Die Bierbranche steht unter Druck. Seit Jahren sinkende Absätze gilt es mit neuen Konzepten zu kompensieren. Insbesondere die Sorte Weißbier hat im Spezialitätensegment starke Konkurrenz bekommen und verliert dadurch Marktanteile. Getränke News sprach mit Jeff Maisel, Inhaber der Weißbierbrauerei Gebr. Maisel, über seine Strategien und die Zukunft der Branche.
Getränke News: Die Weißbier-Absätze gehen hierzulande zurück. Ist die Sorte aus der Zeit gefallen?
Maisel: Eines vorneweg, ich glaube keinesfalls, dass Weißbier aus der Zeit gefallen ist oder dass Weißbier ein Geschmacksproblem hat. Über viele Jahrzehnte war die Sorte die Bierspezialität überhaupt und stand seit jeher für bayerisches Lebensgefühl. Damit wurde Weißbier nach Pils zur Nummer 2 im Biermarkt. Dass Weißbier in Deutschland leicht rückläufig ist, liegt daran, dass inzwischen jede Menge andere Bierspezialitäten auf dem Markt sind. Kellerbiere, Landbiere und Helles, das auch hervorragend das bayerische Lebensgefühl transportiert, sind heute starke Konkurrenten des Weißbiers. Die Sorte wird jedoch bei den Bierspezialitäten die klare Nummer 1 bleiben. Und im Exportgeschäft sehe ich noch jede Menge Potenzial.
Getränke News: Wie läuft’s für Maisels Weisse?
Maisel: Wir konnten in diesem Jahr gegen den Markttrend weiterwachsen und viele neue Freunde gewinnen – und das trotz eines durchwachsenen Sommers. Auch mit unserer Maisel’s Weisse Alkoholfrei konnten wir neue Märkte erschließen.
Getränke News: Was machen Sie anders als andere?
Maisel: Es liegt zum einen am Geschmack und der leuchtenden Bernsteinfarbe. Zum anderen am Design unseres Weißbieres. Unser Auftritt ist nicht zu traditionell, sondern eher frisch bayerisch. Außerdem verdanken wir unseren Erfolg unseren Partnern aus dem Getränkefachgroßhandel, dem Getränkefachhandel und dem Lebensmittelhandel. Sie haben unsere Distribution mit guten Aktionen sehr gut vorangebracht.
Getränke News: Sie haben 2018 und 2019 bei bedeutenden Bierwettbewerben Gold abgeräumt. Welchen Stellenwert haben solche Auszeichnungen für Sie?
Maisel: Wir haben vergangenes Jahr mit Maisel‘s Weisse Original den Weltmeistertitel als weltbestes Hefeweissbier beim World Beer Award gewonnen und in diesem Jahr außerdem Gold beim International Craft Beer Award. Unsere Maisel’s Weisse Alkoholfrei wurde beim World Beer Award unglaubliche zwei Mal in Folge als weltbestes alkoholfreies Weißbier ausgezeichnet, außerdem mit Platin beim International Craft Beer Award. Darauf sind wir enorm stolz. Das zeigt uns, dass wir mit unseren Bieren qualitativ ganz oben stehen und unsere Brauer einen super Job gemacht haben. Beide Awards gehören ja zu den bedeutendsten der Branche.
Getränke News: Werben Sie mit den Medaillen?
Maisel: Wir wollen die Medaillen am PoS auf den Meto-Schildern zeigen und nutzen sie als zusätzliches Verkaufsargument bei unseren Partnern aus Handel und Gastronomie. Auf unsere Etiketten drucken wir die Medaillen nicht. Wir wollen damit nicht prahlen.
Getränke News: Seit 2018 gibt es bei Ihnen eine Zugabe-Aktion mit Bier. Was steckt dahinter?
Maisel: Bei Weißbier gibt es sowohl die traditionellen Sorten als auch moderne Interpretationen. Letzten Winter legten wir zu jedem Kasten Maisels Weisse eine 0,75-Liter-Flasche Weizenbock „Bajuwarus“ dazu. Im Sommer gab es einen Weizenbock, der mit Hopfen gestopft wurde, der „Solarus“. Auch diesen Herbst wird die Aktion weitergehen. Wir wollen damit unseren Kunden zeigen, dass die Bierspezialität Weißbier noch viel mehr kann als das, was sie bereits kennen. Außerdem finde ich Bier als Kasten-Zugabe viel schöner als andere Dinge.
Getränke News: Sollen die Leute dadurch auch auf Ihre Craftbiere aufmerksam werden?
Maisel: Wir wollen zeigen, was mit Weißbier bzw. mit Bier, gebraut nach dem Reinheitsgebot, alles möglich ist. Die Leute haben inzwischen bemerkt, dass es außer Pils und Weißbier noch andere Sorten gibt. Sie sind probierfreudiger geworden. Bier kommt auch bei den jungen Erwachsenen wieder gut an. Hierzu hat Craftbier seinen Teil beigetragen. Tatsache ist: Die Craftbier-Szene hat auch in Deutschland neue Impulse gesetzt und hat nach wie vor einen enorm positiven Effekt auf die gesamte Bierlandschaft. Und wenn unsere Kunden durch die Kasten-Zugabe angeregt werden, auch unsere Maisel & Friends-Biere zu kaufen, freuen wir uns.
Getränke News: Einige bayerische Brauer fordern gerade ein höheres Kastenpfand. Wären Sie dabei?
Maisel: Es ist ein spannendes Thema. Doch die Vorgehensweise der beteiligten Brauer halte ich für kontraproduktiv. Bevor man mit so einem Thema an die Öffentlichkeit geht, sollten sich alle Beteiligten erst einmal zusammensetzen und gemeinsam eine funktionierende Lösung erarbeiten. Dies ist leider nicht geschehen.
Wenn sich alle einig wären und es eine praktikable Lösung gäbe, wären auch wir dafür, die Pfandsätze zu erhöhen. Fest steht: Die Mehrwegflaschen sind über die Jahre für uns Brauer im Einkauf teurer geworden und erzielen nicht mehr die Umlaufzahlen von früher.
Getränke News: Wo sehen Sie den deutschen Biermarkt in zehn Jahren?
Maisel: Was den Gesamtbierabsatz angeht, sehe ich leider keinen Silberstreif am Horizont. Hier rechne ich, bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel, mit jährlichen Rückgängen von einem bis zwei Prozent. Chancen bestehen jedoch in einer höheren Wertschöpfung durch Bierspezialitäten. Dazu müssen aber die Leute für neue Biersorten sensibilisiert werden. Ich bin davon überzeugt, dass das gelingen wird. Es wird dadurch Veränderungen im Sortenmix geben hin zu Spezialitäten. Pils und Weißbier werden tendenziell eher verlieren, die Sorte Helles wird weiter wachsen, Craftbiere bleiben eine spannende Nische.
Unser Gesprächspartner
Jeff Maisel ist Inhaber der 1887 gegründeten Brauerei Gebr. Maisel und führt das Familienunternehmen in vierter Generation. Insgesamt bietet Maisel über 20 verschiedene Biersorten an. National und international bekannt ist die Brauerei durch ihre bayerischen Weißbierspezialitäten.
Jeff Maisel ist Mitbegründer der Craftbierszene in Deutschland und mit Maisel & Friends schon seit 2012 als einer der Vorreiter im Segment der Edel- und Craftbiere vertreten.