Die Warsteiner Brauerei stand vergangene Woche in der Kritik, weil sie den Tarifabschluss mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verweigerte (wir berichteten). Nun teilt die Brauerei mit, dass sie die Mitgliedschaft in den tarifgebundenen Arbeitgeberverbänden sowie im Brauereiverband NRW beendet.
„Die Warsteiner Gruppe hat sich dazu entschlossen, in den kommenden Wochen gemeinsam mit ihren Sozialpartnern über eine individuelle tarifvertragliche Lösung zu sprechen“, heißt es im Statement der Brauerei. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, denen nun Einschnitte bei Löhnen und Arbeitsbedingungen bevorstehen“, sagt Mohamed Boudih, Landesvorsitzender der NGG Nordrhein-Westfalen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für die Brauereien komme es auf konstruktive Lösungen der Sozialpartner an.
Wirtschaftliche Realität abbilden
Die geplanten Tarifabschlüsse der Arbeitgeberverbände stellen aus Sicht der Warsteiner Gruppe nicht die beste wirtschaftliche Lösung für die Arbeitnehmer und das Unternehmen dar. „Sie werden der wirtschaftlichen Realität in Zeiten von immer noch pandemischen Verhältnissen und unsicheren Zukunftsaussichten mit einem möglichen weiteren bundesweiten Lockdown in den Herbst- und Wintermonaten nicht gerecht“, sagt Warsteiner-Sprecherin Simone Lápossy.
Vor gut einer Woche hatten sich die Sieger- und Sauerländer sowie die Rheinisch-Westfälischen Brauereien gemeinsam mit der NGG auf einen Tarifabschluss geeinigt. Dieser sieht eine Corona-Prämie von 750 Euro in diesem und ein Lohn-Plus von 2,4 Prozent im kommenden Jahr vor. „Warsteiner hat bereits deutlich gemacht, diese Lohnerhöhung nicht zahlen zu wollen. Mit dem jetzigen Austritt aus der Tarifpartnerschaft isoliert sich die südwestfälische Brauerei weiter von der Konkurrenz“, so Boudih.
Alle Beschäftigten betroffen
Von der Entscheidung seien nicht nur die 640 Beschäftigten am Stammsitz der Brauerei im Kreis Soest betroffen. Auch für die 140 Beschäftigten der Herforder Brauerei und der Düsseldorfer Privatbrauerei Frankenheim sowie 100 Mitarbeiter der Paderborner Brauerei, die ebenfalls zu Warsteiner gehören, wird es eine individuelle tarifliche Lösung geben. Dies ermögliche dem Unternehmen, gemeinsam und solidarisch die wirtschaftlich beste Lösung für alle Mitarbeiter, aber auch die Brauereien zu finden, so die Warsteiner-Sprecherin.
„Gerade jetzt sollte das wichtigste Ziel sein, so schnell wie möglich das wiederanziehende Geschäft gemeinsam zu stemmen und das Unternehmen personell und auch wirtschaftlich aus der Pandemie herauszuführen“, sagt Lápossy. Die Verbandsaustritte hätten keine unmittelbare Wirkung auf die vorhandenen Tarifverträge, die zunächst unverändert fortbestehen. Lediglich zukünftige Tarifabschlüsse würden keine Anwendung mehr finden.
Fatales Signal?
Die Gewerkschaft NGG will sich gemeinsam mit Betriebsräten an allen Warsteiner-Standorten für einen neuen Tarifvertrag einzusetzen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass allein die Beschäftigten bei Warsteiner Abstriche machen müssen, während Brauerei-Angestellte in ganz Nordrhein-Westfalen mehr Geld bekommen“, sagt Boudih. Die Gewerkschaft sei sich der schwierigen Lage vieler Brauereien bewusst, die von der Corona-Pandemie gerade durch Einbußen beim Fassbiergeschäft getroffen seien. Deshalb habe man in der zurückliegenden Tarifrunde moderate Forderungen aufgestellt. „Bislang war es Usus, am Verhandlungstisch zu Kompromissen zu finden. Dass Warsteiner diese Bereitschaft nun aufgibt, ist ein fatales Signal“, so Boudih weiter.