Hohe Kosten, veränderte Konsumtrends, staatliche Regulierung: Die Lage am Markt für alkoholfreie Getränke bleibt auch 2025 angespannt. Getränke News sprach mit Heino Hövelmann, geschäftsführender Gesellschafter der Getränkegruppe Hövelmann, über die Branche und die Positionierung seines Unternehmens.
Getränke News: Wir leben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Wie schätzen Sie allgemein die Lage am Markt für alkoholfreie Getränke ein?
Hövelmann: Der Markt ist ständig im Wandel. Während der Coronakrise wollten sich die Verbraucher etwas gönnen, und wir sahen eine Rückbesinnung auf Markenartikel und Glas-Mehrweg. Seit dem Ukrainekrieg und der folgenden Inflation müssen sie verstärkt auf ihren Geldbeutel schauen, der Trend geht wieder eher zu Handelsmarken, zum Discount und zu PET-Einweg. Diese Tendenz verzeichnen wir bei Mineralwasser stärker als bei den Softdrinks.
Was ich für uns als Hersteller mit Schwerpunkt Mineralwasser als positiv werte, ist, dass Mineralwasser nach meinem Eindruck in der Gunst der Konsumenten wieder gestiegen ist. Die Wassersprudler haben zuletzt etwas an Dynamik verloren.
Getränke News: Und wie hat die Hövelmann Gruppe das Jahr 2024 abgeschlossen?
Hövelmann: Wir sind gut aus dem Jahr gekommen, verzeichnen insgesamt ein leichtes Plus von etwa vier Prozent auf 723 Millionen Liter. Damit liegen wir über dem Branchentrend. Es gab aber Verschiebungen in den Segmenten: Beim Mineralwasser hatten wir ein gutes Plus für die A-Marken, aber es wächst der Druck auf das Mittelpreissegment, da sehen wir ein Abrutschen Richtung Preiseinstieg. Mit Zuwächsen dort konnten wir Verluste bei den Süßgetränken kompensieren.
Getränke News: Wie hat sich die Marke Sinalco behauptet?
Hövelmann: Sinalco konnte die Absätze des Vorjahrs nicht ganz halten. Ereignisse wie die Fußball-EM und die Olympischen Spiele werden von den großen internationalen Marken gerne für Aktionen und Sonderplatzierungen genutzt – das fehlt dann bei uns.
Hinzu kommt der rückläufige Biermarkt – die Brauereien machen sich immer mehr Gedanken, welche Segmente sie in Zukunft besetzen können, und bringen eigene Limonaden heraus. Das sind zwar kleine Pflänzchen, die rühren Sinalco nicht groß, aber am Ende geht doch links und rechts etwas an Mengen am AfG-Markt verloren. Andererseits ist es auch ein gutes Zeichen, dass die Kategorie offenbar als interessant eingeschätzt wird.
Getränke News: Bei Sinalco adressieren Sie seit einiger Zeit besonders die jungen Zielgruppen von 20 bis 29, zum Beispiel spielen in dem neuen Werbefilm junge Leute genau dieser Altersgruppe mit. Was sind die Hintergründe?
Hövelmann: Viele Sinalco-Fans sind ältere Konsumenten, die die Marke aus ihrer Kindheit in den 1960er oder -70er Jahren kennen und aus Nostalgie heute noch trinken. Der Softdrinkkonsum nimmt aber mit steigendem Alter ab, deshalb nehmen wir nun die Jüngeren in den Fokus. Der Spot am Rheinufer hat aber noch eine andere Besonderheit: Die jungen Leute sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unserem Unternehmen.
Getränke News: Was bezwecken Sie damit?
Hövelmann: Die Mitarbeiter spielen in unserem Familienunternehmen eine große Rolle, und es erfüllt sie mit Stolz, Teil der Kampagne zu sein; sie identifizieren sich noch stärker mit dem Unternehmen, was uns auch wieder von den großen Konzernen abhebt.
Noch wichtiger ist aber, dass die jungen Leute aktiv in die Kommunikation eingebunden sind: Eine Azubi-Gruppe erstellt in Eigenregie regelmäßig Content für Tiktok; darin war auch die Entstehung des Spots Thema. Die Inhalte fanden in den Freundeskreisen der Azubis unheimlich Anklang – das gab richtige virale Effekte.
Getränke News: Die Idee einer Zuckersteuer und anderer staatlicher Regulierungen setzen Hersteller von Softdrinks unter Druck. Hinzu kommt der anhaltende Trend zu einer gesunden Ernährung. Wie beeinflusst das Ihr Geschäft und was bedeutet es für Ihr Sortiment?
Hövelmann: Das sind große Herausforderungen, die alle Marktteilnehmer treffen und auf die sie sich einstellen müssen. Wir beobachten die Entwicklung seit vielen Jahren und verfolgen das Thema ständig auch über unseren Verband. Indem wir unser zuckerfreies Sortiment ausbauen und auch leichte Limonaden anbieten, kommen wir politischen Einschränkungen zuvor. Auch die Reformulierung von Rezepturen gehört dazu. Damit reagieren wir auch auf veränderte Konsumgewohnheiten – früher hat man ja viel süßer getrunken.
Das Problem ist, dass die Umsetzung rechtlicher Vorgaben aus Berlin oder Brüssel generell immer aufwändiger wird – nicht nur, was das Zuckerthema betrifft, sondern in allen Bereichen. Bei uns müssen das die verschiedenen Fachabteilungen zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben leisten, denn als Familienunternehmen können wir dafür kein Extra-Personal einstellen. Also, auf den oft angekündigten Bürokratie-Abbau warten wir seit Jahren.
Getränke News: Wie stark sind Sie von weiterhin hohen Kosten für Rohstoffe, Transport und Verpackungsmaterialien betroffen?
Hövelmann: Die Verteuerung der Rohstoffe ist immens, hinzu kamen noch die Mauterhöhung und die CO2-Umlage. Das Problem ist, dass es immer schwieriger wird, die Kosten an den Handel weiterzugeben – es gibt bekanntlich nur sehr wenige Ansprechpartner.
Anfang 2024 mussten wir die Preise erhöhen – das sieht man sofort an der Absatzkurve. Die großen Wettbewerber setzen in solchen Situationen sehr stark auf Aktionen, das kostet uns dann Menge. Aber wir können nicht anders, wollen kein Erlös-Harakiri.
Doch der Mensch neigt dazu, sich mit Problemen abzufinden, und sucht nach Lösungen.
Getränke News: Welche Lösungen haben Sie gefunden?
Hövelmann: Als Familienbetrieb reinvestieren wir das Erwirtschaftete. Gerade haben wir eine PET-Einweg-Anlage erneuert, und eine Glas-Mehrweg-Anlage ist im Bau. Die alten Anlagen mussten sowieso ersetzt werden, wir erhöhen dabei aber auch die Kapazität – und energetisch liegen Welten dazwischen.
Gerade arbeiten wir zudem an einer Verbesserung der Wärme- und Kältetechnik. So werden wir effizienter und beim Ressourcenverbrauch immer besser. Das gibt uns einen Puffer für die Zukunft. Aber erst einmal müssen wir in Vorleistung gehen. Es gilt, sich günstiger aufzustellen – und trotzdem weiter in die Marken zu investieren, um im Relevant Set der Verbraucher zu bleiben.
Getränke News: Welche Entwicklung erwarten Sie im Jahr 2025 am AfG-Markt, und wie stellen Sie sich für die Zukunft auf?
Hövelmann: Wir stehen vor einem herausfordernden Jahr, allein wegen unserer internen Prozesse. Der Austausch unserer Anlagen bedeutet, dass wir vorproduzieren müssen, Logistikprozesse und Lagerhaltung müssen dann trotzdem funktionieren. Deshalb blicke ich eher zurückhaltend in dieses Jahr. Wir sind froh, wenn wir die erreichten Absätze und die bestehenden Kundenbeziehungen 2025 halten können.
Längerfristig stimmt mich optimistisch, dass wir die Hövelmann Gruppe als Familienunternehmen weiterbetreiben. Zurzeit ist die vierte Generation operativ in der Verantwortung. Meine Schwester hat zwei Kinder, ich ebenfalls, und alle hatten schon Berührungspunkte mit dem Unternehmen. Mein jüngster Sohn ist bei uns in Ausbildung und hat Freude daran. Das ist ein schönes Signal, dass es weitergeht.
Zum Unternehmen
Die Getränkegruppe Hövelmann mit Sitz in Duisburg-Walsum gehört mit rund 786 Millionen Füllungen (davon 80 Prozent Mineralwasser), einem Umsatz von 226 Millionen Euro und ca. 650 Mitarbeitern zu den größten Mineralbrunnen in Deutschland; in Nordrhein-Westfalen betreibt das Unternehmen 15 Brunnen und ist Marktführer.
Zur Gruppe gehören die nationalen Marken Sinalco und Staatl. Fachingen sowie das regionale Markenportfolio rund um die Kernmarken Rheinfels Quelle, Römerwall und Burgwallbronn. Mit dem Gesamtportfolio deckt Hövelmann sämtliche Preissegmente ab.
Das Unternehmen befindet sich seit seiner Gründung im Jahre 1905 in Familienhand und wird operativ derzeit von der vierten Generation geführt.