Hans-Georg Möckesch prägte über Jahrzehnte die PR in der Getränkebranche. Mit seiner Agentur feiert er aktuell 40-jähriges Jubiläum. Mit innovativen PR-Konzepten verstand es Möckesch, Marken nachhaltig zu positionieren. Im Interview mit Getränke News spricht er über Erfolgsrezepte, den Wandel der PR und die Trends, die die Branche heute bewegen.
Getränke News: Sie haben am 10. Januar 1985 gemeinsam mit Rüdiger Ruoss die PR Partner Societät für Öffentlichkeitsarbeit gegründet. Was war damals Ihre Motivation und welche Vision hatten Sie für die Agentur?
Möckesch: Unsere Idee war es, PR und Kommunikation marketingorientiert zu gestalten. Wir wollten mit den Mitteln der PR die Identität und das Profil einer Marke stärken und weiterentwickeln. Die damaligen PR-Agenturen setzten alle auf Medienarbeit, eigene Publikationen der Unternehmen und Events. Wir hatten einen anderen Ansatz und setzten auf Storytelling, das die Werte und das Image der Marke transportieren sollte.
Getränke News: Ihre Agentur hatte über Jahre hinweg einen stabilen Umsatz von 3,5 bis 4 Millionen Euro. Was war das Erfolgsgeheimnis?
Möckesch: Unser Erfolg beruhte auf einer klaren strategischen Grundlage: Wir wurden für einen Kunden nur tätig, wenn wir zu Beginn der Zusammenarbeit ein Konzept und eine Strategie entwickeln durften. Dadurch unterschieden wir uns von allen anderen PR-Agenturen, die eher projektbezogen arbeiteten. Über die Konzeptentwicklung kamen wir an Quellen für Geschichten über das Unternehmen und die Marken, die wir operativ in der PR einsetzen konnten. Diese Herangehensweise führte zu stabilen und langfristigen Kundenbeziehungen, die auf Vertrauen und klaren Zielen basierten.
Getränke News: Welche Rolle spielt Storytelling heute in der PR – und wie hat sich das über die Jahrzehnte verändert?
Möckesch: Neben der klassischen Nachrichtenvermittlung besteht die wahre Kunst der PR darin, Geschichten zu entwickeln, die Marken und deren Image nachhaltig stärken. Storytelling ist heute weit methodischer und systematischer geworden, doch im Kern bleibt es unverändert: Es geht darum, Menschen mit relevanten, emotionalen und fesselnden Erzählungen zu erreichen.
Allerdings haben sich die Lesegewohnheiten verändert. Die jungen Leute bevorzugen heute eher kurze und prägnante Texte. Daher gilt mehr denn je: In der Kürze liegt die Würze. Der erste Satz muss sitzen, die Botschaft muss auf den Punkt gebracht werden.
Getränke News: Hat klassische PR noch den gleichen Stellenwert wie früher?
Möckesch: Grundsätzlich hat klassische PR weiterhin einen hohen Stellenwert, jedoch teilt sie sich diesen heute mit einer Vielzahl neuer Medien, die Unternehmen selbst steuern und beeinflussen können. Webseiten, Social Media, Videos und Influencer spielen eine immer größere Rolle. Die Anforderungen sind gestiegen: Der erste Satz muss knallen! Hinzu kommt der Einsatz von KI. Sie eröffnet ganz neue Möglichkeiten, insbesondere in der Analyse und Automatisierung von Kommunikationsprozessen.
Getränke News: Sie waren eine der ersten Agenturen, die das Thema Krisen-PR auf dem Schirm hatte …
Möckesch: Damit habe ich mich sehr früh beschäftigt und kam zu dem Ergebnis, dass jede Unternehmenskrise vorhersehbar ist, wenn man professionelles Risikomanagement betreibt. Man kann also jedes Krisenthema analysieren und muss wissen, wie man in der PR damit umgeht, wenn der Ernstfall eintritt. Dabei half mir meine juristische Ausbildung. Ich habe mich bei der Analyse und der Krisen-PR mit der Faktenlage befasst, als wäre ich ein Staatsanwalt.
Getränke News: Gibt es ein Projekt aus der Getränkebranche, auf das Sie besonders stolz sind?
Möckesch: Eine besonders bemerkenswerte Kampagne, die wir begleitet haben, war die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Histamin in Nahrungsmitteln. Im Auftrag von Underberg arbeiteten wir eng mit Wissenschaftlern zusammen, um ein neues Krankheitsbild bekannt zu machen. Unsere Recherchen und Kommunikation trugen dazu bei, dass Histamin in Nahrungsmitteln als ebenso problematisch erkannt wurde wie das körpereigene Histamin.
Durch gezielte PR-Maßnahmen und die Zusammenarbeit mit führenden Experten konnten wir das Thema in der Fachwelt und in der Öffentlichkeit verankern. Heute ist die Histamin-Intoleranz oder Histaminose als Krankheitsbild anerkannt und betrifft in Deutschland rund zwei Millionen Menschen. Dass wir als PR-Agentur einen entscheidenden Beitrag zu dieser Erkenntnis leisten konnten, macht mich besonders stolz.
Getränke News: Warum wollte Underberg überhaupt das Histamin-Thema in die Öffentlichkeit bringen?
Möckesch: Zu Underberg gehörte damals die Firma Schlumberger. Sie hatte den ersten histaminfreien Sekt entwickelt, den wir kommunikativ unterstützten.
Getränke News: Ein weiterer PR-Coup waren von 1985 bis 2001 die Verlagsbeilagen der FAZ, die Ihre Agentur verantwortete. Wie kam es dazu?
Möckesch: Tatsächlich waren wir diejenigen, die das Konzept der Verlagsbeilagen für die FAZ entwickelt haben. Am 14. Januar 1985, dem ersten Tag unserer neu gegründeten Agentur, präsentierten wir unseren Vorschlag in der Redaktion der FAZ, die sofort zustimmte. Noch am selben Nachmittag konnten wir mit Sahm einen weiteren bedeutenden Kunden gewinnen – eine perfekte Auftaktbilanz für unsere Firma.
Die Verlagsbeilagen erwiesen sich in den Folgejahren als äußerst wertvoll für die Akquise neuer Kunden. Unsere besondere Position: Wir kannten beide Seiten des Schreibtisches – sowohl die redaktionelle als auch die PR-Perspektive. Das war ein entscheidender Vorteil, den nur wenige PR-Agenturen hatten.
Getränke News: Wann erschien die erste Beilage?
Möckesch: Die erste Beilage in der FAZ erschien 1985 zur Messe Drinktec Interbrau mit einem Umfang von 20 Seiten. Wir hatten dabei die volle redaktionelle Verantwortung – von der Themenplanung über die Inhalte bis hin zur Umsetzung.
Unsere Arbeit fand schnell Anerkennung. Zur Cebit produzierten wir eine 32-seitige Beilage, ebenso zur Anuga. Insgesamt kamen wir in diesen 16 Jahren auf über 100 Verlagsbeilagen. Der Erfolg blieb nicht unbemerkt: 1986 wurde die Bild-Zeitung auf uns aufmerksam und beauftragte uns mit der Erstellung von Beilagen zum Thema Bier – auch diese waren äußerst erfolgreich.
Allerdings gab es auch Widerstände: Die Süddeutsche Zeitung ging vor Gericht, und es durften anschließend Beilagen, die nicht vom Verlag selbst erstellt wurden, nicht mehr als „Verlagsbeilagen“ bezeichnet werden.
Getränke News: Eines Ihrer innovativen Kundenprojekte waren die „Sahmstage“, eine Veranstaltung für den Glasveredler Sahm. Was machte dieses Format aus?
Möckesch: Die Sahmstage haben dazu beigetragen, dass Sahm damals Rastal als Marktführer ablöste. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Veranstaltung war die Kombination aus hochkarätigen Themen und erstklassigen Referenten. 1985 starteten wir zur Drinktec Interbrau in München mit dem CI-Papst Roman Antonoff und dem Thema Corporate Identity. 1987 diskutierten in Brüssel zwei Heineken-Vorstandsmitglieder über weltweites Biermarketing.
In den folgenden Jahren folgten weitere hochkarätige Referenten wie Roland Berger oder der Verhaltensbiologe Prof. Felix von Cube. Die Themen hatten Neuigkeitswert und waren auch für die eingeladene Fachpresse hochinteressant. Die Teilnehmerzahlen stiegen kontinuierlich, von 50 Brauereien im Jahr 1985 bis zu 90 Brauereien samt Begleitung in den 90ern.
Getränke News: Wie hat sich generell PR in den letzten 30 Jahren verändert?
Möckesch: Bis in die 90er Jahre hinein war das sogenannte Themen-Management rund um die Marken und das Unternehmen Standard. Heute sind viele neue Themen in den Fokus gerückt, etwa Ökologie und Gesundheit. Zudem haben Unternehmen ihre eigenen Medien geschaffen, darunter Webseiten, Social Media und Newsletter, die ständig professionell gepflegt werden müssen.
Getränke News: Gibt es eine PR-Aktion aus Ihrer Zeit, die Sie besonders in Erinnerung haben?
Möckesch: Eine besonders eindrucksvolle Kampagne fand Mitte bis Ende der 90er Jahre mit Alpirsbacher Klosterbräu statt. Im Rahmen des Projekts „Rama dama“ – bayerisch und schwäbisch für „Aufräumen“ – gelang es uns, 1.500 Menschen zu mobilisieren, Abfälle im Schwarzwald zu sammeln. Der krönende Abschluss war ein großes Fest mit Freibier, das für enorme mediale Aufmerksamkeit sorgte. Alpirsbacher Klosterbräu war damit die erste deutsche Brauerei, die sich aktiv und sichtbar dem Umweltschutz widmete – lange bevor andere Brauereien, wie etwa Krombacher, die Natur und den Schutz der Umwelt für sich entdeckten.
Getränke News: Welche Trends sehen Sie aktuell in der PR-Arbeit für Getränkeunternehmen?
Möckesch: Aktuelle Trends in der Getränkebranche zeigen, dass Themen wie Bio und Gesundheit längst etablierte Schwerpunkte sind. Zucker, Zusatzstoffe wie Aspartam oder die Zusammensetzung von Mineralwässern stehen zunehmend im Fokus. Ein weiteres Thema ist der Umgang mit Alkohol. Hier findet ein kultureller Umbruch statt – ein Prozess, der gerade erst begonnen hat, aber langfristig die Wahrnehmung alkoholischer Getränke verändern wird.
Unser Gesprächspartner
Hans-Georg Möckesch studierte Kommunikations- und Politikwissenschaft sowie Jura. Als Präsident der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA), des deutschen Verbands führender PR-Agenturen, setzte er neue Qualitätsstandards. Zudem war er acht Jahre im Präsidium der Deutschen Akademie für Public Relations (DAPR). An der Bayerischen Akademie für Marketing und Werbung etablierte er einen PR-Ausbildungskurs, den er 20 Jahre lang als Dozent begleitete. Zudem war er einer der ersten Lehrbeauftragten für Investor Relations an der Universität Leipzig.
Mit seiner Agentur PR Partner Societät für Öffentlichkeitsarbeit betreut Möckesch seit Jahrzehnten renommierte Kunden, darunter Wiltmann (seit 37 Jahren), Patek Philippe (seit 25 Jahren) sowie Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik, erneuerbare Energien und Lebensmittelindustrie. Als Aufsichtsratsvorsitzender bringt er seine strategische Expertise bei drei Unternehmen ein.
Kunden aus der Getränkebranche seit 1985
Brauwirtschaft:
Allgäuer Brauhaus AG, Kempten
Alpirsbacher Klosterbräu Glauner GmbH, Alpirsbach
Asahi Breweries Ltd. Europe Branch, London, Great Britain
Bitburger Braugruppe GmbH, Bitburg
Eder und Heyland’s Brauerei, Großostheim
Gräfliche Brauerei Arco-Valley, Eichendorf-Adeldorf
Hacker-Pschorr Bräu GmbH, München
Kronen Privatbrauerei Dortmund GmbH
Meckatzer Löwenbräu Benedikt Weiß KG, Heimenkirch
Paulaner Brauerei GmbH & Co. KG, München
Privatbrauerei Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH, Erding
Sailerbräu, Franz Sailer KG, Marktoberdorf
AfG, Wein/Sekt und Spirituosen:
Brohler Mineral- und Heilbrunnen GmbH, Brohl-Lützing
Deutsches Weininstitut GmbH, Mainz
Ocean Spray Cranberries Inc., Lakeville-Middleboro, USA
Schlumberger Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, Meckenheim
Tradewinds Iced Tea, Finesty Getränke GmbH, Großostheim
Underberg, Rheinberg (Semper Idem Underberg AG)
Valensina GmbH (vormals Procter & Gamble), Mönchengladbach
Weingut Geil GbR, Monzernheim in Rheinhessen