Maßgeblicher Beschleuniger einer neuen Gesellschafterstruktur soll laut Branchenkennern Krombacher-Inhaber Bernhard Schadeberg sein, der mit dem Tabubruch der Polarisierung der Trinks-Gruppe zu Gunsten eines einzigen Handelspartners und dem möglichen Rückzug anderer Trinks-Kunden offenbar noch keine Risiken ausgemacht hat.
Als sicher gilt, dass das Bundeskartellamt bei einer notwendigen Prüfung von Fusionsbemühungen des Lebensmitteleinzelhandels diesmal genau hinschauen wird. Es steht außer Frage, dass die Trinks-Gruppe eine durchaus marktdominante Position besitzt. Als einzig verlässlich marktneutraler Gegenpol würde damit die Deutsche Getränke-Logistik (DGL), Dortmund/Lingen, verbleiben, die als Joint-Venture der Brauerei Veltins und Oetkers Radeberger Gruppe ebenfalls rund 1,5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet und in der nationalen Getränkelogistik – ebenso wie Trinks – als höchst leistungsfähig gilt.
Geschäftsführer mit Rewe-Stallgeruch
Mit den jüngsten Verhandlungen wird in der Branche auch eine Personalie aus dem Frühjahr 2022 in Verbindung gebracht: Seinerzeit wurde Roberto Fabiano als kaufmännischer Geschäftsführer für Finanzen, Controlling, Einkauf und IT in die Trinks-Gruppe berufen. Fabiano kommt von der „Für Sie“ Handelsgenossenschaft, die zur Rewe-Gruppe gehört. Er war dort seit 2016 als Bereichsleiter Finanzen tätig und stieg Anfang 2019 auch zum Geschäftsführer der „Für Sie“ Direkt Handelsgesellschaft mbH auf. Fabiano habe nach Trinks-Angaben dort eine Neustrukturierung durchgeführt, IT- und Software-Prozesse neu gestaltet und dem Controlling zu mehr Transparenz und einer höheren Effizienz verholfen.
Der Trinks-Manager mit eindeutigem Rewe-Stallgeruch könnte mit dem Wissen um die Rewe-Interessen am GFGH-Geschäft die letzten 18 Monate sinnvoll genutzt haben, um den laufenden Deal einzufädeln und zu begleiten. Fabiano löste im letzten Jahr Niclas Graf von Pfeil ab, der seit 2012 den Bereich als kaufmännischer Geschäftsführer leitete und als vorheriger Beteiligungsmanager der Krombacher Brauerei von Bernhard Schadeberg persönlich in die Trinks-Führung entsandt worden war. Damals war einmal mehr deutlich geworden, wie groß das Distributionsinteresse der Krombacher-Gruppe und ihres Inhabers an Trinks fortan sein sollte.
Zeichen stehen auf Veränderung
Die Zeichen standen bei Trinks schon längere Zeit auf Veränderung – in jüngster Vergangenheit hatte sich das Personalkarussell bereits mehrfach gedreht. Zum 1. Oktober 2020 war Thomas Majocco zum Geschäftsführer Logistik der Trinks-Gruppe ernannt worden. Majocco übernahm damit die Leitung der zentralen Logistik sowie der 16 Niederlassungen von Michael Stadlmann. Dieser hatte den Bereich seit dem Ausscheiden des vorherigen Geschäftsführers Uwe Heinrich interimistisch geführt.
Michael Stadlmann, selbst erst seit Mai 2019 Vorsitzender der Geschäftsführung der Trinks Gruppe, verließ dann im Dezember 2022 das Unternehmen im gegenseitigen Einvernehmen (wir berichteten). Heute führen Roberto Fabiano, Thomas Majocco und Tino Saalbach die Trinks-Gruppe, die ihr Headquarter unter Mitarbeiterprotest erst vor einem Jahr von Goslar nach Hennef verlagert hatte. Mehr als 1,5 Milliarden Flaschen werden nach Trinks-Angaben in den 16 Niederlassungen jährlich feinsortiert, davon allein rund 176 Millionen am Standort Hennef.
Über die Trinks-Gruppe
Die Trinks-Gruppe versteht sich als eines der führenden Getränkelogistikunternehmen in Deutschland, bietet nach eigenen Aussagen bislang individuelle und maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand an. Aus 16 Niederlassungen werde, so Trinks, ein breites und tiefes Sortiment von Flaschen- und Fassbieren, aber auch alkoholfreien Getränken und Säften angeboten. Dabei werde vornehmlich der Handel, aber auch die Gastronomie beliefert. Neben den klassischen Aufgaben des Getränkefachgroßhandels werden Dienstleistungen wie Lagerhaltung (Depot), Cross-Docking Lösungen, Leergutsortierungen und Transport angeboten. Mit rund 1.700 Mitarbeitern erwirtschaftet das Unternehmen einen jährlichen Netto-Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro.