Weltweit haben Industriestaaten dem Übergewicht den Kampf angesagt, in einigen Ländern gibt es Strafsteuern für Zucker oder Fett. Deutschland schlägt einen anderen Weg ein: Die Bundesregierung setzt auf Freiwilligkeit und Aufklärung. Die deutsche Lebensmittelwirtschaft hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2025 konkrete Reduktionsziele zu erreichen – vor allem für Kinderprodukte. Im Fokus stehen auch Erfrischungsgetränke, deren Kaloriengehalt deutlich sinken soll.
Auch wenn Softdrinks wie Limonaden oder Schorlen nur in einer vergleichsweise geringen Zahl der bundesweit 1.500 Brauereien zum Sortiment zählen, möchte auch der Deutsche Brauer-Bund (DBB) die Reduktionsstrategie der Bundesregierung unterstützen: „Die Reduktion von Kalorien und Zucker ist ein wichtiges Zukunftsfeld für die gesamte Getränkeindustrie. Nicht nur die Politik hat das Thema auf die Agenda gesetzt – auch für immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ist das ein wichtiges Anliegen“, so DBB-Hauptgeschäftsführer Holger Eichele.
Schrittweise weniger Zucker
Im Rahmen eines Seminars, zu dem der DBB zusammen mit der VLB Berlin einlud, erläuterte Dr. Robert Schaller, leitender Beamter im Bundesernährungsministerium (BMEL), die Zielsetzung der Reduktionsstrategie von Ministerin Julia Klöckner, die auf einer freiwilligen Teilnahme der Unternehmen basiert. Für den Bereich der Getränkeindustrie führt der Weg der Kalorienreduzierung über die Senkung der freien Zuckeranteile. Ziel sei es, in der Zeitspanne von 2015 bis 2025 den Nachweis zu führen, dass der Kaloriengehalt von Erfrischungsgetränken um mindestens 15 Prozent reduziert worden sei. Es werde nicht erwartet, dass jedes einzelne Getränk im Energiegehalt um 15 Prozent abgesenkt werde, es handele sich unterm Strich um ein Gesamtziel für sämtliche Getränke eines Herstellers.
Schaller betonte, eine Zuckerreduktion könne nur „schrittweise“ gelingen. Kein Hersteller müsse von heute auf morgen seine Rezepturen über den Haufen werfen. Es sei aber wichtig, nun einen Einstieg zu finden, um die Verbraucher mittelfristig an weniger süße Lebensmittel zu gewöhnen. Auch Innovationen wie Light-/Zero-Getränke oder kleinere Verpackungsgrößen könnten einen wertvollen Beitrag leisten. Wie erfolgreich die Wirtschaft auf ihrem Weg vorankomme, wollen das BMEL und das staatliche Max-Rubner-Institut in den kommenden Jahren überwachen und die Ergebnisse für einzelne Bereiche wie etwa Limonaden veröffentlichen.
Hohe technische Hürden
Dr. Michael Kempf von der Symrise AG als globaler Anbieter von Grundstoffen und Aromen erläuterte, welche technischen Hürden und Lösungsansätze es bei der Zuckerreduktion von alkoholfreien Getränken gibt. Kempf verdeutlichte die hohe Komplexität, die eine Absenkung des Zuckergehaltes oftmals mit sich bringt.
Die Reduzierung von Zucker in Erfrischungsgetränken könne selbst in geringer Größenordnung mit einem deutlichen Verlust des Geschmacks und des Körpers des Getränkes einhergehen. Die große Herausforderung für Getränkehersteller und Zulieferer sei es, moderne Zuckerersatzstoffe zu finden und einzusetzen, die im Hinblick auf Wirkung, Intensität, Geschmacksfülle und Aromenentfaltung dem Zucker so nahe wie möglich kommen.
Der hohe finanzielle und zeitliche Aufwand, der in die Entwicklung von erfolgreichen Alternativen investiert worden sei, habe sich gelohnt, bilanzierte Kempf: Testergebnisse aus der Praxis zeigten, dass eine Zucker- und Kalorienreduktion, die geschmacklich überzeuge, in dem von der Bundesregierung vorgegebenen 15-Prozent-Bereich durchaus möglich sei. Kempf betonte, jeder Hersteller müsse für sich und sein Portfolio eine individuelle Lösung finden. In bestimmten Fällen seien Produktneueinführungen auf jeden Fall einer Rezepturveränderung vorzuziehen.