Kurz vor Beginn der Adventszeit lockt der Handel wieder mit niedrigen Bierpreisen. Wer in dieser Woche deutschlandweit die Handzettel durchforstet, kommt unweigerlich zum Eindruck, dass die von den meisten Brauern im Frühjahr vollzogene Preisrunde schlichtweg weggerechnet wurde – Rabatte von über 50 Prozent sind keine Seltenheit. Der Handel muss offenbar handeln, denn im Bierregal ist ein schmerzhaftes Minus aufgelaufen. Jetzt sollen preisaggressive Aktionen den Jahresendspurt retten.
Warsteiner mit Dosenzugabe
Allen voran bewegt sich in dieser Woche bei Netto-Markendiscount die Marke Warsteiner im preislichen Sinkflug. Den 20er-Halbliter-Kasten plus zwei Gratis-Halbliterdosen gibt es für 10,99 Euro. Mit der Auslobung des Dosenpreises von 0,95 Euro und der doppelten Zugabe des Einweggebindes kommt man rechnerich auf 9,09 Euro pro Kasten. Für den Edeka Discounter ein unschlagbarer Lockvogel, der offenbar auch mit dem Segen der Brauerei installiert wurde. Schließlich müssen in alle Netto-Outlets Dosen geliefert werden, um die Zweierzugabe realisieren zu können. Für den künftigen Warsteiner Handelschef Raphael Rauer, der im nächsten Jahr von Paulaner zu Warsteiner wechselt und damit die handelsseitigen Aufgaben seines einstigen AB Inbev-Weggefährten Uwe Albershardt übernimmt, brechen neue, womöglich harte Zeiten an. Statt Hochpreisstrategie à la Paulaner wird Rauer vermutlich auch über den Preis Menge machen müssen, um den von Warsteiner-Chef Helmut Hörz gern bildreich angekündigten „Steigflug“ zu beschleunigen.
Preisgrenze unter zehn Euro
Zumindest im Osten macht Netto-Markendiscount seinen Kunden neben dem Warsteiner-Niedrigpreis gleichzeitig ein veritables Zusatzangebot und bietet die Doppelkasten-Aktion Krombacher schon für 20 Euro an. Gerade in den neuen Bundesländern liegt die psychologische, kaufentscheidende Preisgrenze für die meisten Verbraucher unterhalb von zehn Euro. Und so finden sich diese Woche die Carlsberg-Marken Holsten, Wernesgrüner und Lübzer (Doppelkasten bei Diska/Leipzig) im Handel für 8,99 Euro wieder. Aktuell noch günstiger ist Hasseröder Pils, das bei den östlichen Händlern aktuell um 52 Prozent verbilligt wird – von 16,99 Euro auf den allseits gefälligen Auerhahn-Einstiegstarif von 7,99 Euro. Von einstiger Premium-Stabilität ist in der Bremer Zentrale von AB Inbev seit geraumer Zeit kaum mehr etwas zu merken.
In Dresden im Edeka-Center gibt es diese Woche eine weitere Premiummarke zum unschlagbaren Preis: Der 20er-Halbliterkasten Bitburger Pils wurde um 31 Prozent reduziert. Statt für 15,99 Euro können Kunden für 10,99 Euro zugreifen. Obendrauf gibt’s für den kostenbewussten Sachsen beim Kauf von zwei Kästen für alle Fälle noch ein „Bitburger Multitool“. Dabei hatte keine andere Brauereigruppe im zurückliegenden Jahrzehnt so oft nach höheren Preisen gerufen wie Bitburger. „Im Prinzip wären 18,90 Euro ein vernünftiger Preis“, hatte der damalige Bitburger-Vertriebschef Axel Dahm 2017 dem Handelsblatt gesagt. In dieser Woche sieht die Realität im 635 Kilometer entfernten Edeka-Center in Dresden wieder einmal anders aus. Sebastian Holtz, seit November Marketing- und Vertriebsgeschäftsführer der Bitburger Braugruppe, dürfte mit der soeben von Bitburger ausgerufenen Preiserhöhung noch einige Zeit mit dem Handel zu kämpfen haben.
Kölsch und Energy im Angebot
Derweil tun sich auch jenseits der nationalen Marken bemerkenswerte Spielfelder auf, die der Handel in diesen Wochen wirkungsvoll zu bedienen weiß. Im Kölner Biermarkt sind die ansonsten so preisstolzen Kölsch-Brauer, die selten ein gutes Haar an den Preisen der Premium-Pils-Marken lassen, schon für 13,99 Euro zu haben. Frühs Ortsrivale Reissdorf Kölsch steht zeit- und preisgleich beim Netto-Rivalen Penny. Manchmal darf es eben auch nach dem karnevalistischen Sessionsbeginn am 11.11. etwas mehr Menge für einen kleineren Preis sein. In der Zwischenzeit geben die Spezialitäten auch andernorts nach. Kulmbachers Mönchshof wird bei Kaufland um 23 Prozent auf 12,99 Euro diskontiert.
Auch in den anderen Warengruppen geht es turbulent zu. Netto-Markendiscount bietet aktuell ein gemischtes Red Bull-Dosen-Sextett für fünf Euro an. Längst ist bei den zumeist jungen Konsumenten angekommen, dass der einstige Wegbereiter des Energy-Segments in den Preisverhau des Handels geraten ist. Womöglich auch ein Zugeständnis an den wachsenden Wettbewerb, denn gerade Schüler und junge Erwachsenen bevorzugen die preis- und mengenbevorteilte Halbliter-Dose von Monster & Co. zum gleichen Kurs wie die 0,25-l-Dose von Red Bull. Und so gibt’s als passendes Angebot die Monster-Dose bei Rewe gleich im Viererpack für konkurrenzfähige 3,96 Euro.
Im Aktionspreisgeschäft scheint es in diesen Jahresendwochen so, als habe der Handel von schwindelnden Beschaffungskosten der Brauwirtschaft und nur kurze Zeit zurückliegenden Preiserhöhungen kaum etwas vernommen. Die Outlets der großen Vertriebsschienen von Edeka, Rewe & Co. ringen um Frequenz, koste es, was es wolle. Das Bier soll dabei helfen. Auch dadurch ist die Aktionspreisskala wieder auf Vorpandemie-Niveau angekommen. Die Verbraucher wird es freuen.