Der Deutsche Brauer-Bund trauert um Prof. Dr. Ludwig Narziß, der am 29. November im Alter von 97 Jahren verstorben ist. Ludwig Narziß war von 1964 bis 1992 Inhaber des Lehrstuhls für Technologie der Brauerei 1 der Technischen Universität München in Weihenstephan, wo er viele Generationen von Studentinnen und Studenten unterrichtet und insgesamt über 50 Doktorandinnen und Doktoranden begleitet hat.
Ludwig Narziß wurde im September 1925 in München geboren, als Sohn eines Brauereidirektors. Statt wie von seinem Vater gewünscht eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren, entschied er sich für eine Brauerlehre bei Tucher in Nürnberg. Anschließend studierte er an der TU in Weihenstephan Brauwesen und war dann mehrere Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Betriebsberater tätig. 1956 promovierte er über den Einfluss der Hefe auf die Eigenschaften des Bieres und wechselte zwei Jahre später als erster Braumeister zu Löwenbräu in München.
1964 wurde Ludwig Narziß auf den Lehrstuhl für Technologie der Brauerei 1 nach Weihenstephan berufen. Im Jahr 1992 wurde er emeritiert. 2019 verlieh ihm die TU München die Ehrendoktorwürde – „in Würdigung seiner herausragenden wissenschaftlichen Pionierleistungen, die auf dem Gebiet der Brau- und Getränketechnologie internationale Maßstäbe der Forschung gesetzt haben und für seine richtungsweisenden Lehrbücher und Monographien zur Brautechnologie“, wie es seinerzeit in der Laudatio hieß.
„Die Nachricht vom Tod von Ludwig Narziß hat mich tief bestürzt“, erklärt der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Dr. Jörg Lehmann, in einer Stellungnahme. „Ludwig Narziß war ein Wissenschaftler von Weltruf – die Brauwirtschaft hat ihm unendlich viel zu verdanken. Es gibt weltweit nur wenige Persönlichkeiten, die unsere Branche über viele Jahrzehnte so intensiv geprägt haben wie er.“ Lehmann hebt hervor, dass es Ludwig Narziß stets ein großes Anliegen gewesen sei, den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis, zwischen Lehrstühlen und Brauereien zu verstärken. Zahlreiche Forschungsvorhaben wurden in seiner Zeit am Lehrstuhl gemeinsam mit der Wissenschaftsförderung der Brauwirtschaft erarbeitet. Allein die Organisation des Technologischen Seminars in Weihenstephan hat Generationen von Studierenden geprägt.
Auch auf europäischer Ebene brachte er den Austausch voran: Narziß war von 1979 bis 1983 Präsident der European Brewery Convention (EBC) und wurde später zu deren Ehrenpräsident ernannt. Auf nationaler wie auf europäischer Ebene setzte sich Prof. Narziß mit Nachdruck für den Erhalt des deutschen Reinheitsgebotes ein.
„Seine starke Stimme und seine Expertise werden uns fehlen“, so Lehmann. Bis ins hohe Alter habe Ludwig Narziß noch Kongresse und Tagungen besucht und Vorträge gehalten – stets sei er bei Fachfragen erreichbar gewesen und habe sein Wissen geteilt, ob es nun um Forschungsprojekte in Deutschland ging oder um den Aufbau neuer Brauereien in Japan. „Was Ludwig Narziß in Forschung und Lehre geleistet und in zahlreichen Fach- und Lehrbüchern zur Brauereitechnologie überliefert hat, ist von unschätzbarem Wert. Wir verneigen uns vor der Lebensleistung von Ludwig Narziß und werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren“, sagt Lehmann, der selbst viele Jahre als Vorsitzender des Verbandes ehemaliger Weihenstephaner der Brauerabteilung (VeW) die Alumni-Vereinigung Weihenstephaner Absolventen geleitet hat.
Noch zu Lebzeiten war von der VeW ein nach Prof. Ludwig Narziß benannter Forschungspreis für herausragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gestiftet worden – im Mai 2022 in Madrid wurde der Preis bereits zum achten Mal vergeben.