Über sein junges Tochterunternehmen M-Venture sucht Jägermeister seit gut zwei Jahren die strategische Zusammenarbeit mit kreativen Start-ups, die die Mission teilen, „jungen Menschen die besten Nächte ihres Lebens zu ermöglichen“. Zuletzt beteiligte sich M-Venture an dem jungen Unternehmens Soundboks, das die lautesten mobilen Lautsprecher der Welt herstellt. Getränke News sprach mit M-Venture-Geschäftsführer Christoph Goeken über die strategische Ausrichtung von M-Venture und seine nächsten Pläne.
Getränke News: Welche Grundidee steht hinter M-Venture, was möchten Sie erreichen?
Goeken: Wir haben die Mission, jungen Leuten die besten Nächte ihres Lebens zu geben. Dafür steht natürlich schon die Marke Jägermeister in hohem Maße. Aber wenn wir uns dieses Themas glaubhaft annehmen möchten, muss das Engagement umfassender sein, über das perfekte Getränk hinausgehen. Und das können eben Unternehmen aus anderen Branchen gewährleisten.
Getränke News: Welche Tragweite haben die Beteiligungen für Jägermeister? Würden Sie perspektivisch vom Aufbau eines zweiten Standbeins sprechen?
Goeken: Mit der Marke Jägermeister haben wir ein starkes Kerngeschäft. Aber die Art und Weise, wie Leute feiern, ändert sich – nicht erst seit Covid-19. Es ergeben sich also noch viel mehr Möglichkeiten, mit den besten Nächten wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Insofern wollen wir uns schon breiter aufstellen, unabhängiger werden vom reinen Spirituosengeschäft.
Getränke News: Wie schwierig ist es denn, ein erfolgreiches Start-up für sich einzunehmen?
Goeken: Wir stehen mit vielen Investoren im Wettbewerb, besonders mit reinen Investitionsgesellschaften. Gründer mit einem sehr guten Team und Geschäftsmodell können sich aussuchen, von wem sie das Geld annehmen. Wir können uns nur behaupten, wenn wir einen Mehrwert bieten. Wenn wir mit den Start-ups Synergien finden, macht das für beide Sinn, und wir können mit ihnen zusammen längerfristig wachsen.
Getränke News: Welchen Einfluss gewinnen Sie im Allgemeinen auf die unternehmerischen Entscheidungen der Unternehmen, in die Sie investieren?
Goeken: Jägermeister nimmt praktisch keinen Einfluss, die Gründer behalten komplett die Führung. Wir stehen allenfalls beratend zur Seite. Wir haben die Rolle des Minderheitsgesellschafter und nehmen diese auch ein. Wir glauben an die Eigeninitiative der Gründer und vertrauen darauf, dass sie viel leisten, um ihr Unternehmen voranzutreiben.
Getränke News: Inwieweit tritt die Marke Jägermeister bei den Produkten oder Aktivitäten in Erscheinung?
Goeken: In der Regel halten wir uns zurück. Wenn ein Projekt mit den besten Nächten zu tun hat, können wir davon profitieren, auch wenn Jägermeister nicht als Marke sichtbar ist. „Art-Night“ zum Beispiel bringt Menschen in Bars oder Restaurants zusammen, wo sie unter Anleitung eines Künstlers eigene Kunstwerke schaffen. Jägermeister zeigt sich nur dort, wo es zur Story passt und Mehrwert für den Konsumenten schafft.
Getränke News: Welche Bedingungen müssen Start-ups erfüllen, um von Jägermeister gefördert zu werden?
Goeken: Die Frage lautet immer, wofür geben Leute in Zukunft Geld aus, wenn sie etwas erleben wollen, wie können wir Menschen zusammenbringen. Start-ups, die uns gefallen, teilen unsere Mission und setzen sich mit aller Kraft für ihr Produkt und ihren Service ein. Es sollte nicht allein ums schnelle Geld gehen.
Diese Fähigkeiten haben „unsere“ Start-ups gerade in jüngster Zeit bewiesen: Durch Covid-19 sind fast alle stark unter Druck geraten. Aber sie haben es geschafft, neue Modelle zu erfinden. Nicht zuletzt muss das Projekt skalierbar und internationalisierbar sein. Wenn das alles passt, wollen wir früh dabei sein und den Gründern mit unserer Expertise helfen zu wachsen.
Getränke News: Ihre erste strategische Partnerschaft war ja vor gut zwei Jahren die Beteiligung an Gin Sul. Könnten künftig geförderte Start-ups auch weitere Spirituosenmarken sein?
Goeken: Das war eher eine Ausnahme. Über Gin Sul haben wir den Craft-Gedanken wieder stärker zu Jägermeister zurückgebracht, einen anderen Bezug zum Produkt geschaffen. Es müsste dann schon eine Spirituose sein, die absolut unverzichtbar ist.
Getränke News: Was würden Sie sich als nächstes Projekt wünschen?
Goeken: Zurzeit schauen wir uns alles an, was Inhome-Entertainment ist, also digitale Unterhaltung, E-Sports und solche Dinge. Wie entwickeln sich dort Erlebnisse? Das ist für uns ein komplett neues Gebiet, aber sehr spannend. Auch kleinere Veranstaltungen – Micro-Events – haben ein großes Potenzial, das merken wir beispielsweise bei den Modellen von Art-Night – wie auch Bake-Night. Zu Corona-Zeiten werden diese bestehenden Trends noch einmal beschleunigt.
Am Ende geht es immer wieder darum, Menschen zusammenzubringen – gegen die digitale Vereinsamung, die gerade in den Metropolen sehr groß ist. Das treibt uns an.
Unser Gesprächspartner:
Christoph Goeken ist seit Juli 2018 Geschäftsführer von M-Venture, der Investitions- und Innovationsgesellschaft der Mast-Jägermeister SE. Zuvor sammelte er berufliche Erfahrungen im eigenen Familienunternehmen, bei Colgate-Palmolive und McKinsey & Company.