(aktualisiert) Die Koblenzer Brauerei, ehemals Königsbacher Brauerei, hat Insolvenz angemeldet. Darüber wurden gestern die 42 Mitarbeiter informiert. Der Braubetrieb gehe vorläufig weiter, die Gehälter seien bis auf weiteres durch das sogenannte Insolvenzgeld gesichert, heißt es.
Immobiliengeschäft im großen Stil
Der Brauerei machen laut eigenen Angaben seit Jahren die steigenden Kosten und der allgemeine Absatzrückgang beim Bier zu schaffen. Nun sei es nicht mehr möglich, den Geschäftsbetrieb kostendeckend aufrechtzuerhalten, so das Unternehmen. Dies dürfte allerdings nur ein Teil der Wahrheit sein. Der eigentliche Grund für die Insolvenz könnte nämlich ein Immobiliengeschäft im größeren Stil sein. Wie die „Rhein-Zeitung“ berichtet, kaufte der bayerische Investor Christian Seitz 2018 das Brauereigelände, um es weiterzuentwickeln.
Hunderte Miet- und Eigentumswohnungen seien östlich der Bundesstraße 9 geplant, westlich der Bundesstraße, wo die Hauptgebäude der Brauerei stehen, sollen Wohnbereiche im jetzigen Tankhochhaus entstehen. Auch Hotelanlagen und ein Technologiezentrum seien immer im Gespräch gewesen. Die Stadt Koblenz habe dafür einen Bebauungsplan beschlossen, berichtet die „Rhein-Zeitung“. Das Ende der Brauerei sei bereits vor zwei Jahren beschlossene Sache gewesen, so ein Insider gegenüber Getränke News.
Ob die Gründe für die Insolvenz die schwierige Marktlage oder das Immobiliengeschäft oder beides sind, bleibt offen. Die Geschichte von steigenden Kosten und Absatzrückgängen lässt sich der Öffentlichkeit jedenfalls gut verkaufen und klingt als Ursache für das Ende der Brauerei glaubwürdig. Schließlich mussten allein in den letzten vier Jahren genau aus diesem Grund unter anderem die Brauereien Bischoff, Franken Bräu, Memminger, Pfungstädter und Waldstadtbrauerei Iserlohn Insolvenz anmelden. Auch die Binding Brauerei wurde vor kurzem geschlossen (wir berichteten).
Schwierige Zeiten für die Brauwirtschaft
Tatsache ist: Die Brauwirtschaft geht weiter durch schwierige Zeiten. Nach dem coronabedingten Einbruch des Marktes 2020 und 2021 und einer leichten Erholung im vergangenen Jahr ging der Absatz im ersten Halbjahr 2023 um 2,9 Prozent zurück, meldete das Statistische Bundesamt. Damit setzte sich ein langfristiger Abwärts-Trend fort: Der Bierabsatz im zurückliegenden Halbjahr lag um gut 12 Prozent unter dem vor zehn Jahren. Auch im dritten Quartal 2023 gab es keine Erholung: Der Absatz im Juli ging um 3,5 Prozent, der im August um 11,5 Prozent zurück. Im September lag das Minus bei 8,2 Prozent.
Einer der Hauptgründe für den Rückgang ist die Konsumzurückhaltung der Verbraucher. „Wegen der hohen Inflation halten sich immer mehr Menschen mit Ausgaben in Gaststätten zurück, auch im Inlandstourismus hinterlässt die Konsumflaute Spuren“, sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. Eichele stuft 2023 als weiteres „extrem forderndes Jahr“ für die 1.500 überwiegend handwerklichen und mittelständischen Brauereien in Deutschland ein.
Fest steht: Die explodierenden Kosten seit Beginn der Pandemie machen den Brauereien weiter zu schaffen, zumal sie die Kostensteigerungen nur zu einem kleinen Teil über Preiserhöhungen an den Lebensmittelhandel und die Gastronomie weitergeben können. Laut Brauer-Bund wird es noch Jahre dauern, bis die Brauereien mit Blick auf Kostendruck und Konjunktur auf eine Erholung hoffen können.
Die kleineren und mittelgroßen Brauereien leiden besonders stark unter der allgemeinen Marktlage. Für viele dürfte es extrem schwierig werden, das Ausstoßvolumen wieder auf Vorpandemie-Niveau zu steigern. Außerdem müssen die meisten Brauereien in den nächsten Jahren viel Geld in Anlagentechnik und Klimaschutz investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Kosten werden nach Einschätzung von Branchenkennern weitere Unternehmen in die Knie zwingen, weil viele von ihnen schon jetzt große Investitionsstaus haben.
Lange Brauerei-Historie
Die Königsbacher Brauerei blickt auf eine lange Geschichte zurück. Seit 1689 braut das Unternehmen nach eigenen Angaben Bier in Koblenz. Von 1992 bis 2012 gehörte Königsbacher zur saarländischen Karlsberg Brauerei, die das Unternehmen 2012 an Privatinvestoren verkaufte. Mit dem Verkauf wurde der Name in Koblenzer Brauerei geändert. Zuvor hatte die Bitburger Braugruppe die Marken- und Vertriebsrechte für die beiden Traditionsmarken Königsbacher und Nette von Karlsberg übernommen. Seitdem werden beide Marken im Lohnbrauvertrag in Koblenz gebraut. Der Vertrag wurde erst 2021 langfristig verlängert. Damit sind der Vertrieb und die Vermarktung der beiden Marken auch weiterhin im Vertriebsgebiet Koblenz sichergestellt. Wo das Bier allerdings künftig gebraut wird, ist offen.
Der Artikel wurde am 22. November aufgrund neuer Hintergrundinformationen aktualisiert.