Die Kulmbacher Brauerei AG wächst im stark rückläufigen Biermarkt. Das Unternehmen erzielte 2022 einen Bierabsatz von 2,4 Millionen Hektolitern (wir berichteten). Damit verzeichnet Kulmbacher nicht nur gegenüber 2021 ein Plus von 2 Prozent, sondern legte auch im Vergleich mit dem Vor-Pandemiejahr 2019 um 10 Prozent zu.
Das erfolgreiche Geschäftsjahr wurde auf der heutigen Hauptversammlung den Aktionären vorgestellt. Getränke News sprach mit Markus Stodden, Sprecher des Vorstands der Kulmbacher Brauerei AG.
Getränke News: Die Kulmbacher Braugruppe legte im Vergleich mit dem Vor-Pandemiejahr 2019 um 10 Prozent zu. Dagegen verlor die deutsche Brauwirtschaft im gleichen Zeitraum 5 Prozent Absatz. Wo kommt das Kulmbacher Wachstum her?
Stodden: Im Wesentlichen zum Wachstum beigetragen haben die Marken Kulmbacher Edelherb und Mönchshof. Bei Kulmbacher Edelherb, einem regionalen Pilsbier, erzielen wir seit Jahren kontinuierliche Absatzzuwächse. Von 2008 bis 2022 wuchs die Marke im LEH und GAM um 13 Prozent, und das in einem extrem hart umkämpften Pilsbiermarkt.
In Bayern hat Kulmbacher Edelherb (20×0,5l) im Lebensmittelhandel und in den Getränkeabholmärkten inzwischen einen Marktanteil beim Pils von über 12 Prozent. Der Erfolg der letzten Jahre ist neben der hohen Qualität und unseren Marketing- und Vertriebsaktivitäten auch unserer Preispflege zu verdanken. Während die Aktionspreise der großen Pilsmarken im Handel in den letzten Jahren unter 10 Euro lagen und der Promotion-Anteil im letzten Jahr auf über 78 Prozent stieg, haben wir darauf geachtet, unsere Preise stets hochzuhalten und nur selten in die Aktion zu kommen. Preispflege ist eben auch Markenpflege.
Getränke News: Inwieweit hat die Neupositionierung zum Erfolg beigetragen?
Stodden: Wir haben es geschafft, die Marke über die letzten Jahre hinweg zu verjüngen. Unsere Kampagne wurde weiterentwickelt und betont nun mit dem Slogan „Edelherb verbindet“ ein Gemeinschaftsgefühl. Außerdem setzen wir das Bier optisch neu in Szene: Statt einem edlen Pilsglas zeigen wir auf den Werbe-Motiven den bodenständigen Willibecher. Diese Bodenständigkeit und das Gemeinschaftsgefühl kommen in unserer Region gut an.
Getränke News: Die höchsten Absatzzuwächse wurden mit Mönchshof erzielt. Von 2015 bis 2019 legte die Marke 250.000 Hektoliter zu, Ende 2020 wurde erstmals die Ausstoß-Schwelle von einer Million Hektoliter überschritten. 2022 waren es dann 1,25 Millionen Hektoliter. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Stodden: Noch Ende der 1990er Jahre war Mönchshof hauptsächlich eine Pilsmarke. Mit der Umstellung auf die Bügelflasche wurde auch das Sortiment in Richtung Bierspezialitäten erweitert. Ein Schritt, der zwar einen langen Atem erforderte, der sich aber bis heute gelohnt hat.
Außerdem wurde die Verfügbarkeit von Mönchshof kontinuierlich ausgebaut: Wir haben über die Jahre hinweg zwiebelringartig die Distribution von Mönchshof aus der Heimatregion heraus aufgebaut. Heute haben wir rund 97.000 Distributionspunkte und 18.000 Kunden.
Getränke News: Wieso konnte Mönchshof während der Pandemie nochmals so stark zulegen?
Stodden: Die Marke Mönchshof ist schon immer sehr stark im Bereich Heimkonsum und hat einen relativ geringen Gastronomieanteil. Deshalb war die Marke von den Gastronomie-Schließungen weniger betroffen. Gleichzeitig erzielten wir enormes Wachstum im Handel und in den Getränkeabholmärkten. Die Leute suchten für zuhause Abwechslung und die boten wir mit unserem Mönchshof-Spezialitätensortiment. Offenbar haben wir während der Pandemie viele neue Verwender begeistert, denn wir konnten die dazugewonnenen Mengen halten, und das trotz einer Preiserhöhung und der wieder offenen Gastronomie. Zwischen 2019 und 2022 erzielten wir mit Mönchshof ein Plus von ca. 300.000 Hektolitern.
Getränke News: Welche Sorten waren die Wachstumstreiber?
Stodden: Wachstumstreiber waren Hell, Natur-Radler – mit und ohne Alkohol, Kellerbier und Naturtrüb’s Alkoholfrei. Wobei allein die Sorte Hell zwischen 2019 und 2022 um 120.000 Hektoliter wuchs. Dabei spielte uns nicht nur der Hellbier-Trend in die Karten, auch der Ausstattungs-Relaunch von 2020 trug zum Erfolg bei.
Hinzu kommen unsere Absatzmittler, die inzwischen ein hohes Vertrauen in uns und unsere Produkte haben. Wenn wir eine neue Sorte bringen, glauben unsere Kunden an den Erfolg, das sehen wir an der Listungsbereitschaft.
Getränke News: Welche Rolle spielt der Bügelverschluss?
Stodden: Die Bügelverschlussflasche ist ein rustikales Gebinde, das dem gewachsenen Verbraucherbedürfnis nach authentischem Biergenuss entspricht und den handwerklichen Charakter der Marke Mönchshof unterstreicht. Der Erfolg der Marke Mönchshof beruht jedoch nicht nur auf dem Bügelverschluss, sondern nicht zuletzt auf der Tatsache, dass Markenwelt und Sortiment von Mönchshof ideal und glaubwürdig zu diesem Gebinde passen.
Getränke News: Mönchshof ist inzwischen Marktführer im Bügelbiermarkt mit einem nationalen Marktanteil von 30 Prozent. Inwieweit mussten durch das Wachstum die Kapazitäten erweitert werden?
Stodden: 2017 haben wir eine neue Bügelabfüllanlage in Betrieb genommen, die aufgrund der stark gewachsenen Nachfrage nach unseren Bierspezialitäten bereits 2019 wieder zu klein geworden war. Seitdem haben wir intensiv in die Standorterweiterung investiert. So kamen zahlreiche Komponenten sukzessive hinzu, wie neue Gärtanks, ein leistungsstärkerer Tunnel-Pasteur, eine größere Entalkoholisierungs-Anlage, die Erweiterung unseres Sudhauses und schließlich auch eine neue Produktionshalle, in der wir eine weitere Bügelabfüllanlage installiert haben. Hinzu kommen Kapazitäts-Erweiterungen der Logistikprozesse und neue Photovoltaik-Anlagen. Insgesamt haben wir in den letzten zehn Jahren 100 Millionen Euro am Standort Kulmbach investiert, der Großteil davon ist dem Wachstum von Mönchshof geschuldet.
Getränke News: Die Weichen für die Zukunft sind also gestellt?
Stodden: Wir sind für die Zukunft gerüstet und haben genügend Kapazitäten für weiteres Wachstum. Unsere Braugruppe ist krisenerfahren, wir hatten bereits vor Corona einige Krisen hinter uns und daraus gelernt. Das hat uns dabei geholfen, relativ unbeschadet durch die Pandemie zu kommen und in diesen schwierigen Zeiten ein starkes Ergebnis zu erwirtschaften. In den nächsten Jahren wollen wir unser solides Wachstum fortsetzen. Dabei ist unsere grundsolide Finanzstruktur die Basis, um unser Schiff auch durch kommende unruhige Gewässer fahren zu können.