Laut aktuellen Prognosen aus Brasilien, dem weltweit größten Produzenten von Orangensaft und mit 80 Prozent Weltmarktanteil auch der wichtigste EU-Lieferant, wird die kommende Orangenernte die schlechteste seit 36 Jahren. Experten rechnen mit 25 Prozent weniger Erntemenge. Hinzu kommen leere Lager aufgrund des kontinuierlichen Rückgangs der brasilianischen Orangenproduktion in den vergangenen Jahren. Die Verfügbarkeit von Orangensaftkonzentrat sei massiv eingeschränkt. Deshalb bleibe Orangensaft teuer und werde sich voraussichtlich weiter verteuern, teilt der Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie (VdF) heute mit.
Tatsache ist: An den Rohstoffbörsen wird Orangensaft im Vergleich zu Anfang 2022 derzeit mit bis zu 150 Prozent Aufpreis gehandelt. Eine Entspannung der Situation ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Laut VdF wird sich an der Gesamtsituation kurzfristig nichts ändern. Der notwendige Umbau der brasilianischen Citruswirtschaft koste viel Zeit und Geld.
Laut Verband werden die Preise für Orangensaft weiter steigen, da die zum Teil exponentiellen Kostensteigerungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette nicht von der Fruchtsaftbranche allein getragen werden können. Eine weitere Möglichkeit stelle die Anpassung des Produktsortiments dar, indem beispielsweise durch die Reduzierung des Fruchtsaftanteils die Produktauswahl um günstigere Alternativen erweitert werde, heißt es.
Erst Anfang Mai gab es einen umstrittenen Produkttausch beim Fruchtsafthersteller Eckes-Granini. Um die Endverbraucherpreise stabil halten zu können, hat das Unternehmen seinen Orangensaft der Marke Granini durch einen Orangennektar mit halb so viel Fruchtgehalt ersetzt. Die Verbraucherzentrale Hamburg sprach von einer Mogelpackung und monierte, es sei nicht klar und deutlich gekennzeichnet, dass das Produkt nun viel weniger Orangensaft enthalte. Der Rest werde mit Zuckerwasser aufgefüllt. Mehrere Medien hatten darüber berichtet.
Hintergrund:
Grund für den fortschreitenden Rückgang der Orangen-Erntemengen ist der Klimawandel. Seit Jahren sind die brasilianischen Anbaugebiete vom sogenannten El-Niño-Phänomen betroffen. Dabei beeinflussen ungewöhnlich warme Meerestemperaturen im Pazifik die globalen Wettermuster und führen zu extremen Wetterereignissen. In der aktuellen Saison führte die Kombination aus hohen Temperaturen und einem starken Wassermangel während der entscheidenden Blütezeit zu einer wesentlich geringeren Anzahl von Früchten pro Baum. Insgesamt sind die Ernten seit 2020 rückläufig und liegen unter dem 10-Jahres-Schnitt.
Hinzu kommt das Citrus Greening, eine Krankheit, die zum Absterben der Orangenbäume führt. Zwischen 40 und 80 Prozent der Bäume im brasilianischen Anbaugebiet sind bereits befallen.