AB Inbev Deutschland informiert aktuell die Kunden über eine Preiserhöhung für Beck’s-Fassbier. Ab 1. September werden die Preise um 20 Euro je Hektoliter steigen. Damit dürfte ein Glas Beck’s in der Gastronomie zwischen 20 und 50 Cent teurer werden.
Als die neueste Preiserhöhung aus der Bremer Beck‘s-Zentrale an den nationalen Getränkefachgroßhandel (GFGH) durchdrang, war das Kopfschütteln allgegenwärtig, manches Mal machte sich Empörung breit. Die angekündigte Anhebung ausschließlich von Fassbier um 20 Euro pro Hektoliter ist bislang das Maximum, was es in einer Preiserhöhungsrunde an den deutschen GFGH gegeben hat. Zuletzt waren durchschnittlich zehn Euro pro Hektoliter üblich, angepasst an die zumeist gleichzeitig angehobenen Flaschenbierpreise. Letztere ist nicht absehbar.
Missverhältnis der Preispolitik in Gastronomie und Handel
Die Deutschlandführung von AB Inbev könnte nach der ersten Preiserhöhung zum 1. Januar 2022 damit ein zweites Mal richtig zulangen. Vor allem die damit noch weiter auseinanderklaffende Differenz zwischen Flaschenbier- und Fassbierpreis dürfte die vertraglich gebundenen Gastronomen verärgern. Sie müssten letztlich zahlen, koste, was es wolle. Dabei sieht ihre Wirklichkeit im Lebensmitteleinzelhandel gleich um die Ecke ganz anders aus. Gerade in dieser Woche bietet Netto zwei Kästen Beck‘s zum Preis von 20 Euro an und gibt noch einen Sixpack seiner Unfiltered-Spezialität obendrauf. Durchgerechnet liegt der Kastenpreis bei nur noch 9 Euro. Wie kann das sein? Wie lange kann eine solche Preisspreizung zwischen Flaschenbier- und Fassbierpreis gut gehen?
Das wachsende Missverhältnis der Beck’s-Preispolitik in Gastronomie und Handel wird bei einem einfachen Rechenexempel deutlich: Würden die Flaschenbierpreise ebenso erhöht wie die nun angekündigten Fassbierpreise, wäre das ein Kastenaufschlag von sage und schreibe zwei Euro – schlichtweg nicht durchsetzbar. Bei solch einem Preissprung im Handel dürfte die Marke innerhalb weniger Monate zweistellig verlieren. Aus eben diesem Grund hatten die leidenden Marken Warsteiner und König in Angst um verlustreiche Kastenmengen im Frühjahr mit leisem Schritt nur das Fassbier erhöht und das Flaschenbier unberücksichtigt gelassen. Die Marken Krombacher, Veltins, Radeberger und Bitburger hingegen reagierten über beide Vertriebsschienen hinweg geradlinig und erhöhten die Preise für Fass- und Flaschenbier.
Druck auf Deutschlandgeschäft dürfte zunehmen
Die Gründe für den Wagemut des jungen AB Inbev-Deutschland-Chefs der einstigen „Stürmermarke“ Beck‘s hingegen dürften tiefer liegen. Michel Pepa hatte als 30-Jähriger im November 2019 und damit kurz vor Pandemiebeginn das Deutschland-Abenteuer von AB Inbev übernommen. Wenig später erodierte der Kastenreis für Beck’s in der Aktion unter die für diese Marke historische 10-Euro-Schwelle. Nach der erneuten Kostenexplosion dürfte AB Inbevs weltweite Spitzenkraft Michel Doukeris für die zweite Jahreshälfte seine Länderfürsten Pepa & Co. zu erheblicher Kosten- und Ertragsdisziplin aufgefordert haben. Nichts wäre für den börsennotierten Giganten schlimmer, als wenn die Analysten dem Konzern eine krisenbedingte Ertragsschwäche zubilligen müssten. Dabei sind die Kosteneinschläge vor allem im Europageschäft auf Schritt und Tritt fühlbar und kaum aufzufangen. Außer eben mit einer Preiserhöhung dort, wo es am wenigsten Schmerzen verursacht: in der Gastronomie.
Wird Beck’s vom Fass zur Rarität?
Seit der Übernahme von Beck’s durch Interbrew und den weiteren Fusionen, erst zu Inbev und schließlich AB Inbev, ist der einst deutlich zweistellige Fassbieranteil des Marken-Flaggschiffs Beck‘s in die Einstelligkeit abgedriftet. Er lag vor der Pandemie gerade noch um die 4 Prozent – Beck’s vom Fass wird immer mehr zur Thekenrarität. Zum Vergleich: Bitburger lag bei 20 Prozent, Veltins bei 17 Prozent und Warsteiner bei 15 Prozent. Mit langfristigen Verträgen hatte es der weltweit größte Braukonzern, der streng ertragsorientiert und quartalsbezogen arbeitet, ohnehin noch nie. Die Kehrseite der Medaille findet sich demnächst auf den aktualisierten Preislisten des GFGHs wieder. Beck‘s Fassbier wird nach der Preiserhöhung um 20 Euro pro Hektoliter dem imageträchtigen Premium-Wettbewerb von Krombacher, Veltins und Bitburger sichtbar enteilen und bei manchem Gastronomen die Überlegung reifen lassen, ob sein langjähriger Brauereipartner auf Dauer die beste Bierempfehlung für ihn und seine Gäste ist.
Inflationsangst: Konsumzurückhaltung der Verbraucher
Das Signal für die Brauwirtschaft ist eindeutig: Nun also wagt sich innerhalb weniger Monate der erste große Brauer aus der Reserve, um die Kostenexplosion erneut an die Absatzmittler weiterzugeben. Abzuwarten bleibt, ob der Schritt von Michel Pepa im deutschen Biermarkt Nachahmer finden wird oder ein kühner Alleingang bleiben wird.
Weitere Forderungen sind in der Brauwirtschaft allenthalben bei Regionalbrauern zu hören, allerdings fehlt ihnen veritable Marktdurchdringung. Die Kostenlawine, die in den letzten 18 Monaten die Branche in zwei gehörigen Wellen von Pandemie und Ukraine-Krieg überrollt hat, ist gewaltig. Hinzu kommt der Verbraucher, der angesichts der Inflationsängste und der beginnenden Konsumzurückhaltung zum unkalkulierbaren Risiko wird. Mit Augenmaß reagiert Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber, der in einem aktuellen Interview mit dem „Handelsblatt“ davor warnt, die Menschen gerade in der jetzigen Marktphase nicht zu überfordern und die eigenen „Ansprüche zurückzufahren“.