ProWein fast wieder zurück zu alter Form
Mit reger Beteiligung und viel positiver Resonanz ist die ProWein vom 19. bis 21. März über die Bühne gegangen. Die Teilnehmerzahlen erreichten allerdings noch nicht wieder ganz das Niveau von vor Corona. Wie die Messegesellschaft mitteilt, stellten rund 6.000 Unternehmen aus, das sind 13 Prozent weniger als 2019. An Fachbesuchern zählte die Messe 49.000 und damit 20 Prozent weniger als 2019. Tatsächlich erschien vielen Ausstellern das Geschehen wohl daher auch etwas ruhiger als gewohnt.
International immer bedeutender
Noch stärker als bisher unterstreicht die Messe ihre Internationalität als „absolutes Alleinstellungsmerkmal“: 86 Prozent der Aussteller reisten den Angaben zufolge aus dem Ausland an, für die Besucher aus 141 Ländern sei sie wieder „unumstritten das zentrale Business-Branchenevent“ gewesen. Das heben auch viele Aussteller hervor. Die Messe habe „einen hohen strategischen Wert“ für sein Unternehmen, betont etwa Thomas Mempel, Vorstandsmitglied der Semper idem Underberg AG, die ihre Produkte in über 100 Länder verbreitet und Auslandsmärkte zunehmend im Visier hat. „International gesehen rücken – neben unseren strategischen Zielmärkten USA und den nordischen Ländern – vermehrt Asien und Afrika in den Fokus“, so Mempel.
Die ProWein entwickle sich nach seiner Wahrnehmung immer mehr zur Exportmesse, stellte auch Horst Hillesheim, Geschäftsführer Vertrieb bei ZGM (Zimmermann-Graeff & Müller), gegenüber Getränke News fest. Für ihn indes kein Nachteil, da die Kellerei etwa die Hälfte ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands erzielt. Kleinere Unternehmen und solche ohne Übersee-Geschäft könnten allerdings auf dem riesigen Düsseldorfer Marktplatz ins Hintertreffen geraten – sicherlich ein Gedanke, der zur Gründung der neuen Karlsruher Messe Eurovino beitrug, die ihr alternatives, auf europäische Absatzmärkte fokussiertes Konzept Anfang März erstmals der Fachöffentlichkeit präsentierte (wir berichteten).
“No and low” ein prominentes Thema
Inhaltlich prägten in diesem Jahr – freilich neben den zahllosen Weinen aus allen führenden Anbaugebieten – mehr denn je die Themen „No and Low“, Nachhaltigkeit und alternative Verpackungen die ProWein. Alternativen „ohne Umdrehungen“ waren dabei sogar buchstäblich prominent vertreten – in Gestalt der Pop-Ikone Kylie Minogue, die ihren neuen alkoholfreien Rosé-Sekt vorstellte.
Wie sie rückten auch viele „ganz normale“ Unternehmen ihre völlig oder teilweise entalkoholisierten Produkte in den Fokus, wie zum Beispiel die Schloss Wachenheim AG, die unter dem Namen „Fünffünf“ ein weinhaltiges Getränk mit nur 5,5 Volumenprozent vorstellte. Erhältlich ist es in den Sorten Chardonnay und Merlot Rosé, beide halbtrocken. Man wolle damit „eine überzeugende geschmackliche Alternative bieten und einen Beitrag zu bewusster Ernährung und moderatem Konsum liefern“, erklärte Vorstandssprecher Oliver Gloden. Ob allerdings solche Low-Konzepte auch bei deutschen Konsumenten punkten oder diese sich eher zwischen „ganz“ und „gar nicht“ entscheiden, wurde allenthalben diskutiert.
„Neue Geschmacksdimension“ angestrebt
Nicht weniger als in eine für die alkoholfreie Kategorie „ganz neue Geschmacksdimension“ vorstoßen will indessen die Genossenschaft Lauffener Weingärtner, wie deren geschäftsführender Vorstand Marian Kopp es formuliert. Im Messegepäck hatte er den neuen „Lauffener Weingärtner Riesling und Rivaner alkoholfrei“, dem zugesetzte natürliche Fruchtaromen zu einem besseren Geschmack verhelfen sollen wie etwa Traubenmost, Pfirsichauszug oder Limettenextrakt.
In dem boomenden Segment baut auch die Schlumberger Gruppe ihr Portfolio aus. Unter anderem präsentierte der Segnitz-Partner Valckenberg mit „It’s no a Sin“ ein mit Ingwer und Orangenschale aromatisiertes Getränk auf Basis eines alkoholfreien Weins mit zugesetzter Kohlensäure. Wie wichtig das Thema insgesamt für die Branche ist, zeigt, dass die ProWein ihm mit der „World of Zero“ eine eigene Bühne bereitete, wo man sich informieren und vor allem viele Produkte auch probieren konnte.
Hart im Nehmen: die „übernatürlichen“ Piwis
In Sachen Nachhaltigkeit waren es auch in Düsseldorf unter anderem die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (Piwis), die in doppeltem Sinne in aller Munde waren. Da sie wesentlich weniger Pflanzenschutzmittel benötigen als Riesling, Burgunder & Co, gelten sie als besonders umweltfreundlich. Als geradezu „übernatürlich“ stuft sie die Winzergenossenschaft Deutsches Weintor ein, was in der neuen Range „Supernatural“ seinen Niederschlag findet, die der geschäftsführende Vorstand Frank Jentzer und sein Team vorstellten.
Man habe bereits vor vielen Jahren erkannt, dass Weinbau sich verändern und nachhaltiger werden muss, erklärte er. Daher investiere man schon länger in die Forschung rund um die Neuzüchtungen – und präsentiere nun die ersten Früchte dieser Bemühungen. Die neue Piwi-Marke „Supernatural“ kommt zunächst in den Varianten Weiß und Rosé – beide feinfruchtig ausgebaut – in den Handel.
Alternativen zur Glasflasche zunehmend gefragt
Stark bemüht um ein weiteres Nachhaltigkeitsthema zeigte sich Reh Kendermann auf seinem Messestand und rückte fortschrittliche Verpackungsformen in den Mittelpunkt. So steht – zunächst für Finnland – ein Riesling Müller-Thurgau im Tetra Pak zur Verfügung. In anderen Märkten spielten alternative Verpackungsmaterialien zur Glasflasche eine „weitaus bedeutendere Rolle“ als in Deutschland, erläuterte Geschäftsführer Alexander Rittlinger. Daher sei sein Haus „stets gefordert, neu zu denken und zu testen“. Von diesen Erfahrungen profitiere man aber auch für den deutschen Markt. Über den Weinkarton hinaus baut die Kellerei ihr Angebot an neuen Gebinden wie Bag-in-Box oder Pouch (Standbodenbeutel) weiter aus und bietet dafür auch die Abfüllung an.
Die nächste ProWein in Düsseldorf findet vom 10. bis 12. März 2024 statt.