Mit einer neuen Werbekampagne will König Pilsener nach eigenen Angaben wieder mehr Leichtigkeit in die Bierwerbung bringen. Die jüngste Kampagne, die heute mit einem TV-Spot Premiere feiert, soll den altbekannten Claim „Heute ein König“ neu interpretieren. „Es geht um Haltung, Mut und Selbstbestimmtheit“, sagt Christoph Weber, Marketing-Direktor der Bitburger Braugruppe. Doch so mutig die Kampagne in ihrer Botschaft auch wirken mag, die Umsetzung wirft Fragen auf. Anstatt das Premium-Image zu unterstreichen, das König Pilsener über Jahrzehnte hinweg mühsam aufgebaut hat, erinnert die aktuelle Kampagne – insbesondere bei den Printmotiven – eher an die Astra-Werbung, die bewusst auf den rauen Charme von Understatement und Rebellion setzt.
Blickt man auf die Historie der König-Werbung zurück, ist die aktuelle Ausrichtung ein Bruch mit den Werten, die die Marke einst zum Marktführer im Premium-Segment machten. Schon 1968 ging König neue Wege, als die Brauerei mit der ikonischen Kampagne der „König-Treuen“ Maßstäbe setzte. Authentische Brauer in Lederschürzen vermittelten das Bild eines Bieres, das für höchste Qualität steht. In den 1970er-Jahren definierte König die Premium-Bierkategorie mit der selbstbewussten Headline: „In Deutschland gibt es 6000 Biere. Und König-Pilsener.“ Es war der Stolz einer Marke, die sich als König der deutschen Biere positionierte und auf Qualität und Exklusivität setzte.
Der Wechsel zum Lifestyle-Ansatz, der in den 1980er- und 1990er-Jahren zunehmend Fahrt aufnahm, führte König Pilsener in eine andere Richtung. Unter dem Claim „Das königliche Vergnügen“ wurden Paare und glückliche Momente in den Mittelpunkt gestellt, wobei das Premium-Image nie verloren ging. Auch die Kampagne „Heute ein König“, die 1993 eingeführt wurde, vermittelte ein Gefühl von Stolz und Eleganz. Das Bier wurde als Begleiter für besondere Momente inszeniert – ein Statussymbol für Konsumenten, die mehr wollten als nur ein Getränk.
Später sorgten Testimonials wie Boris Becker oder Til Schweiger für Aufmerksamkeit. Die Taktung neuer Kampagnen hatte zur damaligen Zeit kräftig Fahrt aufgenommen. Dass dabei 2010 sogar Gartenzwerge Unterstützungsarbeit leisten sollten, mag manchen zum Schmunzeln gebracht haben. Für andere waren es Beispiele kommunikativer Ausweglosigkeit, um am Point of Sale den Vkf-Turbo zu zünden. In den letzten Jahren wurde auch immer wieder am Markenzeichen „herumgeschraubt“. 2017 feierte man die Rückkehr des traditionellen Markenankers sogar als Errungenschaft. Und in jüngster Vergangenheit lassen die Gläser sogar den angestammten Pilsener-Schriftzug vermissen – König sollte alleine wirken.
Statt sich bei der neuen Kampagne jedoch auf den erfolgreichen Markenkern von König Pilsener zu besinnen, weicht die Werbung erneut vom Premium-Kurs ab. Drei Spots zeigen Protagonisten in alltäglichen, aber überraschenden Situationen – das ist in der Werbelandschaft nichts Neues. Die neue Werbung erinnert zudem stark an den Stil, den Astra Bier seit Jahren erfolgreich pflegt. König Pilsener scheint sich hier in eine breitere, weniger profilierte Positionierung zu verirren. Das Resultat: Eine Verwässerung des einstigen Premium-Images, das nun einer austauschbaren und fast provinziellen Tonalität Platz macht.
Doch was bedeutet das für die Marke? Kann König Pilsener mit dieser Kampagne wirklich neue Konsumenten ansprechen, ohne die langjährigen Kunden zu verlieren? Experten sind sich einig: In Zeiten, in denen der Biermarkt immer gesättigter und umkämpfter wird, könnte diese Neuausrichtung der Marke mehr schaden als nutzen. König riskiert mit dieser Kampagne, sein Erbe zu verwässern. Ein Premium-Bier braucht nicht nur Haltung, Mut und Selbstbestimmung wie es die neue Kampagne deutlich zeigen will, eine Premium-Marke braucht auch eine klare Identität. Die Frage ist, ob König Pilsener mit dieser Kampagne wirklich das verkörpert, was es einst ausmachte: den Anspruch, „König der Biere“ zu sein.