Hopfen und Reben haben Trockenstress, der Saftbranche fehlt es an gesunden Früchten, den Mineralbrunnen geht das Wasser aus: Klimabedingte Probleme in der Landwirtschaft beeinflussen sehr stark auch die Getränkeproduktion. Für unsere neue Serie fragen wir Lieferanten der Getränkebranche, wie der Klimawandel ihre Arbeit erschwert und wie sie sich darauf einstellen. Teil 2 widmen wir der Braugerste.
Der Klimawandel macht auch der Bierbranche zu schaffen. Lange anhaltende Trockenphasen, zunehmende Hitzetage und insgesamt steigende Temperaturen sowie immer mehr Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel und Sturm haben großen Einfluss auf die Menge und Qualität der Rohstoffe Gerste, Weizen und Hopfen. Die Witterung wirkt sich in Extremjahren negativ auf die Erntemengen und auch auf die Qualität der Rohstoffe aus.
„Der Klimawandel beschäftigt die Brauwirtschaft sowohl im Zusammenhang mit dem Anbau der Rohstoffe Braugetreide und Hopfen als auch im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Wasser in Brauqualität. Die Brauereien in Deutschland befassen sich bereits seit Jahrzehnten mit Konzepten zu nachhaltiger Unternehmensführung und schärfen diese ständig nach“, berichtet Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes.
Mehr Sicherheit durch Neuzüchtungen
Beim Malz setzten die Brauereien verstärkt auf moderne und klimatolerante Braugerstensorten. Damit der Zuchtfortschritt schnellstmöglich in der landwirtschaftlichen Praxis umgesetzt und genutzt werden kann, beteiligt sich die Brauwirtschaft seit vielen Jahren aktiv an einem brauwissenschaftlichen Bewertungsprogramm für neu zugelassene Sorten, dem „Berliner Programm“, das in der Branche anerkannt ist.
Beim Berliner Programm werden direkt im Jahr nach der Zulassung neuer Sorten die Brau- und Malzwirtschaft informiert, damit die neuen Sorten auch in die Rezepturen der Brauer gebracht werden. Für die Landwirte sind die neuen Sorten klima- und ertragsstabil und bieten eine höhere Vermarktungssicherheit. Das Programm habe die Versorgungssituation insbesondere in den vergangenen Jahren trotz zunehmender Witterungsextreme erheblich entlastet.
Trotz aller Zuchtbemühungen schrumpfe in Deutschland die Anbaufläche für Braugerste Jahr für Jahr, sagt Walter König. Er ist Geschäftsführer der Braugersten-Gemeinschaft und der Gesellschaft für Hopfenforschung sowie Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. „Das Risiko für den Landwirt, Braugerste anzubauen, ist durch den Klimawandel ein erhebliches geworden“, betont er.
Viele Landwirte verabschieden sich von Braugerste
Der Landwirt entscheide sich, Braugerste zu erzeugen, und wolle dann auch einen entsprechenden Preis erzielen. „Trifft er die Qualität nicht, weil ihm das Wetter dagegen spielt, dann fällt er auf die Vermarktung von Futtergerste runter“, erklärt er. Die Differenz zwischen Brau- und Futtergerstenpreis, die sogenannte Braugerstenprämie, sei dabei erheblich; auf den Hektar Anbaufläche liege sie derzeit bei 600 Euro. Für den Produzenten kann dies leicht ruinös werden. „Deswegen haben viele Landwirte der Braugerste den Rücken gekehrt“, erläutert König.
Eine Lösung sind laut dem Verbandschef neue Züchtungen, die das Risiko für den Landwirt wieder minimieren. Der Zuchtfortschritt in Deutschland sei Dank des Berliner Programms groß, sagt König. Doch diese Bemühungen reichten nicht aus. Daher setze die Branche zusätzlich auf den Einsatz von Winter- und sogenannten Wechselgersten, um die Versorgung sicherzustellen. „Wenn man auf mehrere Aussaat- und Erntezeitpunkte setzt, dann reduziert man das Ernte-Risiko und erhöht im gleichen Maße die Versorgungsstabilität und Sicherheit.“
Noch viele Vorbehalte gegen Wintergerste
In den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren habe man verstärkt Wintersorten gezüchtet, die mittlerweile qualitativ mit der Sommergerste mithalten könnten. „Der Vorteil ist, wenn dann noch Frühjahrstrockenheit kommt, ist diese im Herbst ausgesäte Wintergerste schon in der Kornfüllungsphase, kann die Winterfeuchte noch mitnehmen und wird auch mehrere Wochen vor der Sommergerste geerntet.“
Allerdings täten sich manche Brauer mit Wintergerste immer noch schwer. „Der eine oder andere Braumeister hat halt so sein Problem, weil früher Winterbraugerstensorten ein bisschen verpönt waren, weil sie züchterisch noch nicht so weit waren“, berichtet der Geschäftsführer der Braugerstengemeinschaft. Das bekomme man so schnell nicht aus den Köpfen heraus.
Und da kommen die sogenannten Wechselgersten ins Spiel. Das sind eigentlich Sommergerstensorten, die im Frühjahr ausgesät und dann Ende Juli, Anfang August geerntet werden. In diese Sorten wurde eine gewisse Winterhärte hineingezüchtet, die aber nicht an die von Wintergerste heranreicht. „Aber da kommt uns der Klimawandel zugute“, sagt König. Angesichts der milder werdenden Winter, in denen Frost unter 15 Minusgraden immer seltener auftritt, könne man in vielen Regionen Sommergerste bereits sehr spät im Herbst, sprich im November, aussäen.
Importmengen schon traditionell sehr groß
Trotz der Veränderungen ist die Versorgungssicherheit mit heimischer Braugerste König zufolge nach wie vor gut, auch wenn man nicht vergessen dürfe, dass Deutschland aufgrund seines riesigen Bedarfs schon traditionell zukaufe. „Deutschland ist ein Braugerste-Netto-Importeur, auch wenn die Ernte gut ist“, so König. Es brauche mehr als zwei Millionen Tonnen braufähige Gerste, produziere selbst aber in guten Jahren nur ungefähr 1,2 Millionen Tonnen.
Aus Sicht eines Mälzers bringt der Klimawandel seine ganz eigenen Probleme; darüber berichtet Thomas Lang, Geschäftsführer der Rhön-Malz GmbH in Mellrichstadt. „Ich kann den Klimawandel an der Laufzeit meiner Klimamaschine festmachen“, sagt der Inhaber einer Handwerksmälzerei. Sie wird eingesetzt, um die bei der Keimung des Getreides entstehende Wärme abzubauen. Noch bis zum Jahr 2000 habe man die Kühlmaschine an zwei bis drei Monaten im Jahr gebraucht, heute laufe sie von April bis November. Entsprechend hoch sind inzwischen die Energiekosten.
Mehr Wertschätzung für Lebensmittel gefragt
Und natürlich veränderten sich auch die Rohstoffe. „Die Körner werden entweder kleiner, wenn sie zu wenig Wasser haben, oder sie haben einen höheren Pilzbefall, wenn sie, wie in den letzten zwei Jahren, zu viel Regen haben“, berichtet Lang. Das kann aufgrund gesetzlich festgelegter Grenzwerte zu einem gravierenden Problem werden, wie der Malzexperte es drastisch auf den Punkt bringt: „Wenn bestimmte Stoffwechselprodukte der Pilze irgendwelche Werte übersteigen, dann kannst Du das ganz Getreide als Sondermüll betrachten“, erklärt er.
„Wir müssen uns an die neuen Umstände gewöhnen. Es wird nicht mehr so diese Kontinuität sein, die wir gewohnt waren“, blickt er in die Zukunft – und sieht die Sache dabei auch ein bisschen philosophisch: „Vielleicht lernen wir dann auch mal wieder, die Lebensmittel wertzuschätzen, wenn man froh ist, dass man überhaupt etwas kriegt.“
Mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Hopfen beschäftigen wir uns im nächsten Teil unserer Serie.
In Teil 1 ging es um den Wein. Den Artikel kann man hier nachlesen.



























































































