Mit einem umfassenden Markenrelaunch schlägt die traditionsreiche Heidelberger Brauerei unter ihrem neuen Eigentümer ein völlig neues Kapitel auf. Die Welde Braumanufaktur aus dem benachbarten Plankstadt hat die traditionsreiche Brauerei übernommen und stellt klare Weichen für die Zukunft: „Wir wollen ein Bier für die Heidelberger Stadtgesellschaft brauen – authentisch, regional und qualitativ hochwertig“, betont der neue Inhaber und Welde-Chef Max Spielmann gegenüber Getränke News.
Erste Gespräche auf dem Bierfest
Bereits im September 2023 hatte sich die Übernahme der Heidelberger Brauerei angedeutet. Auf einem Bierfest gab es erste Gespräche zwischen Spielmann und dem damaligen Eigentümer Michael Mack. „Es war eine Entscheidung mit Herz und Kopf zugleich“, schildert Spielmann die Gründe für den Kauf der Heidelberger Brauerei. „Natürlich musste das Ganze betriebswirtschaftlich Sinn ergeben. Gleichzeitig war es für mich emotional wichtig, diese Marke für Heidelberg zu erhalten.“ Als gebürtiger Heidelberger fühlt er eine persönliche Verantwortung gegenüber der Stadt und der Region. „Ich habe in Heidelberg jahrelang Hockey gespielt, mein Freundeskreis lebt in der Stadt. Die Vorstellung, dass die Marke Heidelberger verschwinden könnte, hätte mir wehgetan.“ Strategisch war ihm klar: Wenn ein anderer die Brauerei übernimmt, könnten auch Welde Marktanteile in Heidelberg verloren gehen.
Vertrauen statt Konkurrenz
Als Spielmann 2017 in der Welde Brauerei anfing, war er verwundert über die distanzierte Beziehung zu den Nachbarbrauereien Eichbaum und Heidelberger. „Es herrschte fast Feindseligkeit, man gönnte sich nichts und sprach kaum miteinander. Das war für mich fremd, ich kannte bislang unter Brauern eher ein kollegiales Miteinander. Also suchte ich damals ganz bewusst das Gespräch mit den beiden Nachbarbrauereien“, erinnert er sich. Daraus sei über die Jahre ein echtes Vertrauensverhältnis entstanden, das schließlich auch den Weg zur Übernahme der Heidelberger Brauerei ebnete.
Der damaligen Inhaber Michael Mack und Max Spielmann hatten eine gemeinsame Vision: „Uns beiden war wichtig, dass sich Heidelberger deutlich verändert.“ Der Begriff „Schlossquell-Schlossqual“ habe in Heidelberg sinnbildlich für das Imageproblem der Marke gestanden. Die Biere seien zwar qualitativ nicht schlecht gewesen, doch hatten sie über die Jahre hinweg durch unterschiedliche Braumeister kein konstantes Geschmacksprofil. „Das hat die Verbraucher verunsichert. Im Handel kam die Marke nie richtig in die Spur. Also haben wir beschlossen, beim Brauen einen echten Cut zu machen, eine 180-Grad-Wende.“
Investitionen in Technik und Geschmack
Nachdem im Frühjahr 2024 der Kauf offiziell vollzogen wurde, leitete Spielmann eine umfangreiche Qualitäts- und Technikoffensive ein. Mehr als zwei Millionen Euro flossen in Modernisierung, Qualitätsmanagement und die Einführung neuer Technologien. Die Rezepturen der Biere wurden komplett neu entwickelt. Wesentliche Veränderungen gab es bei der Rohstoffauswahl: „Unsere sogenannte Aromahopfen-Offensive hat den Geschmack der Biere entscheidend verbessert“, erläutert Spielmann.
Hochwertiger Aromahopfen und eine neue Reinzuchthefe sorgen nun für elegante, feine Hopfennoten, die das Geschmacksprofil der Biere neu definieren. „Wir haben dabei keine Kompromisse gemacht und bei der Rezeptentwicklung insgesamt 300.000 Liter Bier entsorgt, weil sie qualitativ nicht unseren neuen Maßstäben entsprachen“, so Spielmann. „Wir wollten kompromisslos auf ein neues Niveau kommen – und dazu gehört eben auch, sich von alten Rezepturen zu verabschieden, wenn sie nicht mehr zur neuen Ausrichtung passen.“
Qualitätskontrolle neu organisiert
Zentraler Bestandteil der technologischen Neuerungen ist das moderne Sudwerk der Heidelberger Brauerei, insbesondere der externe Hopfenkocher „Boreas“. Er bindet den Hopfen sanft ein und sorgt so für besonders ausbalancierte, nuancenreiche Geschmacksprofile. Auch die Qualitätskontrolle wurde komplett neu organisiert. Da die Heidelberger Brauerei zuvor über ein in seiner Ausstattung sehr begrenztes Labor verfügte, übernahmen externe Institute die Analysen. Heute nutzt die Brauerei zur Qualitätssicherung die Laborkapazitäten der Welde Braumanufaktur.
Spielmann betont besonders die Rolle der Mitarbeiter: „Entscheidend waren nicht nur Investitionen in Technik, sondern vor allem in Menschen. Wir haben das Team intensiv geschult, hochqualifizierte Kräfte eingestellt und das Qualitätsmanagement komplett neu aufgebaut.“ Die Mitarbeiter hätten überwiegend positiv auf die Veränderungen reagiert. Vor der Übernahme seien viele verunsichert gewesen und hätten sich gefragt, wie es mit der Heidelberger Brauerei weitergeht, weil der ehemalige Chef damals bereits 70 war und die Nachfolge unklar. „Jetzt wissen sie: Es geht weiter, und es bewegt sich was.“ Das Team sei hochmotiviert. „Wir haben keine Stellen abgebaut, nur zwei Personen sind aus privaten Gründen gegangen. Alle anderen sind an Bord geblieben“, so Spielmann.
Parallel zur Qualitäts- und Technikoffensive wurde die Marke selbst gründlich erneuert. Ein kräftiges Rot prägt nun den Auftritt der Marke – inspiriert von historischen Bierkästen aus den 1950er Jahren. Das neue Logo greift das Brückentor der Alten Brücke auf und symbolisiert die enge Verbindung zur Stadt Heidelberg. „We love HD“ lautet der Slogan, der die emotionale Bindung zur Stadtgesellschaft ausdrücken soll. „Unser Bier soll für alle Heidelberger sein. Ob im Handel, in der Gastronomie oder auf Veranstaltungen: Heidelberger Bier gehört zur Stadt“, unterstreicht Spielmann.
Wertigkeit statt Preiskampf
Die neuen Heidelberger Biere sind bereits im Handel. Spielmann erklärt die strategische Ausrichtung klar: „Wir setzen nicht auf aggressive Preisstrategien, sondern auf Wertigkeit und Genuss. Unser Ziel ist es, regional stark und nachhaltig präsent zu sein. Sollten wir überregional oder sogar international Erfolg haben, wäre das großartig, aber nicht unser primäres Ziel.“
Langfristig plant Spielmann zudem, saisonale Spezialitäten wieder einzuführen. Um die Heidelberger von den neuen Bieren zu überzeugen, plant die Brauerei ein besonderes Highlight: Demnächst gibt es an mehreren Samstagen Freibier für alle Heidelberger in einem Zeitfenster von jeweils 4 Stunden. „Wer dann zu uns in die Brauerei kommt und in dessen Ausweis eine Heidelberger Meldeadresse steht, bekommt einen Kasten Heidelberger Bier gratis in den Kofferraum“, verrät Spielmann gegenüber Getränke News. Los geht es am 7. Juni zwischen 10 und 14 Uhr.
Auch wenn die Heidelberger Brauerei nun Teil der Welde Braumanufaktur ist, betont Spielmann, dass die Marke ihre Eigenständigkeit behalten wird. Standort und Team der Brauerei bleiben vorerst vollständig erhalten. Für die Zukunft sieht der engagierte Brauereichef ein klares Ziel: „Wir wollen Heidelberger Bier als festen Bestandteil der städtischen Identität etablieren und dauerhaft dafür sorgen, dass die Heidelberger auf ihr Bier stolz sein können.“