Solidarität der Getränke-Branche gefordert
Mit einem offenen Brief wendet sich der Verband Private Brauereien Bayern an die Getränke-Branche. Unter der Überschrift „Kann die Getränke-Branche auch Solidarität und Zusammenhalt?“ fordert der Verband die Leser auf, im November die Braubeviale in Nürnberg zu besuchen oder dort auszustellen. Die Messe findet in diesem Jahr als Special Edition mit Hygiene- und Sicherheitskonzept statt (wir berichteten). Unterschrieben wurde der Brief von namhaften Vertretern der Branche. Im Interview mit Getränke News erläutert Verbandschef Stefan Stang die Hintergründe.
Getränke News: Die Braubeviale findet in diesem Jahr mit einem speziellen Konzept statt. Kann das funktionieren?
Stang: Ja, ich bin überzeugt, dass die Messe so funktioniert. Durch ein Hygienekonzept mit höchster Sicherheit für Aussteller und Besucher wurde die Grundvoraussetzung geschaffen. Es wird auch keine Standpartys oder Abendveranstaltungen geben. Die Messe wird deutlich kleiner sein als sonst, eher Kongresscharakter haben mit deutlich ausgeweitetem Begleitprogramm. Es werden zwar einige der bekannten Aussteller fehlen, dafür bekommen in diesem Jahr aber neue innovative Aussteller mehr Aufmerksamkeit.
Tatsache ist: Wir haben inzwischen gelernt, mit dem Virus als Teil unseres Alltags zu leben. Nun geht es darum, Schritt für Schritt Normalität zurückzugewinnen. Selbstverständlich mit neuen Regeln. Nach Monaten im virtuellen Raum bietet die Braubeviale endlich der Branche wieder die Möglichkeit, sich real zu treffen. Ich hoffe, dass möglichst viele diese Gelegenheit wahrnehmen. Es wird in diesem Jahr und wahrscheinlich auch für längere Zeit die einzige Möglichkeit eines realen Branchentreffs sein.
Getränke News: Ihr Verband wendet sich mit einem offenen Brief an die Branche. Wie kam es dazu?
Stang: Ausgangsbasis unserer Initiative ist die erfreuliche Tatsache, dass sich die Pandemie in den meisten mittelständischen Brauereien nicht ganz so negativ ausgewirkt hat wie befürchtet. Wir nehmen durchaus Investitionsbereitschaft, eine gewisse Aufbruchsstimmung und ein Interesse am Messebesuch wahr. Wir sehen das enorm große Engagement des Teams der Braubeviale, das ein super Konzept erarbeitet hat, um die Messe unter den erschwerten Rahmenbedingungen durchführen zu können.
Auf der anderen Seite spüren wir eine große Unsicherheit unter den Ausstellern und wenig Bereitschaft, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzulassen. Mit unserem offenen Brief versuchen wir, diese negative Dynamik zu stoppen.
Getränke News: Unterschrieben wurde der Brief unter anderem von namhaften Leuten der Braubranche und Zulieferindustrie. Wen hätten Sie gerne noch als Unterzeichner gewonnen?
Stang: Ich freue mich über das breite Spektrum der Unterstützer. Es sind alle Facetten der Getränkebranche vertreten. Aber ehrlich gesagt hätte ich mir die Unterschrift des einen oder anderen Branchenleuchtturms oder Verbandsvertreters noch erhofft, ja sogar erwartet. Auffällig ist vor allem, dass sich die Rohstoffbranche aus Deutschland sehr zurückhaltend sowohl bei der Unterschrift als bisher auch noch mit einem Engagement auf der Messe zeigt. Rühmliche Ausnahme ist Stephan Barth, geschäftsführender Gesellschafter vom Hopfendienstleister Barth Haas, der unseren Brief als erster unterzeichnete und mit seinem Unternehmen auch als Aussteller auf der Messe sein wird.
Getränke News: Wie war die Resonanz auf Ihr Vorhaben mit dem offenen Brief?
Stang: Es gab die unterschiedlichsten Reaktionen: von spontaner Zustimmung und Unterschrift über Solidaritätsbekundungen ohne Unterschrift bis hin zur Ablehnung der Aktion. Vereinzelt wurde die Intention unseres Briefes auch nicht verstanden. Ich will hier noch einmal klar betonen: Wir machen damit keine Marketingaktion für die Nürnberger Messe, die in die Konzeption des Briefs in keiner Weise eingebunden war. Es ist auch keine regionale Initiative eines bayerischen Verbandes, sondern wir sind als Verband seit Beginn der Braubeviale der ideelle Träger der Messe und haben dadurch ein eigenes Interesse daran, dass die Veranstaltung in diesem Jahr auch unter den neuen Rahmenbedingungen stattfindet.
Getränke News: Sie appellieren in dem offenen Brief an Solidarität und Zusammenhalt. Steht die Branche noch zusammen?
Stang: Unsere Branche wird oft als Familie bezeichnet. Jetzt kann sie beweisen, dass dieser Zusammenhalt nicht nur in guten, sondern auch in schlechten Zeiten besteht. Wir sollten auch Solidarität gegenüber dem Messeteam zeigen und mit der Teilnahme dessen Engagement belohnen. Zumal das Leitmotiv der Braubeviale in diesem Messetriple die Zukunftsfähigkeit der Getränkebranche ist. Tatsache ist: Nach den Lockerungen fanden bisher keine Messen in Deutschland statt, vor allem, weil es woanders keinen solchen Zusammenhalt gibt. Wir könnten da Vorreiter sein. Ich sehe die Braubeviale 2020 – Special Edition als eine Art Lackmus-Test für unsere Branche.
Getränke News: Warum sollte die Messe in diesem Jahr für jeden Brauer ein Muss sein?
Stang: Wir müssen aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. Die Pandemie wird vielleicht einige Dinge grundlegend verändern. So wird beispielsweise der Trend hin zu Regionalität durch Corona verstärkt werden. Die Globalisierung ist vielleicht an ihre Grenzen gestoßen und der Mittelstand könnte künftig an Bedeutung gewinnen. Wir dürfen jetzt auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken.
Nach der Krise ist vor der Krise: Wenn wir die Pandemie überstanden haben, kommt mit dem Klimawandel und dessen Folgen die nächste weitaus größere Herausforderung auf die Branche zu. Und da gilt es schon heute die richtigen Weichen zu stellen.
Die Aussteller und das Rahmenprogramm der Messe geben wichtige Informationen und Denkanstöße zu den wichtigen Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Strategiewechsel oder Marketing. Wir sollten gemeinsam als Branche positive Impulse und Zeichen setzen. Gemeinsam können wir den Rückenwind erzeugen, den wir alle so dringend benötigen.