„Kein gezapftes Bier mehr“: Im März 2020 hatte Prof. Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité, mit dieser Warnung für Aufregung gesorgt: Wegen der Corona-Pandemie sollten Gäste in der Gastronomie grundsätzlich nicht mehr aus Gläsern trinken. „Wenn ich in eine Kneipe gehe, bestelle ich seit vielen Jahren immer Bier aus der Flasche. Denn die Biergläser werden – das wissen wir alle – mal durchs Wasser gezogen, aber wie viel Spülmittel da noch drin ist, das möchte man gar nicht so genau hinterfragen. Über diesen Weg wird mit Sicherheit das Virus übertragen“, sagte Drosten dem NDR. Eine Aussage, die weite Kreise zog und viele Verbraucher und Gastronomen massiv verunsicherte. Auch die Kontrollbehörden der Bundesländer reagierten und verschärften ihre Vorgaben, so dass die Gläserreinigung durch herkömmliche Spülverfahren teilweise bis heute eingeschränkt wurde.
Nun stellt sich heraus: Die Warnung war unbegründet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine Studie veröffentlicht, die eingehend untersuchte, ob ein Übertragungsweg von Corona-Viren über Gläser, die mit herkömmlichen Spülverfahren bei einer Temperatur von 60°C gereinigt wurden, möglich ist. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Viren ohne Behandlung zwar über einen längeren Zeitraum auf Gläsern und Geschirr stabil sind, aber durch warmes Wasser und handelsübliche Spülmittel ausreichend inaktiviert werden, so dass eine Ansteckungsgefahr nicht mehr gegeben ist. Im Zuge der Überarbeitung der DIN 6653-3 „Anforderungen an manuelle Gläserspülgeräte mit räumlich getrennter Vorspülung und Nachspülung“ wurden Vorversuche durchgeführt, und auch hier wurden relativ hohe Dekontaminationsraten ermittelt. Die Studie des BfR wurde im wissenschaftlichen Fachjournal „Food Microbiology“ veröffentlicht.
Coronaviren durch Alkohole und Tenside unschädlich
Für die Untersuchungen wurde das dem Sars-CoV-2 verwandte humane Coronavirus 229E, das beim Menschen zu milden Atemwegserkrankungen führen kann und oft als Modellvirus für humane Coronaviren eingesetzt wird, verwendet. Die Ergebnisse zeigen laut BfR, dass Coronaviren nach dem Trocknen auf Glas für Tage bis Wochen infektiös bleiben können. Dabei hat die Lichteinwirkung einen großen Einfluss. Bei Lagerung bei Tageslicht konnten infektiöse Coronaviren bis zu sieben Tage und bei Dunkelheit bis zu 21 Tage nachgewiesen werden. Als behüllte Viren, deren Erbgut von einer Fettschicht umgeben ist, reagieren Coronaviren aber empfindlich auf fettlösende Substanzen wie Alkohole und Tenside, die als Fettlöser in Seifen und Geschirrspülmitteln enthalten sind.
Die Untersuchungen des BfR zeigten, dass die meisten handelsüblichen Spülmittel Coronaviren in Spülwasser mit einer Temperatur von 23 Grad Celsius innerhalb von 15 Sekunden ausreichend inaktivieren. Lediglich bei einem Spülmittel mit einem geringeren Gesamtgehalt an Tensiden war dafür eine höhere Temperatur von 43 Grad Celsius und eine längere Einwirkzeit von 60 Sekunden nötig. „Mit einem manuellen Gläserspülgerät nach DIN 6653-3 konnten Coronaviren auch bei der Verwendung kalten Wassers effektiv von den Gläsern entfernt werden“, so das BfR.
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass sich sowohl beim Handspülen als auch bei der Nutzung manueller Gläserspülgeräte Coronaviren ausreichend von Trinkgläsern entfernen lassen. Voraussetzung dafür ist das ordnungsgemäße Spülen, insbesondere ein ausreichend häufiger Wasserwechsel, die Verwendung der vom Hersteller empfohlenen Spülmittelkonzentrationen und eine ausreichende Schmutzbeseitigung im Becken. Das Resultat der Studie bestätigt auch die zuvor getätigte Aussage des Bundesinstituts für Risikobewertung, dass bisher weltweit keine Übertragung von Coronaviren durch Gläser oder Geschirr beobachtet werden konnte.