Deutschland mixt, was das Zeug hält. Oder besser gesagt: lässt mixen, denn die alkoholischen Fertigmischungen aus der Dose (oder Portionsflasche) liegen voll im Trend. Vor ein paar Tagen machte Campari Deutschland von sich reden, die nach vielen erfolgreichen Jahren ihren orangefarbigen Dauerbrenner „Aperol Spritz“ auch als Premix auf den Markt bringen. Fast zeitgleich meldete Brown-Forman seine neueste Innovation „Jack Apple & Tonic“, das erste Ready-to-drink-Produkt von Jack Daniel’s mit nur drei Volumenprozent Alkohol. Auch Pernod Ricard Deutschland feierte Anfang März eine Premiere und brachte in Zusammenarbeit mit dem Rapper Capo seine erste Limited Edition unter einem RTD-Label auf den Markt.
Die Beispiele zeigen eines ganz deutlich: Die Premixes gehören zu den Kategorien mit den meisten Innovationen; und die Neuheiten sind nicht selten auch Produkte, die es in dieser Form zuvor noch gar nicht gab. Kein Wunder, denn das Segment hat in den letzten Jahren regelmäßig zweistellige Wachstumsraten erzielt und so bei vielen Herstellern Begehrlichkeiten geweckt. Dabei zeigen alle wichtigen Indikatoren eine positive Entwicklung, wie man bei Bacardi Deutschland beobachtet: Die Kategorie gewinne immer mehr Konsumenten, die Einkaufshäufigkeit steige, und bei den Einkäufen wachse der Umsatz, heißt es aus Hamburg.
Wie gut die Geschäfte auch – oder gerade – in Corona-Zeiten laufen, zeigen die vom Marktforschungsinstitut IRI erhobenen Daten: Im Lebensmittelhandel (LEH gesamt, inklusive Harddiscount) legten die spirituosenbasierten RTDs 2020 in der abgesetzten Menge um fast 44 Prozent auf rund 24,1 Millionen Liter zu, der Umsatz wuchs um 34,4 Prozent auf über 240 Millionen Euro. Das entspricht immerhin schon einem Anteil von 6 bzw. 5 Prozent am Spirituosenmarkt. Von einer „dynamischen Entwicklung“ spricht auch Thomas Drossé, Sales Director bei Pernod Ricard Deutschland. Hier böten sich „viele neue Marktpotenziale, die wir ausschöpfen wollen“.
Konsum in den eigenen vier Wänden wächst
Nach seiner Einschätzung hat die Corona-Pandemie den seit Jahren anhaltenden Trend noch weiter befeuert. Obwohl RTDs vor allem „on the go“ genossen würden – zum Beispiel beim spontanen Treffen mit Freunden im Park – zeigten die Zahlen, dass die Premixes auch während der Krise bei den Konsumenten beliebt waren. Sie seien offenbar zusätzlich „nun auch vermehrt zu Hause konsumiert“ worden, so Drossé.
Ähnlich sieht es Albrecht Schneider, Marketing Director Germany von Beam Suntory. Neben dem allgemeinen Convenience-Trend und dem Wunsch, fertig gemixte Longdrinks zu genießen, hätten auch die Schließungen in der Gastronomie zu einem Wachstum der Premixes geführt. Bei Bacardi bemüht man sich, den wachsenden heimischen Genuss auch zu beziffern: Etwa 37 Prozent der RTDs seien für den Konsum zu Hause vorgesehen, heißt es.
Was sich indessen – unabhängig von Corona – verändert, sind die Geschmacks-Vorlieben. Zwar dominieren weiterhin die Mischungen aus Whisky oder Rum mit Cola bei weitem den Markt, die Verbraucher sind aber offenbar für neue Varianten sehr aufgeschlossen. So beobachtet man bei Brown-Forman eine „erfreuliche Wachstumsdynamik“ für die jüngeren Sorten „Jack Daniel’s Lynchburg Lemonade“ und „Jack & Berry“, wenn auch noch von einem deutlich geringeren Niveau aus. Zudem bestätige die gute Resonanz auf den zu Jahresbeginn gelaunchten „Gentleman Jack & Cola“, dass Premiumprodukte auch im Segment der Premixed Longdrinks auf dem Vormarsch sind.
Aperitif-Cocktails und Gin Tonic weitere Trendsetter
In zwei Innovationen, die Bacardi gerade in der Pipeline hat, bildet sich ab, was sonst noch so gefragt ist: Der wachsenden Vorliebe für Aperitif-Cocktails folgt das Unternehmen mit dem Launch von „Martini Fiero & Tonic“ in der 0,25-Liter-Slim-Dose, der gerade in den Markt eingeführt wird. Und noch eine Neuheit kündigt das Unternehmen jetzt schon an: Angesichts des anhaltenden Gin-Booms haben die Hamburger als neuen Mix „Bombay Bramble & Tonic“ an den Start gebracht – gerade mal ein Jahr nach der Vorstellung des karminroten Gins unter demselben Label. Der Launch sei „zeitnah“ zu erwarten, heißt es. Dass Premixes mit Gin für viele der Favorit sind, beweisen auch die aktuellen IRI-Daten: Im vergangenen Jahr waren Gin-basierte Produkte mit einem Absatzplus von gut 67 Prozent die Kategorie mit dem stärksten Wachstum.
Ein weiterer allgemeiner Verbrauchertrend, der inzwischen auch in die RTD-Kategorie einzieht, ist der Wunsch nach Produkten für den maßvollen Genuss. Zum einen steigt die Nachfrage nach zuckerarmen Alternativen auch hier; Marktforschungen zeigten, dass Light-Varianten sogar „neue Konsumenten in die Kategorie locken“, weiß man bei Bacardi, die ihren Klassiker mit Cola seit knapp einem Jahr auch als „Zero“-Variante anbieten. Albrecht Schneider bestätigt die Entwicklung für „Jim Beam Cola Zero“, der am Markt gut ankomme und bereits „ein fester Bestandteil“ des RTD-Portfolios sei. In den nächsten Jahren werde die Nachfrage nach kalorienreduzierten Getränken weiter steigen, zeigt sich Schneider überzeugt.
Ähnliches gilt für einen geringeren Alkoholgehalt. Als erste Drinks mit nur drei Volumenprozent Alkohol brachte Pernod Ricard vor anderthalb Jahren zwei Limited Editions unter dem Label „Absolut Mixt“ auf den Markt. Sie seien von den Konsumenten „gut angenommen“ worden, berichtet Sales Director Thomas Drossé. Einen ähnlichen Versuch wagt aktuell Brown-Forman mit „Jack Apple & Tonic“ mit ebenso niedriger Grädigkeit. Dass auf derartige Produkte dann auch die Alkopopsteuer anfällt, wolle man in Kauf nehmen, heißt es aus Hamburg.
Wie stark sich die Kategorie inzwischen am Markt durchsetzt, zeigt nicht zuletzt das Interesse der Fraktion „Preiseinstieg“. Laut Erhebungen von IRI ist der Harddiscount derzeit die Absatzstätte mit dem bei weitem stärksten Wachstum: Der Absatz der RTDs stieg im vergangenen Jahr bei Aldi, Lidl und Norma um 133 Prozent. Inzwischen werden dort gut 6,6 Millionen Liter verkauft, was bezogen auf den gesamten LEH einem Marktanteil von 28 Prozent entspricht. Die RTDs sind also längst überall und für jeden verfügbar.