Die Messe Karlsruhe hat unter dem Namen „Eurovino“ eine neue Fachmesse für die Weinbranche gegründet (wir berichteten). Anfang März präsentiert der Veranstalter das Konzept im Rahmen eines Pre-Events mit ausgewählten Ausstellern. Ein Jahr später soll in größerem Format die Messepremiere folgen. Getränke News sprach mit dem Projektleiter der Messe, David Köhler, und dem Vorsitzenden des Messebeirats, Dr. Hermann Pilz.
Getränke News: Mit der ProWein hat die Branche eine lange etablierte und angesehene Fachmesse. Wie kam es zu der Idee, eine Konkurrenzveranstaltung aufzumachen? Warum sehen Sie Bedarf für eine weitere Fachmesse?
Köhler: Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz, sondern eher als Ergänzung des ProWein-Angebots. Die ProWein hat sich als internationale Messe mit starkem Überseegeschäft etabliert. Die Eurovino hingegen offeriert ein internationales Angebot für die europäischen Absatzmärkte.
Pilz: Das Messegeschäft ist ja offen und entwickelt sich weiter. Wir hören durchaus aus der Branche, dass ein Bedarf an alternativen Konzepten besteht. Es gibt bereits viele Weinmessen und auch Gastronomiemessen, bei denen Wein eine Rolle spielt. Wichtig ist nur, dass das Angebot der Messe das widerspiegelt, was die Branche braucht.
Getränke News: Was ist das Besondere an Ihrem Konzept, was machen Sie anders als andere?
Pilz: Die Eurovino ist als reine Fachmesse konzipiert und soll ausschließlich Fachbesuchern vorbehalten sein, also Einkäufern aus dem Lebensmitteleinzelhandel, dem Fachgroßhandel, dem Weinfachhandel, allen Wiederverkäufern im weitesten Sinn und der Gastronomie. Bei uns richtet sich alles danach, dass sich die Branche wiederfindet.
Das beginnt schon damit, dass wir unsere Aussteller kuratieren. Das heißt, wir schauen uns die Unternehmen auf ihre Marktbedeutung hin an. Reine Direktvermarkter braucht es nicht auf einer Messe, die auf Fachpublikum und Wiederverkäufer zugeschnitten ist.
Getränke News: Sie beanspruchen für sich, mit der Eurovino eine besonders zukunftsorientierte Messe an den Start zu bringen. Worum geht es Ihnen dabei?
Köhler: Leider sind Messen bisher nicht gerade dafür bekannt, besonders nachhaltig zu sein. So werden zum Beispiel Messestände oft gar nicht mehr eingelagert, sondern nach der Veranstaltung entsorgt. Wir versuchen, mit den Aufbauten, die wir unseren Kunden anbieten, Alternativen aufzuzeigen, haben zum Beispiel extra ein Standkonzept aus Altholz entwickeln lassen; die Materialien sind komplett wiederverwertbar, so entsteht kein Müll. Hochglanzpräsentationen sind nicht unser Ding.
Getränke News: Und wer doch einen Hochglanzstand hat, darf nicht teilnehmen?
Köhler: So weit geht es nicht. Wir setzen mehr auf ein Miteinander statt auf Vorschriften. Außerdem ist der Wille zu nachhaltigem Wirtschaften in der Branche inzwischen sowieso groß, das müssen wir gar nichts vorgeben. Ein Aussteller, der beim Pre-Event dabei sein wird, hat sogar ausdrücklich um einen nachhaltigen Stand gebeten. Wenn wir da kein Angebot gehabt hätten, hätte er sicherlich länger über seine Teilnahme nachgedacht.
Pilz: Unsere Branche marschiert da ordentlich voran, viele beschäftigen sich intensiv mit umweltschonender Verpackung und umweltschonendem Transport. Darauf stimmen wir auch das Rahmenprogramm unseres Pre-Events ab. Die Weinerzeuger stehen vor großen Herausforderungen: Es geht darum, langfristig regionaler und klimafreundlicher zu werden, es gilt immer mehr Umweltstandards zu berücksichtigen. Das müssen auch unsere Themen sein.
Getränke News: Besteht bei dem Pre-Event auch schon die Gelegenheit zur Geschäftstätigkeit oder handelt es sich um eine reine Demonstration der Möglichkeiten?
Köhler: Natürlich können auch schon beim Pre-Event Geschäfte gemacht werden. Es gab allerdings noch keine Ausschreibung, sondern wir haben die ersten Aussteller aktiv angesprochen, mit denen wir exemplarisch zeigen können, was wir im März 2024 vorhaben. Es ist wie ein Blick durch ein Schlüsselloch auf die dann kommende Eurovino.
Pilz: Es wird drei Bereiche geben – die Ausstellung selbst, einen Bereich für Weinverkostungen und ein Vortragsprogramm. Im Mittelpunkt der Verkostungen stehen die Sieger unseres neuen Wettbewerbs „Fair Wine Award“ mit Zukunftsthemen wie Bio, Nachhaltigkeit oder Neuzüchtungen, die besser an den Klimawandel angepasst sind. In den Vorträgen werden diese Themen theoretisch untermauert.
Köhler: Es gibt darüber hinaus noch ein weiteres zukunftsgerichtetes Projekt: Wir bauen gerade eine interaktive Weindatenbank auf, wo sich Branchenfachleute ganzjährig online informieren und dann die Erzeuger bei der Eurovino vor Ort kennenlernen können. Beim Pre-Event wird es eine vorzeigbare erste Version geben. Somit bieten wir auch Weinerzeugern, die nicht auf der Eurovino ausstellen, die Möglichkeit, mit ihren Weinen vor Ort vertreten zu sein.
Getränke News: Wie ist bisher die Resonanz aus der Branche?
Köhler: Wir haben jetzt schon Anmeldungen für 2024, und das bereits vor dem Pre-Event, das ist bei Neuprojekten im Messebereich nicht immer so üblich. Auch die Anmeldungen für das Pre-Event laufen gut. Die Resonanz ist hervorragend.
Pilz: Ich werde häufig bei Veranstaltungen auf die Eurovino angesprochen. Das Feedback fällt sehr positiv aus. Die Leute merken, dass es eine Messe aus der Branche für die Branche werden soll. Unser Messebeirat setzt sich aus Produzenten, Händlern und Vertretern von Erzeugerorganisationen zusammen. Die bringen die Ideen und Anforderungen der Branche ein. Das zahlt sich offensichtlich aus.