Krombacher ist hierzulande die Biermarke mit der größten Line-Extension. Aktuell wird das Sortiment um zwei Radler-Neuheiten erweitert. Wie gelingt es, das seit Jahren immer größer werdendes Sortiment unter der Dachmarke zu managen? Darüber sprach Getränke News mit Hendrik Kuhn, Vertriebsdirektor Handel, und Andreas Scholten, Leiter Marketing Bier.
Getränke News: Krombacher hat gerade das Portfolio um zwei weitere Radler-Varianten erweitert. Radler Naturtrüb wird zwar vom Markt genommen, dennoch gibt es nun mit Radler und Radler Alkoholfrei, Natur-Radler und Radler zuckerfrei insgesamt vier Sorten unter der Marke Krombacher. Rechnet man Limobier dazu, sind es sogar fünf. Wäre hier weniger nicht mehr?
Kuhn: Mit unseren unterschiedlichen Produktkonzepten sprechen wir unterschiedliche Zielgruppen an. Ankerprodukt ist dabei unser klassisches Radler mit den Ablegern alkoholfrei und neu auch zuckerfrei. Das Thema „zuckerfrei“ spielt bei Cola und Limonaden seit Jahren eine immer größere Rolle. Diesen Trend hin zu einer bewussteren Ernährung greifen wir bei der neuen zuckerfreien Variante auf. Wir wollen damit einen neuen Markt kreieren und gestalten.
Scholten: Wir sind mit unserem klassischen Radler sehr gut im Radler-Markt positioniert und bieten mit den anderen Sorten geschmackliche Alternativen. Bei unserem Radler und Radler Alkoholfrei ist das Mischungsverhältnis von Zitronenlimonade und Bier 50:50. Beim Natur-Radler mischen wir naturtrübe Zitronenlimonade und Bier im Verhältnis 60:40, das Produkt tendiert also geschmacklich eher in Richtung Limonade. Das Limobier hat sogar 70 Prozent Limonade und spricht damit geschmacklich sowie durch eine andere Kommunikation und Flaschenform eher eine jüngere Zielgruppe an.
Getränke News: Warum hat das zuckerfreie Radler nur ein Volumenprozent Alkohol? Warum nicht zucker- und alkoholfrei?
Scholten: Laut einer EU-Verordnung dürfen keine Produkte als zuckerfrei beworben werden, die mehr als 1,2 Volumenprozent Alkohol enthalten. Deshalb sind wir unter dieser Grenze geblieben. Gegen alkoholfrei haben wir uns entschieden, weil Alkohol in diesem Fall ein wichtiger Geschmacksträger ist und das Produkt dadurch besser schmeckt.
Getränke News: Limobier ist seit Mitte 2020 auf dem Markt. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?
Kuhn: Limobier ist für uns ein voller Erfolg. Wir konnten damit viele Konsumenten zwischen 18 und 35 Jahren gewinnen. Der Start musste 2020 pandemiebedingt verschoben werden, wodurch der erste Sommer nicht voll getroffen wurde, wir aber dennoch eine relevante Menge verkaufen konnten. Wir sind inzwischen national im Handel gelistet und nach dem ersten vollständigen Jahr 2021 mit den beiden Sorten Zitrone und Mango-Maracuja sehr zufrieden.
Getränke News: In den letzten Jahren kamen immer mehr Produkte unter der Dachmarke Krombacher hinzu. Wie schwierig ist es, alles in die Regale des Handels zu bekommen?
Kuhn: Die Sortimentsvielfalt hat in den letzten Jahren im Gesamtmarkt bei leicht rückläufigen Volumen deutlich zugenommen. Die Konsumenten sind anspruchsvoller und vielschichtiger geworden, differenzierende Kaufentscheidungen werden häufig bewusst getroffen, um sich vom Mainstream abzusondern. Darauf muss der Handel reagieren, ohne auf Flächenproduktivität zu verzichten. Dazu braucht er starke Marken, die Konsumententrends aufnehmen und erfolgversprechend umsetzen. Deshalb spricht der Handel immer wieder gerne mit uns über Neuheiten.
Scholten: Wir müssen dem Handel Angebote machen, die ihm einen Mehrwert bieten. Und damit meine ich nicht bessere Vermarktungskonditionen. Wir wissen zum Beispiel durch die Marktforschung, dass die Marke Krombacher es schafft, mit jedem neuen Produkt auch viele neue Verwender an die Marke heranführen. So konnten wir beispielsweise mit unseren Fassbrausen viele neue Kunden gewinnen. Das ist ein echter Mehrwert – auch für den Handel.
Getränke News: Der Handel ist aber auch immer auf der Suche nach Sonderplatzierungen mit attraktiven Produkten und Schnelldrehern. Krombacher ist hierzulande die Brauerei mit der größten Line-Extension. Wird inzwischen auch saisonale Aktionsware produziert?
Kuhn: Ja, auch das machen wir, es ist aber nicht unser Kerngeschäft. Es gibt einzelne Sorten oder Segmente, bei denen wir Impulse durch limitierte oder saisonale Produkte setzen. So haben wir beispielsweise Fassbrause Himbeere als Saisonprodukt gebracht oder hatten bei Limobier die Geschmacksrichtung Mango-Maracuja als limitiertes Aktionsprodukt. Diese Sorte war dann allerdings so erfolgreich, dass wir sie dauerhaft ins Portfolio aufgenommen haben.
Getränke News: Wie viele Produkte verträgt die Dachmarke?
Scholten: Es ist eine herausfordernde Aufgabe, die Markenarchitektur sauber und konsequent umzusetzen. Wir reagieren auf Trends und auf den Wettbewerb, können jedoch nicht alles unter der Dachmarke Krombacher auf den Markt bringen. Die Marke ist nicht beliebig dehnbar. Die Konsumenten verbinden Krombacher auch immer mit unseren Werten und Kernkompetenzen. Jedes neue Produkt muss diese unterstreichen und fördern. Unser Ziel ist, dass die treuen Krombacher Pils-Genießer auch dann bei der Marke Krombacher bleiben, wenn sie eine geschmackliche Alternative zum Pils suchen.
Getränke News: Aktuell beginnt die neue Kronkorken-Aktion, die 2012 erstmals an den Start ging. Damals wie heute eine Reaktion auf Wettbewerber…
Scholten: Wir haben in der Vergangenheit viele eigene Konzepte erfolgreich umgesetzt. Denken Sie an die Regenwaldkampagne. Und übrigens: Kronkorken-Gewinnspiele gibt es weltweit schon länger.
Kuhn: Die Verbraucher sind durch die steigenden Energiekosten und Inflation preissensibler als in den Jahren zuvor. Auch wir müssen aufgrund der steigenden Kosten unsere Bierpreise erhöhen. Wir haben uns in diesem Jahr für eine Kronkorken-Aktion als verkaufsfördernde Maßnahme entschieden und belohnen damit unsere treuen Kunden mit Geldgewinnen. Es gibt über 14 Millionen Euro als Sofortgewinne. Statistisch gesehen gewinnt jede 20. Flasche.
Getränke News: Es gibt sogar einen TV-Spot …
Scholten: Ja, wir starten Anfang April mit einer großen Bewegtbildkampagne zum „Krombacher Cash-Korken“ im TV und Internet. Die Spots sind lustig und überraschend. Dabei wird die Kronkorken-Aktion von einer Getränkemarktleiterin, einem Kioskbesitzer und einem Supermarktleiter vorgestellt.
Getränke News: Krombacher ist 2020 beim Starnberger Brauhaus eingestiegen und hat Starnberger Hell ins Portfolio aufgenommen. Krombacher Hell hat offenbar nicht funktioniert. Bleibt es weiterhin im Markt?
Kuhn: Krombacher Hell ist ein tolles Produkt, mit dem wir in NRW durchaus erfolgreich sind. Wir haben eine hohe Zahl an Stammverwendern in unserem Kerngebiet. Deshalb bleibt Krombacher Hell regional im Markt. Um am bundesweiten Hellbier-Wachstum der bayerischen Brauereien partizipieren zu können, fehlt uns bei Krombacher Hell aber der bayerische Absender, der von vielen Verwendern als sortenspezifisch vorausgesetzt wird.
Scholten: Deshalb sind wir dem Starnberger Brauhaus eine Vertriebskooperation eingegangen und werden nun langsam die Premiummarke Starnberger Hell in den Markt einführen. Starnberg gehört zu den bekanntesten Orten in Bayern. Der Absender Starnberg steht für hohe Lebensqualität und das Helle ist hervorragend. Damit lässt sich sehr gut eine Premiummarke aufbauen, die sich zu wertschöpfenden Preisen langfristig am Markt etablieren kann. Der Markenaufbau erfolgt zunächst über die Gastronomie, wir haben aber auch mit dem Handel über Starnberger Hell gesprochen.
Getränke News: Wie hat der Handel reagiert?
Kuhn: Der Handel hat verstanden, was wir mit der Marke wollen und hat sie gut angenommen. Wir sind nun zunächst in Bayern, Baden-Württemberg und NRW gestartet. Wir haben aktuell noch zu wenig Kapazitäten im Starnberger Brauhaus und wollen deshalb langsam und werthaltig wachsen. Eine neue Brauerei ist aber bereits in Planung.
Scholten: Wir müssen erst die Mengen brauen können, die durch unseren starken Außendienst verkauft werden könnten. Deshalb haben wir aktuell auch keine großen Kommunikationsmaßnahmen für Starnberger Hell. Aber natürlich weisen wir vor allem auch in der Gastronomie und im Internet auf die Marke hin.
Getränke News: Der Biermarkt in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Auch das stetige Wachstum der Krombacher Brauerei scheint vorbei. Wie steht es um die Zukunft des deutschen Biermarktes?
Scholten: Wir gehen davon aus, dass die Sortenvielfalt am deutschen Biermarkt weiter zunimmt und die Verbraucherwünsche differenzierter werden. Es wird also mehr Bewegung in den Markt kommen. Wir wollen mit passenden Konzepten bei den erfolgsversprechenden Segmenten und Sorten weiter wachsen. Beim Pils wollen wir weitere Marktanteile gewinnen und mit unseren bestehenden Volumina eine höhere Wertschöpfung erzielen. Auch den Geschäftsbereich der alkoholfreien Getränke wollen wir nachhaltig ausbauen und mit passenden Konzepten auf Trends reagieren und neue Trends setzen.