Die Brauereien aus Bayern melden eines der schlechtesten Jahre ihrer jüngeren Geschichte: 2023 wurden insgesamt 570.000 Hektoliter bayerisches Bier weniger im Inland verkauft als im Vorjahr. „Das letzte Jahr hat wehgetan!“, sagt Georg Schneider, Präsident des bayerischen Brauerbundes, im Rahmen einer Pressekonferenz, auf der der Verband die Absatzzahlen vorstellte. Der kalte und verregnete Hochsommer sowie die Inflation, die den Menschen die Kauflaune genommen habe, seien zwei Gründe für den Absatzrückgang.
Als „Lichtblick am Bierhimmel“ bezeichnete Schneider das Wachstumssegment alkoholfreies Bier, von dem im zurückliegenden Jahr in Bayern gut 42.000 Hektoliter mehr produziert wurde. „Der Zuwachs kann die Absatzrückgänge bei alkoholhaltigem Bier zumindest etwas abfedern“, sagt Schneider.
Die Absatzentwicklung 2023 sei mehr als ein kleiner Durchhänger, von dem die Branche sich schon wieder erhole. „Die Umwälzungen, die das heimische Braugewerbe erlebt und die sich in den Absatzzahlen der letzten Jahrzehnte niederschlagen, gehen über eine bloß vorübergehende ,Durststrecke‘ hinaus“, so Schneider. Laut Verband hat der deutsche Biermarkt seit 1993 gut 40 Prozent Inlandsabsatzvolumen verloren, das sind 35,8 Millionen Hektoliter. Davon entfallen auf die bayerische Brauwirtschaft 7,35 Millionen Hektoliter. Die Entwicklung der letzten Jahre biete wenig Anlass zu Optimismus, dass die Brauwirtschaft den Turnaround schaffe und der Absatz irgendwann wieder nachhaltig gesteigert werden könne, so Schneider.
Wettbewerb hat sich verschärft
Das erschwere auch die Durchsetzung dringend erforderlicher Preisanpassungen. „So konnten die extrem gestiegenen Produktions-, Material- und Logistikkosten nur ansatzweise durch Bierpreiserhöhungen aufgefangen werden“, erklärt der Brauerpräsident. Viele Unternehmen stünden deshalb zwischen Absatzrückgang und extremen Kostensteigerungen mit dem Rücken zur Wand.
„Die prekäre Absatzsituation hat den Wettbewerb in der Brauwirtschaft nochmals verschärft. Es gibt erhebliche Überkapazitäten, die den Markt belasten.“ Bereits angekündigte Preiserhöhungen namhafter Brauereien seien aus Angst vor Absatzeinbußen zurückgenommen worden. Einzelne Markteilnehmer würden aus der schwierigen Marktlage den Schluss ziehen, man müsse die Preise sogar senken, um Volumina zu retten. „Völlig unerklärlich ist, wie namhafte Brauereien sogar den Ausbau von Kapazitäten ankündigen können, nur um den Markt für Billigbier zu bedienen“, sagt Schneider.
Brauereisterben hat längst begonnen
Auch die vier Oligopolisten des deutschen Lebensmittelhandels würden bei dieser Entwicklung munter mitmischen. „Sie ringen ihren Lieferanten aufgrund der zwischenzeitlich erreichten Marktmacht immer neue preisliche Zugeständnisse ab oder fluten den Markt mit ihren billigen Handelsmarken.“ Als Kollateralschaden drohe die Wertanmutung des Bieres auf der Strecke zu bleiben. „Und der Fortbestand gerade mittelständischer Brauereien, die diesem Konditionendruck nicht standhalten können, ist latent gefährdet“, so Schneider. Das Brauereisterben habe schon vor längerer Zeit begonnen. „Die Politik leistet Sterbehilfe, weil sie der Konzentration des Lebensmittelhandels tatenlos zuschaut.“
Der Brauerpräsident kritisiert zudem, dass die geänderten politischen Rahmenbedingungen der Branche zusätzlich die Luft zum Atmen nehmen und nennt als Beispiel die Erhöhung und Ausweitung der Lkw-Maut: „Dieselben Politiker, die von den Brauern ein Bekenntnis zum Mehrweggebinde erwarten, verteuern durch die Mautanhebung den Transport des Bieres in der schweren Mehrweg-Glasflasche deutlich, zumal das Leergut auch wieder zur Brauerei zurückgefahren werden muss.“ Wer also sein Bier in der leichten Einwegdose in den Markt bringe, die nicht leer wieder zurück zum Hersteller muss, habe politisch gewollt einen Wettbewerbsvorteil.
Auch die politische Kehrtwende bei der zugesagten dauerhaften Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie habe dramatische Folgen für den brauwirtschaftlichen Mittelstand: „Wer nicht mehr oder seltener ins Wirtshaus geht, weil ihm das Essen dort zu teuer geworden ist, der trinkt dort auch kein Bier mehr,“ sagt Schneider.