Der Anteil von Mehrwegflaschen geht weiter deutlich zurück. Aktuell liegt er gerade noch bei 41 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Veröffentlichung des Umweltbundesamts zur Gebinde-Entwicklung. Laut der Behörde kommen die jüngsten Verluste jedoch nicht wie in der Vergangenheit durch die Verdrängung durch Einweg-Plastikflaschen. Hier sei mittlerweile eine Marktsättigung erreicht, die Anteile der Einwegflaschen stiegen weniger stark, heißt es. Dagegen legen Dosen weiter zu. Beim Bier sorgte der Mehrabsatz von Dosen dafür, dass der Mehrweganteil in 2018 von über 80 auf 79,5 Prozent sank. Zwar stieg hingegen bei Mineralwasser der Mehrweganteil im selben Jahr um 0,7 Prozentpunkte auf 38,8 Prozent. Damit liegt er jedoch weit unter dem gesetzlich angestrebten Ziel von 70 Prozent.
Entwicklung der Anteile von Getränkeverpackungen 2014 bis 2018.

Der Bericht des Umweltbundesamts zeigt, dass immer mehr Getränkeabfüller eigene Individual-Flaschen verwenden, anstatt auf einheitliche Flaschen aus einem deutschlandweiten Pool zurückzugreifen. Im Bierbereich waren es 2012 noch 15 Prozent individualisierte Mehrwegflaschen. Bis 2017 stieg ihr Anteil jedoch um 27 Prozentpunkte auf 42 Prozent. Der Anteil der Individualflaschen bei den bepfandeten Getränken insgesamt liegt mit 43 Prozent in derselben Größenordnung.
Mehrweg-Allianz fordert Lenkungsabgabe
Die negative Entwicklung hat jetzt auch die Mehrweg-Allianz auf den Plan gerufen. Die Initiative, bestehend aus Umwelt- und Verbraucherverbänden, mehrwegorientierten Abfüllern sowie dem Getränkefachgroßhandel, verlangt von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, das deutsche Mehrwegsystem zu schützen und durch gesetzliche Maßnahmen den Mehrweganteil bei Getränken wieder zu steigern. In einem offenen Brief fordert sie eine Lenkungsabgabe von 20 Cent auf klimaschädliche Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons ab dem 1. Januar 2022. Die Abgabe sei zusätzlich zum Einwegpfand zu erheben, heißt es. Das Einwegpfand müsse außerdem auf Frucht- und Gemüsesäfte sowie Getränke in Kartonverpackungen ausgeweitet werden.
Solche Maßnahmen seien durch eine Entschließung des Bundestages für den Fall vorgesehen worden, dass das Mehrwegziel von 70 Prozent deutlich unterschritten wird. Die Politik müsse also jetzt handeln, um dieses von ihr selbst gesetzte Ziel zu erreichen, unterstreicht die Mehrweg-Allianz.
Hauptverantwortlich für das Absinken der Mehrwegquote machen die Verbände einwegorientierte Getränkeabfüller sowie die Großformen des Handels – allen voran Discounter wie Aldi und Lidl: Mit der zunehmenden Listung von Getränkedosen sowie Mineralwasser in Einweg-Plastikflaschen zu Dumpingpreisen finde ein Frontalangriff auf das Mehrwegsystem statt. Die testweise Einführung von Mehrwegflaschen in einigen Aldi-Märkten wird in dem offenen Brief als reine PR-Aktion bezeichnet.
Umweltbundesamt prüft Maßnahmen
Das Umweltbundesamt prüft nach eigenen Angaben in einem gerade beginnenden Forschungsprojekt Maßnahmen zum Schutz des Mehrwegsystems. Untersucht werde, ob beispielsweise verbindliche Vertriebsquoten, eine Verpackungssteuer bzw. -abgabe sowie andere rechtliche oder ökonomische Maßnahmen geeignet und effektiv seien, den Mehrweganteil zu erhöhen.
Die Mehrweg-Allianz zeigt sich zuversichtlich, dass im Falle einer deutlichen Unterschreitung die Bundesregierung einen Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Frühjahr 2017 konsequent umsetzen wird. Das hätte ab 2022 weitere Maßnahmen zur Erreichung der Mehrwegquote zur Folge.