„Our drinks on every table” – unter diesem Motto will der weltweit sechs Milliarden Euro schwere Getränkekonzern Refresco seinen Wachstumskurs fortsetzen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die deutsche Niederlassung, die mit einer Produktion von 2,6 Milliarden Litern pro Jahr die größte europäische Business Unit ist (insgesamt stellt das Unternehmen weltweit 14,5 Milliarden Liter her). Getränke News sprach mit Deutschlandchef Guido Kühne über seine Strategien und die ambitionierten Wachstumspläne.
Das Marktumfeld ist schwierig: Im ersten Halbjahr 2024 konnte laut Marktforschung von Circana kaum eine alkoholfreie Kategorie zulegen; Fruchtsaft zeigte sich – vor allem geschwächt durch die gewaltig gestiegenen Konzentratpreise – mit einem Minus von 12,5 Prozent besonders gebeutelt. Auch Mineralwasser war in den ersten sechs Monaten mit -2,2 Prozent zumindest leicht rückläufig. Ein winziges Plus von 0,7 Prozent weisen die kohlensäurehaltigen Softdrinks aus. Einzige Lichtblicke bescherten die aromatisierten Wässer und Energydrinks.
Platz 3 hinter MEG und Coke
Trotz der schlechten Rahmenbedingungen sieht sich Refresco gut aufgestellt; das Unternehmen mit Schwerpunkt bei den Handelsmarken sei in dem rückläufigen Markt „erfolgreich unterwegs“, unterstreicht Guido Kühne, der im Oktober letzten Jahres die Geschäftsführung übernommen hat. Dabei hilft nach seiner Einschätzung allein schon die schiere Größe: Mit einem jährlichen Absatz von 2,6 Milliarden Litern positioniert sich Refresco auf Platz 3 der AfG-Hersteller in Deutschland – hinter der MEG und Coca-Cola European Partners.
Damit einher geht eine weitreichende Abdeckung aller deutschen Regionen – mit neun Standorten von Trappenkamp in Schleswig-Holstein bis Grünsfeld in Franken, von Mönchengladbach-Herrath im äußersten Westen von NRW bis Lehnin bei Potsdam. Ende Oktober kommt noch der von der Berentzen-Gruppe erworbene Standort Grüneberg nördlich von Berlin hinzu, der laut Kühne „einen wichtigen Schritt im weiteren Ausbau des Marken- und Lohnabfüllgeschäfts“ markiert. Ein Vertrag über den Kauf wurde im August geschlossen (wir berichteten).
Als dritten Erfolgsfaktor nennt der Refresco-Chef die Sortimentsvielfalt, die das Unternehmen bietet; zu allen gängigen AfG-Kategorien in ihrer gesamten Breite gesellte sich 2023 noch das Wachstumssegment der pflanzlichen Milchalternativen – damit folge man global einer neuen Strategie. In allen drei Punkten sei Refresco „einzigartig“ und unterscheide sich damit von zum Teil krisengeschüttelten Wettbewerbern.
Weltweit Synergien nutzen
Als Teil eines Konzerns sei Refresco stärker als die mittelständisch geprägten Unternehmen; unter anderem erziele man mit einem weltweit gemeinsamen Einkauf ganz andere Einstandspreise, nennt Kühne ein Beispiel. Zudem stehe man mit dem umfassenden Portfolio von über 1.200 Einzelartikeln besser da als mit Teilsegmenten, glaubt Kühne. Nicht zuletzt böten die Standbeine Lohnabfüllung und Markenartikel in schweren Zeiten zusätzliche Perspektiven, die ausschließlich auf Private Label fokussierte Hersteller eben nicht hätten.
Genau in diesen Geschäftsfeldern sieht der Refresco-Geschäftsführer für die nähere Zukunft die besten Expansionsmöglichkeiten. Bislang stehen sie allerdings jeweils nur für etwa 14 Prozent des Gesamtabsatzes, 72 Prozent entfallen hierzulande auf das Handelsmarkengeschäft – das mehr denn je unter Druck steht, insbesondere beim Mineralwasser.
Nachdem die Schwarz-Gruppe die Produktion von Preiseinstiegs-Wasser für Lidl bereits vor über zwei Jahrzehnten in die Hände des eigenen Unternehmens MEG genommen hat, beliefert inzwischen auch Aldi seine Filialen – über Brunnen der ehemaligen Schäff-Gruppe – selbst. Auch die Edeka übernahm 2023 zwei Brunnenunternehmen, „um die Versorgung ihrer Kaufleute und der Verbraucher mit Produkten in hoher Qualität und zu attraktiven Preisen dauerhaft zu sichern“, wie es hieß.
Für die früheren Abfüller schrumpft mit diesem Trend zum handelseigenen Brunnen das Geschäft immer weiter. Für Refresco ein Grund, sich stärker auf Limonaden und Cola-Getränke zu verlagern. „Das ist zwar viel komplexer, deshalb will es aber auch nicht jeder Anbieter machen“, erklärt Guido Kühne.
Umfangreich ist im Übrigen nicht nur das breite Produktsortiment, vielmehr kommt mit zwei eigenen Preform-Produktionen weitere Komplexität hinzu: Bis auf Dosen, die der Konzern in den nahen Niederlanden füllt, bietet Refresco Deutschland seinen Kunden praktisch alle Verpackungsformen von Glas, über PET bis zum Karton an. Im Aufbau ist zudem die Herstellung eigener Grundstoffe, mit dem man sich von Symrise & Co unabhängiger machen will. Schon jetzt liefert ein US-Refresco-Werk in Columbus/Georgia Grundstoffe per Schiff auch nach Deutschland.
Markengeschäft ist strategisches Wachstumsfeld
Als Glücksfall erwies sich indessen erst auf den zweiten Blick die 2022 getätigte Übernahme der Hansa-Heemann AG, durch die Refresco Deutschland in Rellingen eine weitere Verwaltung erhielt und die Werke in Lehnin, Löhne, Bruchsal, Aumühle und Trappenkamp hinzukamen. Innerhalb des Konzerns sei das Bestehen eines Markenartikelgeschäfts „eine absolute Ausnahme“, unterstreicht Kühne. „Eigentlich waren wir mit unserer Volumenstrategie nur auf der Suche nach Expansionsmöglichkeiten“, berichtet er. „Inzwischen hat es sich aber zu einem zentralen Wachstumsfeld für uns entwickelt, die Marken Hella und Fürst Bismarck sind keineswegs Anhängsel, sondern strategisch bedeutsam.“
Bei Hella forciert Refresco jetzt auch die nationale Ausbreitung. Die Aufstockung des Außendiensts auf 35 Personen und ein massiver Ausbau der Kommunikation soll die Nachfrage über das Kerngebiet hinaus auch in Süddeutschland ankurbeln. Zunehmend stärker vertreten ist die Marke dort bereits bei Kaufland, Rewe und Edeka. Deutschlandweit legte Hella im ersten Halbjahr 2024 laut Circana im LEH (+GAM und DM) über alle Kategorien (Wasser, Wasser mit Zusatz, Limonaden) um 14 Prozent zu, während der Gesamtmarkt lediglich um fünf Prozent wuchs. „Das ist eine echte Erfolgsstory“, freut sich Kühne. Bei den Flavoured Waters wurde indessen die marktführende Rolle noch ausgebaut, hier liegt die Marke mit 14 Prozent Absatzanteil auf Platz 1 vor Volvic und Active O2.
Seit seinem Markteintritt in Deutschland – mit der Übernahme der Krings Fruchtsaft GmbH im Jahr 2000 – hat Refresco hierzulande in großen Schritten expandiert. 2010 kamen mit dem Kauf der Softdrink International kohlensäurehaltige Getränke dazu, 2022 mit Hansa-Heemann auch Markenartikel. Seit 2023 wagt man sich mit Milchalternativen auf ganz neues Terrain. Also Größe und Diversifizierung als Erfolgsrezept? Die Strategie scheint aufzugehen.