Die in der letzten Woche auf den Weg gebrachte europäische Verpackungsverordnung (PPWR) wird das Mehrwegsystem voraussichtlich nicht fördern. Das kritisierte die Mehrweg-Allianz* heute in ihrer jährlichen Pressekonferenz. Neben der angestrebten sehr niedrigen Mehrwegquote von zehn Prozent bemängelte der Verbände-Zusammenschluss zahlreiche in die Verordnung aufgenommene Ausnahmen. Daher bleibe die Mehrwegförderung weiterhin eine nationale Aufgabe, betonte Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), und erneuerte ihre Forderung nach einer gesetzlichen Lenkungsabgabe auf Einweg-Getränkegebinde zusätzlich zum Pfand.
Hintergrund ist, dass die 2019 ins deutsche Verpackungsgesetz aufgenommene Mehrwegquote von 70 Prozent seit Jahren unterschritten wird. Laut den neuesten Erhebungen des Umweltbundesamtes liegt sie derzeit bei 42,6 Prozent. Die für diesen Fall von der früheren Bundesregierung angekündigten rechtlichen Maßnahmen blieben dennoch aus, so die Mehrweg-Allianz.
Europäische Quoten weit unter den deutschen
Ein ursprünglich „ambitionierter Entwurf“ sei im Laufe der Verhandlungen im EU-Parlament und in den Mitgliedstaaten „erheblich verwässert“ worden, berichtete Günther Guder, geschäftsführender Vorstand von Pro Mehrweg. Eine bis 2030 zu erreichende Mehrwegquote von lediglich zehn Prozent werde in Deutschland längst übererfüllt. Der bis 2040 angestrebte Anteil von 40 Prozent bleibe in der PPWR unverbindlich. Zudem habe man Milch, Wein und Spirituosen komplett aus den Vorschriften herausgenommen.
Als „Knaller“ bezeichnete Guder zudem die sogenannte Lidl-Klausel, die auf Betreiben Deutschlands in das europäische Gesetzeswerk aufgenommen wurde. Demnach können sich bis zu fünf Einzelhändler zusammenschließen, um die vorgegebenen Quoten gemeinsam zu erfüllen, solange sie zusammen nicht für mehr als 40 Prozent Marktanteil stehen. Davon profitiert Lidl mit seiner Kreislaufflasche, der, anders als Wettbewerber Aldi, nicht anstrebt, Mehrweggetränke in sein Sortiment aufzunehmen. Zusammen mit seinem Schwesterunternehmen Kaufland erfülle der Discounter die Vorgaben heute bereits, so Guder.
Andererseits wurden auch Details aus der PPWR herausgenommen, die die Mehrwegbranche noch im letzten Jahr in Aufregung versetzten, wie etwa die Pläne, Mehrwegverpackungen müssten mit einer dauerhaft angebrachten Kennzeichnung versehen werden. Vor dem damals befürchteten Aus für das deutsche Mehrwegsystem muss nach dem nun beschlossenen Kompromiss niemand mehr Angst haben.
Mehrwegbranche setzt Infokampagne fort
Um selbst zur stärkeren Verbreitung von Getränken in Mehrweg beizutragen, kündigte die Mehrweg-Allianz an, ihre bundesweite Kampagne „Mehrweg ist Klimaschutz“ auch 2024 fortzusetzen. In mehr als 5.000 Betrieben des Getränkehandels informiert sie Verbraucher über Mehrwegflaschen als klimafreundliche Getränkeverpackung. Im Rahmen einer Verlosung können 16 Familien ein Jahr lang Freigetränke in Mehrweg im Wert von jeweils 1.000 Euro gewinnen.
*Die Mehrweg-Allianz setzt sich zusammen aus der Deutschen Umwelthilfe (DUH), der Stiftung Initiative Mehrweg, dem Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels, dem Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels, dem Verband Private Brauereien Deutschland und dem Verband Pro Mehrweg.