Mit einer neuen Kampagne unter dem Motto „Geschmäcker sind verschieden“ will sich der Süßstoff-Verband gegen die ernährungspolitischen Pläne der Bundesregierung wehren. Das derzeit diskutierte Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz sei „die Abkehr vom Ziel einer ausgewogenen und kalorienarmen Ernährung hin zu einem Geschmacksdiktat“, mit dem die Geschmackspräferenzen der Bürger „grundlegend verändert werden sollen“.
Die Protest-Kampagne wurde letzte Woche mit einer Plakataktion in Berlin begonnen. Die Kritik richtet sich gegen die Pläne des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die Süße von Lebensmitteln zu reduzieren, um Vorlieben der Verbraucher zu verändern, und die Einbeziehung von mit Süßstoff gesüßten Lebensmitteln in das geplante Lebensmittel-Werbeverbot.
Geschmackliche Umerziehung geplant?
„Alles soll weniger süß schmecken – unabhängig vom Kaloriengehalt und ohne wissenschaftlich belastbare Argumente“, erklärt Anja Roth, Ernährungswissenschaftlerin beim Süßstoff-Verband. Das geplante Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz sei „nur eines von mehreren Instrumenten, mit denen eine weitreichende geschmackliche Umerziehung erreicht werden soll“, so Roth. So heiße es in einer Antwort des BMEL auf eine kleine Anfrage aus der Opposition, das Ministerium strebe eine „schrittweise Reduktion der Gesamtsüße von verarbeiteten Lebensmitteln“ an, da dies Verbraucher am besten unterstütze, „Geschmackspräferenzen zu entwickeln, die eine ausgewogene Ernährung erleichtern“.
Insbesondere kritisiert der Süßstoff-Verband das Nährwertprofil des Europäischen Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation (WHO), das dem Entwurf zu dem Werbeverbot zugrunde liegt. Es setze Zucker mit Süßstoffen gleich, obwohl diese keine Kalorien lieferten und erwiesenermaßen sicher seien. Für die Branchenvertretung steht das Vorhaben auch im Widerspruch zu den Forderungen von Bundesernährungsminister Cem Özdemir nach Rezepturveränderungen, die den Energiegehalt von Lebensmitteln reduzieren.
Süßstoffe weiter in Reformulierungen einbeziehen
Süßstoffe seien „ein wesentlicher Bestandteil eines energiereduzierten Lebensmittelangebots und sollten von der Lebensmittelindustrie bei Rezepturänderungen weiterhin berücksichtigt werden dürfen“, unterstreicht Isabelle Begger, Vorstandsvorsitzende des Süßstoff-Verbands. Statt eines Geschmacksdiktats sollten Verbraucher „befähigt werden, eine gesunde Auswahl aus dem vielfältigen Angebot zu treffen“.
Die nun gestartete Kampagne soll für Geschmacksvielfalt, ein großes Lebensmittelangebot und die freie Wahl für Verbraucher plädieren und sich zugleich gegen Ernährungsverbote wenden.