Trinkkontor, das Getränkefachhandelsunternehmen der Bitburger Braugruppe, kooperiert künftig mit der Online-Bestellplattform „durst.de“. Im Sinne eines nachhaltigen Geschäfts testet das Unternehmen dabei auch die Belieferung mit Lastenrädern. Getränke News sprach mit Thomas Nuhn, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei Trinkkontor, über die neue Zusammenarbeit.
Getränke News: Trinkkontor steigt in das Geschäft der Heimbelieferung ein. Ist das Potenzial hier wirklich so groß?
Nuhn: Mit der Entscheidung, zukünftig im Bereich Home-Delivery aktiv zu sein, treten wir in einen neuen, hoch attraktiven Markt ein. Die Nachfrage nach Lieferservice steigt und das Potenzial ist groß, weshalb auch andere Marktteilnehmer in dieses Geschäft investieren.
Getränke News: Sie gehen aber mit den sehr kleinen Lieferfahrzeugen einen anderen Weg als die Mitbewerber. Wie kam es dazu?
Nuhn: Die Entscheidung vieler Städte und Kommunen, bestimmte Gebiete oder Straßen für den Lieferverkehr oder generell für PKW zu sperren, spielten bei unseren Überlegungen eine große Rolle. In Köln wurde beispielsweise beschlossen, die Severinstraße zur autofreien Zone zu machen. Wir haben dort auch einige Gastronomiekunden, die wir regelmäßig beliefern. Die Stadt Köln hat außerdem in einigen Straßen das Parken in zweiter Reihe verboten. Wir müssen uns seitdem die Lieferstellplätze in diesen Straßen mit sämtlichen Lieferanten teilen. Das heißt, wenn wir mit einem größeren LKW dort die Gastronomie beliefern wollen, muss der Fahrer so lange Extrarunden drehen, bis der Lieferstellplatz dort wieder frei ist. Das ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.
Diese Entwicklung hat uns gezwungen, nach Alternativen zu suchen. Wir haben darüber nachgedacht, ob wir mit kleineren Fahrzeugen liefern können, die in die autofreien Zonen fahren dürfen. Parallel dazu entstand die Idee, zusätzlich auch private Haushalte zu beliefern.
Getränke News: Mit den elektrischen Lastenrädern haben Sie sich aber für sehr kleine Fahrzeuge entschieden.
Nuhn: Wir sind bei der Suche nach alternativen Lieferfahrzeugen auf das Start-up Onomotion und seine elektrischen Lastenräder aufmerksam geworden. Ein interessantes Modell, bei dem wir die Ladeboxen tauschen können. Das hat uns überzeugt. Wir können die Boxen im Lager kommissionieren und der Fahrer tauscht dann lediglich die Box aus. Oder wir können Gastronomie-Kunden mit frischer Ware beliefern und tauschen vor Ort einfach die Box und nehmen das Leergut darin wieder mit. Interessant an den Lastenrädern ist auch, dass man zum Fahren keinen Führerschein braucht, sie gelten als elektrische Fahrräder. Mit einer Fernbedienung kann der Fahrer sogar nebenher laufen, so dass wir auch in Fußgängerzonen liefern können, in denen man sein Fahrrad zu bestimmten Tageszeiten nur schieben darf.
Getränke News: Wie viele Lastenräder haben Sie bestellt?
Nuhn: Im Rahmen einer Testphase bis Ende des Jahres setzen wir zunächst drei elektrische Lastenräder ein und zusätzlich noch einen Elektrobus. In dieser Zeit werden wir den Einsatz der beiden Fahrzeugtypen miteinander vergleichen und unsere Erfahrungen auswerten. Wir bieten Lieferservice für private Haushalte und für kleinere Gastronomieobjekte an. Es geht uns zunächst darum, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Über die Ladekapazitäten, die Bestellzeiten und über die Kapazität der Batterien.
Getränke News: Wie viel kann damit transportiert werden? Müssen neue Zwischenläger eingerichtet werden?
Nuhn: Ein Lastenrad kann 200 Kilo transportieren, also ca. 20 Kästen. Wir starten das Projekt in Köln Rodenkirchen, weil dort das Hauptlager unserer Gesellschaft Trinkkontor Bitburger Bier ist. Wir sind an diesem Standort historisch gewachsen und sehen dort auch großes Kundenpotenzial für den Heimdienst. In Köln leben auch viele Studenten und andere junge Menschen, die wir als Fahrer beschäftigen können. Wir haben außerdem noch mit einem Dienstleister gesprochen, der für uns das Fahrermanagement übernehmen könnte.
Getränke News: Christopher Messina, der neue CEO von Trinkkontor, bringt als ehemaliger Chef des Lieferdienstes Flaschenpost eine Menge Expertise mit. Inwieweit hat das die Strategie beeinflusst?
Nuhn: Unsere Überlegungen zum Thema Lieferdienst haben bereits vor längerer Zeit begonnen und waren, wie vorhin beschrieben, durch die veränderten Verkehrsbedingungen in den Städten getrieben. Die Berufung von Christopher Messina hatte mit dieser Strategie-Überlegung nichts zu tun. Zudem kommt er ja auch erst im Oktober zu Trinkkontor. Dann wird er unsere Testphase intensiv begleiten und seine Expertise einbringen.
Getränke News: Wie wollen Sie sich von anderen Wettbewerbern im Lieferdienst differenzieren. Noch schneller liefern?
Nuhn: Den Wettlauf um die Lieferzeit können wir nicht gewinnen. Es gibt bereits einige Wettbewerber vor Ort, die garantieren die Lieferung innerhalb von zehn Minuten. Das können wir nicht unterbieten. Wir wollen uns über das Thema Nachhaltigkeit differenzieren und haben uns deshalb für die elektrischen Lastenräder entschieden. Auch Trinkkontor wird bis Ende des Jahres als nachhaltiges Unternehmen zertifiziert sein. Wenn wir das Geschäftsfeld ausbauen, werden wir in der Stadt kleine Zwischenläger einrichten, die wir mit LKWs beliefern können, und von dort dann jeweils die Lastenräder bestücken. Alles im Sinne einer nachhaltigen Belieferung.