Das Bundeskartellamt hat heute die Übernahme des Online-Getränkelieferdienstes Flaschenpost durch die Radeberger-Gruppe des Dr. Oetker-Konzerns freigegeben. Der Zusammenschluss führe nicht zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs, heißt es. „Beim Einzelhandel mit alkoholischen und alkoholfreien Getränken kommen die Radeberger-Gruppe und Flaschenpost auch gemeinsam nur auf unbedenkliche Marktanteile“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Auf die Zusammenschlussbeteiligten würden im gesamten Bereich der Getränkelieferdienste in Deutschland lediglich ein Marktanteil von deutlich unter fünf Prozent fallen. Insoweit habe die Stärkung eines Online-Getränkezustelldienstes über die Beteiligung eines großen Getränkeherstellers im Wettbewerb zu den LEH-Unternehmen auch positive Aspekte.
Selbst bei gesonderter Betrachtung von Getränkelieferdiensten in bestimmten großstädtischen Räumen (Berlin, Münster, Düsseldorf, Köln) würden die zahlreichen Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel und im Getränkeeinzelhandel hinreichenden Wettbewerbsdruck ausüben. „Kunden von Online-Getränkediensten werden auch künftig ausreichende Wechselmöglichkeiten haben“, so Mundt. Wettbewerblich positiv zu bewerten sei außerdem die Tatsache, dass Radeberger mit dem Lieferdienst einen zusätzlichen direkten Zugang zum Endkunden erlange und damit die Abhängigkeit vom Vertrieb über die großen Lebensmitteleinzelhandelsketten verringere.
Regional wenig Überschneidungen
Regional habe es zwischen den beiden Unternehmen bislang wenig Überschneidungen der wirtschaftlichen Aktivitäten gegeben. Bisher habe die Radeberger-Gruppe nur in Berlin einen eigenen Online-Vertrieb gehabt, während Flaschenpost dort praktisch nicht tätig gewesen sei. Dagegen sei die Radeberger Gruppe in den Gebieten, die Flaschenpost schwerpunktmäßig beliefere, allenfalls mit einzelnen Getränkeabholmärkten vertreten. In diesen Gebieten gebe es zahlreiche andere Getränkemärkte und auch weitere stationäre und online-basierte Getränkelieferdienste. Insbesondere gebe es spezielle Online-Plattformen für Getränkelieferungen, die die Technologie bereitstellen, damit auch herkömmliche Getränkehändler Reichweite im Internet erlangen und ihren Getränkelieferdienst online abwickeln könnten, so das Kartellamt.
Anfang November hatte der Bielfelder Oetker-Konzern die geplante Übernahme des 2016 gegründeten Start-ups Flaschenpost bekanntgegeben. Für Schlagzeilen sorgte der kolportierte Kaufpreis von einer Milliarde Euro. Laut Recherchen von Getränke News dürfte dieser jedoch deutlich niedriger gewesen sein (wir berichteten).
Über den Oetker-Konzern
Der Dr. Oetker-Konzern mit einem weltweiten Umsatz von 7,4 Milliarden Euro verfügt mit der Radeberger-Gruppe über eine große deutsche Brauereigruppe und mit Henkell/Freixenet über einen sehr bedeutenden Produzenten von Schaumwein. Zudem ist die Radeberger-Gruppe der größte vom Lebensmitteleinzelhandel unabhängige Betreiber von Getränkeabholmärkten; sie betreibt mehr als 500 Getränkeabholmärkte (insb. Getränke Hoffmann und Lippert-Gruppe) und den eigenen Online-Getränkelieferdienst Durstexpress.
Über Flaschenpost
Flaschenpost wurde 2016 von Dieter Büchel gemeinsam mit Dr. Stephen Weich, Niklas Plath und Christopher Huesmann im westfälischen Münster gegründet. Büchel ging mit seiner Idee des Getränkelieferdienstes jedoch bereits 2014 an den Start. Mit Erfolg: Das Start-up erhielt derart viele Aufträge, dass es mit der Auslieferung nicht mehr nachkam und damit die Kunden verärgerte. Büchel zog die Reißleine und analysierte die Fehler.
2016 dann der zweite Versuch mit Flaschenpost. Das Unternehmen wurde schnell über die Stadtgrenzen Münsters hinaus bekannt. Um weiter zu expandieren, zogen die Gründer immer mehr Investoren an Land. Frisches Kapital erhielt das Unternehmen zuletzt aus New York. 50 Millionen Euro investierte VC Tiger Global im März 2019 in den Lieferdienst, um das Wachstum voranzutreiben. Heute beliefert Flaschenpost von 23 Lagerstandorten aus mit rund 1.300 Fahrzeugen und 7.000 Mitarbeitern rund 150 Städte in Deutschland. Der Jahresumsatz soll bei über 200 Millionen Euro liegen.