Laut einer aktuellen Branchenumfrage des Deutschen Brauer-Bundes (DBB) zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie sehen 25 Prozent der befragten Brauereien ihre Existenz gefährdet. Tatsache ist: Der Lockdown im Gastgewerbe trifft die Brauwirtschaft hart. Unternehmen jeder Größe melden hohe Umsatzausfälle, Kurzarbeit und Entlassungen.
„Einbrüche dieser Dimension hat es seit Ende des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Brauwirtschaft nicht gegeben“, so Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des DBB. Der Kollaps eines einzelnen Marktsegments wie jetzt bei Fassbier sei in der Geschichte der Brauwirtschaft bislang einmalig. „Nach fast sechs Monaten Dauerlockdown sind das Gastronomiegeschäft und Teile des Exports vollends zusammengebrochen, eine Erholung des Marktes ist nicht in Sicht, weil jede Perspektive fehlt. Die Umsatzverluste der Braubranche summieren sich mittlerweile auf historische Größenordnungen“, so Eichele.
Bis zu 85 Prozent Umsatzrückgang
Nach der aktuellen Betriebserhebung des DBB ist der Umsatz der Brauereien von Januar bis einschließlich März 2021 im Schnitt um 33 Prozent eingebrochen. Besonders schwer getroffen seien Brauereien mit einem hohen Gastronomieanteil. Durch den kompletten Zusammenbruch des Fassbiermarktes beklagten Betriebe Umsatzrückgänge von in der Spitze bis zu 85 Prozent, heißt es. Nur einer sehr geringen Zahl von Brauereien sei es gelungen, ihre Fassbierverluste durch Mehrabsatz beim Flaschenbier teilweise zu kompensieren. Jedoch könne der margenschwache Flaschenbierabsatz nicht annähernd die hohen Verluste im Gastronomiegeschäft ausgleichen, meldet der Verband.
Die Ergebnisse der Umfrage im Detail
In der neuen Stichprobe des Verbandes, die nicht repräsentativ ist, aber die Bandbreite der Branche gut darstellt, gaben fast 88 Prozent der Brauereien an, sehr stark (58 Prozent) oder zumindest stark (30 Prozent) von den Schließungen und Beschränkungen des Gastgewerbes betroffen zu sein. Befragt zu einer wahrscheinlichen zeitlichen Perspektive für die Wiedereröffnung der Außengastronomie gab die überwiegende Mehrheit der Brauereien den Monat Mai als erwarteten Termin an. 15 Prozent zeigten sich skeptischer und befürchten im Lichte der schleppenden Impfkampagne eine Verzögerung der Wiedereröffnung des Gastgewerbes bis mindestens Juni.
Die Folgen des Gastro-Lockdowns und die dadurch bedingten Umsatzverluste schlagen auf alle Unternehmensbereiche in den Brauereien durch. Mehr als 85 Prozent der befragten Betriebe mussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, vor allem im Außendienst. In vier von fünf Brauereien (79 Prozent) wurden aktuell anstehende und für die Zukunft wichtige Investitionen verschoben oder ganz gestrichen. Ein knappes Drittel der Brauereien (32 Prozent) musste seit Beginn der Krise betriebsbedingte Kündigungen aussprechen.
Höhere Steuern befürchtet
Auf die Frage, welche Auswirkungen die Corona-Krise mittelfristig auf die deutsche Brauwirtschaft haben wird, zeigt sich die Branche in vielen Bereichen besorgt. Die meisten Betriebe (über 86 Prozent) befürchten künftig höhere Steuern und Abgaben zur Konsolidierung der Staatsfinanzen. Fast 84 Prozent der befragten Brauereien rechnen mit einem Verlust zahlreicher Absatzstätten im deutschen Gastgewerbe.
Immerhin 73 Prozent der Befragten rechnen auch für die Brauwirtschaft mit einer deutlichen Zunahme der Zahl von Betriebsaufgaben und Insolvenzen. Von einem noch stärkeren Wachstum des Online-Handels und der Lieferdienste gehen 75 Prozent der Brauereien aus. Positiv zu werten ist, dass von mehr als 62 Prozent der befragten Betriebe ein verstärkter Trend zu alkoholfreien bzw. alkoholarmen Bieren erwartet wird. Alkoholfreie Biere hatten als einziges nennenswertes Segment im Krisenjahr 2020 ihren Marktanteil erhöht. Der Brauer-Bund geht davon aus, dass der Markt für Alkoholfreie weiter nachhaltig wachsen wird.
Auf die Frage, welche Maßnahmen für Brauwirtschaft und Gastronomie in der Corona-Krise noch ergriffen werden sollten, sprechen sich viele Brauereien für eine klare Öffnungsperspektive für Gastronomie und Veranstaltungen aus und fordern progressive Testkonzepte.
Zur Umfrage
An der aktuellen Stichprobe beteiligten sich 73 Brauereien unterschiedlichster Größe. Wie bei den bisherigen Umfragen spiegelt die Größenaufteilung der teilnehmenden Brauereien die Bandbreite der Branche wider. Ein Viertel der Umfrageteilnehmer stammt aus Betrieben mit weniger als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, knapp ein weiteres Viertel aus Betrieben mit bis zu 60. Gut 20 Prozent der befragten Betriebe haben zwischen 60 und 100 und rund 17 Prozent bis zu 300 Mitarbeiter. 13 Prozent der befragten Brauereien beschäftigen mehr als 300 Mitarbeiter. Es handelt sich bei der Stichprobe um ein aktuelles Meinungsbild, das nicht den Anspruch erhebt, repräsentativ zu sein.