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Kalorien bald auf Spirituosen-Etiketten?
Lebensmittelkennzeichnung

Kalorien bald auf Spirituosen-Etiketten?

Konsumenten wünschen sich mehr Transparenz, was die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln angeht. Während jedoch die EU-weit geltende Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) die Hersteller von Speisen und Getränken seit über vier Jahren verpflichtet, Kalorien und Nährstoffe (wie Zucker, Salz und Fett) auf die Etiketten zu drucken, sucht man beim Alkohol diese Angaben meist noch vergebens. Alkoholische Getränke sind nämlich von dieser Vorschrift bislang ausgenommen. 

Bereits 2017 sah die EU-Kommission für den Sonderfall allerdings keinen Grund mehr – und sie forderte europaweit die Hersteller auf, eine freiwillige Selbstverpflichtung für eine umfassende Kennzeichnung zu erarbeiten – verbunden mit der Drohung, anderenfalls gesetzgeberisch tätig zu werden.

Jetzt also kommt Bewegung in das Thema: Nach den deutschen Brauern, die sich zu Jahresbeginn bereits zur Kennzeichnung der Kalorien auf dem Etikett verpflichteten, zeigt sich nun auch die Spirituosenindustrie für Veränderungen aufgeschlossen: Hierzulande von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, hat die Branche auf EU-Ebene über ihren Dachverband Spirits Europe bereits Anfang Juni eine Selbstverpflichtung, das so genannte „Memorandum of Understanding“ (MoU), unterzeichnet und dem zuständigen EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis übergeben. 

EU-weit breiten Konsens erzielt

Obwohl nicht alle nationalen Verbände und Mitgliedsunternehmen ihre Unterschrift unter das Papier setzten, habe man „einen breiten Konsens“ erzielt, unterstreicht Verbandschef Ulrich Adam auf Anfrage von Getränke News. Laut einer Meldung von Spirits Europe geht es weit über die Zugeständnisse hinaus, die die Branche im März 2018 gemeinschaftlich mit Brauern und Weinerzeugern ausgearbeitet hatte.

Insgesamt sehe das Memorandum „einen hochdynamischen und ehrgeizigen Roll-Out-Plan“ vor. Dabei unterscheidet das Dokument ganz klar zwischen der Veröffentlichung „on label“ und „off label“. Auf dem Etikett sollen lediglich die Kalorien angegeben werden; wer die Nährwerte von Spirituosen erfahren möchte, wird auf eine entsprechende Webseite verwiesen.

Selbstverpflichtung unterzeichnet
So oder ähnlich könnte die Kennzeichnung aussehen (Quelle: Diageo)

Konkret soll bis Ende 2020 jede vierte Flasche, die auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht wird, den Brennwert – für 100 Milliliter und pro Portion von 30 Millitern – auf dem Etikett tragen; bis Ende 2022 sollen es zwei Drittel sein. Online stellt die Branche auf ihrem gemeinsamen Webportal responsibledrinking.eu überdies Nährwertangaben und Zutaten bereit. Verantwortlich hierfür ist wiederum der europäische Verband, der darüber hinaus dafür sorgen will, dass die Daten bis 2022 auch über einen QR-Code angesteuert werden können. Laut dem Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) sollen hierzulande noch 2019 diese Verbraucherinformationen auf Deutsch bereitgestellt werden. 

Das MoU selbst wurde allerdings vom BSI nicht unterschrieben, wie Angelika Wiesgen-Pick einräumt. Der Verband habe aber festgehalten, „dass 30 Prozent nach Menge der Firmen, die ausschließlich Importware nach Deutschland verbringen, eine freiwillige Kennzeichnung bis 2022 aufbringen werden“, so die BSI-Geschäftsführerin.

Im Detail geteilte Ansichten

Trotz der prinzipiellen Übereinstimmung, dass mehr Transparenz wünschenswert ist, gehen im Detail auch die Ansichten der verschiedenen Unternehmen hierzulande auseinander. Bei dem Thema ganz vorne ist Diageo Germany, die lange vor dem Memorandum bereits einen eigenen Vorstoß machten: Schon 2016 begann das Unternehmen, Nährwerte auf die Etiketten von Johnnie Walker zu drucken und führte dies über alle Marken und Märkte weltweit fort. 

Wichtig ist dem Konzern dabei, die Informationen pro Portion anzugeben anstatt für 100 Milliliter, betont Pressesprecherin Karin Dietrich gegenüber Getränke News. Die große Menge sei „nicht an das Konsumverhalten der Menschen angepasst und bestärkt den Mythos, dass einige Kategorien mehr Kalorien oder Alkohol enthalten als andere“. Wie in dem europäischen Memorandum vorgesehen, stellt Diageo seine Zutatenlisten online unter drinkiq.com zur Verfügung.

Ebenso wie Diageo hat Pernod Ricard das Papier unterzeichnet und wird, beginnend mit den Kernmarken, die Kalorienangaben nach und nach auf die Etiketten bringen. Auch Beam Suntory hat angekündigt, diese Informationen zum Jahresende auf den Labels auszuweisen; die kompletten Nährwerte stelle man wie bisher auf der eigenen Webseite drinksmart.com zur Verfügung.

Könnte auch „in die Irre führen“

Zurückhaltender gibt sich etwa Jägermeister. „Wir begrüßen, dass es jetzt europaweit einen Konsens gibt“, unterstreicht Pressesprecher Andreas Lehmann, der bezüglich der Nährwerte auf die generischen Daten bei responsibledrinking.eu verweist. Was das Etikett angeht, ist man in Wolfenbüttel noch in der Meinungsfindung. Man prüfe alle Möglichkeiten, so Lehmann.

Auch bei Rotkäppchen-Mumm will man erst einmal abwarten. Man orientiere sich an der Verbandspolitik, erklärt Unternehmenssprecher Ulrich Ehmann, und warte auf die Entscheidung des BSI. Einige Bedenken hat indessen Thorsten Schmitt, Sprecher der Berentzen-Gruppe, die nicht im BSI organisiert ist. 

Dass der aufgeklärte Verbraucher immer mehr Transparenz wolle, sei zwar zu begrüßen, meint er, fürchtet aber zugleich, dass Kalorien auf dem Etikett Konsumenten auch „in die Irre führen“ könnten: Möglicherweise könnte der eine oder andere annehmen, er sei beim Alkoholkonsum schon „auf der sicheren Seite“, wenn er seinen Drink in die tägliche Kalorienplanung einbeziehe. 

Zudem befürchtet man bei Berentzen, die EU könne als nächsten Schritt auch eine Veröffentlichung der Zutatenliste fordern – und das sei wegen des Rezepturgeheimnisses ein Problem. Gleichwohl will auch Schmitt die Pläne nicht „total ablehnen“. Im Sinne einer am Ende einheitlichen Linie wolle man aber die Pilotphase abwarten und schauen, wie die Projekte der großen Unternehmen laufen.

Gerade bei den internationalen Konzernen sieht man sich vielfach stark in der Pflicht, sicherlich nicht zuletzt, da die Regeln in anderen Märkten schon längst deutlich strenger sind als hierzulande. So zeigt sich Karin Dietrich von Diageo überzeugt, „dass die Spirituosenindustrie eine entscheidende Rolle dabei spielt, Lösungen für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu liefern“. Nur freiwillige Initiativen ermöglichten eben „das nötige Maß an Flexibilität, um Lösungen zu entwickeln, die genau mit den Bedürfnissen unserer Kunden in den verschiedenen Märkten abgestimmt sind“.

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Kalorien bald auf Spirituosen-Etiketten?
Lebensmittelkennzeichnung

Kalorien bald auf Spirituosen-Etiketten?

Konsumenten wünschen sich mehr Transparenz, was die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln angeht. Während jedoch die EU-weit geltende Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) die Hersteller von Speisen und Getränken seit über vier Jahren verpflichtet, Kalorien und Nährstoffe (wie Zucker, Salz und Fett) auf die Etiketten zu drucken, sucht man beim Alkohol diese Angaben meist noch vergebens. Alkoholische Getränke sind nämlich von dieser Vorschrift bislang ausgenommen. 

Bereits 2017 sah die EU-Kommission für den Sonderfall allerdings keinen Grund mehr – und sie forderte europaweit die Hersteller auf, eine freiwillige Selbstverpflichtung für eine umfassende Kennzeichnung zu erarbeiten – verbunden mit der Drohung, anderenfalls gesetzgeberisch tätig zu werden.

Jetzt also kommt Bewegung in das Thema: Nach den deutschen Brauern, die sich zu Jahresbeginn bereits zur Kennzeichnung der Kalorien auf dem Etikett verpflichteten, zeigt sich nun auch die Spirituosenindustrie für Veränderungen aufgeschlossen: Hierzulande von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, hat die Branche auf EU-Ebene über ihren Dachverband Spirits Europe bereits Anfang Juni eine Selbstverpflichtung, das so genannte „Memorandum of Understanding“ (MoU), unterzeichnet und dem zuständigen EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis übergeben. 

EU-weit breiten Konsens erzielt

Obwohl nicht alle nationalen Verbände und Mitgliedsunternehmen ihre Unterschrift unter das Papier setzten, habe man „einen breiten Konsens“ erzielt, unterstreicht Verbandschef Ulrich Adam auf Anfrage von Getränke News. Laut einer Meldung von Spirits Europe geht es weit über die Zugeständnisse hinaus, die die Branche im März 2018 gemeinschaftlich mit Brauern und Weinerzeugern ausgearbeitet hatte.

Insgesamt sehe das Memorandum „einen hochdynamischen und ehrgeizigen Roll-Out-Plan“ vor. Dabei unterscheidet das Dokument ganz klar zwischen der Veröffentlichung „on label“ und „off label“. Auf dem Etikett sollen lediglich die Kalorien angegeben werden; wer die Nährwerte von Spirituosen erfahren möchte, wird auf eine entsprechende Webseite verwiesen.

Selbstverpflichtung unterzeichnet
So oder ähnlich könnte die Kennzeichnung aussehen (Quelle: Diageo)

Konkret soll bis Ende 2020 jede vierte Flasche, die auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht wird, den Brennwert – für 100 Milliliter und pro Portion von 30 Millitern – auf dem Etikett tragen; bis Ende 2022 sollen es zwei Drittel sein. Online stellt die Branche auf ihrem gemeinsamen Webportal responsibledrinking.eu überdies Nährwertangaben und Zutaten bereit. Verantwortlich hierfür ist wiederum der europäische Verband, der darüber hinaus dafür sorgen will, dass die Daten bis 2022 auch über einen QR-Code angesteuert werden können. Laut dem Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) sollen hierzulande noch 2019 diese Verbraucherinformationen auf Deutsch bereitgestellt werden. 

Das MoU selbst wurde allerdings vom BSI nicht unterschrieben, wie Angelika Wiesgen-Pick einräumt. Der Verband habe aber festgehalten, „dass 30 Prozent nach Menge der Firmen, die ausschließlich Importware nach Deutschland verbringen, eine freiwillige Kennzeichnung bis 2022 aufbringen werden“, so die BSI-Geschäftsführerin.

Im Detail geteilte Ansichten

Trotz der prinzipiellen Übereinstimmung, dass mehr Transparenz wünschenswert ist, gehen im Detail auch die Ansichten der verschiedenen Unternehmen hierzulande auseinander. Bei dem Thema ganz vorne ist Diageo Germany, die lange vor dem Memorandum bereits einen eigenen Vorstoß machten: Schon 2016 begann das Unternehmen, Nährwerte auf die Etiketten von Johnnie Walker zu drucken und führte dies über alle Marken und Märkte weltweit fort. 

Wichtig ist dem Konzern dabei, die Informationen pro Portion anzugeben anstatt für 100 Milliliter, betont Pressesprecherin Karin Dietrich gegenüber Getränke News. Die große Menge sei „nicht an das Konsumverhalten der Menschen angepasst und bestärkt den Mythos, dass einige Kategorien mehr Kalorien oder Alkohol enthalten als andere“. Wie in dem europäischen Memorandum vorgesehen, stellt Diageo seine Zutatenlisten online unter drinkiq.com zur Verfügung.

Ebenso wie Diageo hat Pernod Ricard das Papier unterzeichnet und wird, beginnend mit den Kernmarken, die Kalorienangaben nach und nach auf die Etiketten bringen. Auch Beam Suntory hat angekündigt, diese Informationen zum Jahresende auf den Labels auszuweisen; die kompletten Nährwerte stelle man wie bisher auf der eigenen Webseite drinksmart.com zur Verfügung.

Könnte auch „in die Irre führen“

Zurückhaltender gibt sich etwa Jägermeister. „Wir begrüßen, dass es jetzt europaweit einen Konsens gibt“, unterstreicht Pressesprecher Andreas Lehmann, der bezüglich der Nährwerte auf die generischen Daten bei responsibledrinking.eu verweist. Was das Etikett angeht, ist man in Wolfenbüttel noch in der Meinungsfindung. Man prüfe alle Möglichkeiten, so Lehmann.

Auch bei Rotkäppchen-Mumm will man erst einmal abwarten. Man orientiere sich an der Verbandspolitik, erklärt Unternehmenssprecher Ulrich Ehmann, und warte auf die Entscheidung des BSI. Einige Bedenken hat indessen Thorsten Schmitt, Sprecher der Berentzen-Gruppe, die nicht im BSI organisiert ist. 

Dass der aufgeklärte Verbraucher immer mehr Transparenz wolle, sei zwar zu begrüßen, meint er, fürchtet aber zugleich, dass Kalorien auf dem Etikett Konsumenten auch „in die Irre führen“ könnten: Möglicherweise könnte der eine oder andere annehmen, er sei beim Alkoholkonsum schon „auf der sicheren Seite“, wenn er seinen Drink in die tägliche Kalorienplanung einbeziehe. 

Zudem befürchtet man bei Berentzen, die EU könne als nächsten Schritt auch eine Veröffentlichung der Zutatenliste fordern – und das sei wegen des Rezepturgeheimnisses ein Problem. Gleichwohl will auch Schmitt die Pläne nicht „total ablehnen“. Im Sinne einer am Ende einheitlichen Linie wolle man aber die Pilotphase abwarten und schauen, wie die Projekte der großen Unternehmen laufen.

Gerade bei den internationalen Konzernen sieht man sich vielfach stark in der Pflicht, sicherlich nicht zuletzt, da die Regeln in anderen Märkten schon längst deutlich strenger sind als hierzulande. So zeigt sich Karin Dietrich von Diageo überzeugt, „dass die Spirituosenindustrie eine entscheidende Rolle dabei spielt, Lösungen für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu liefern“. Nur freiwillige Initiativen ermöglichten eben „das nötige Maß an Flexibilität, um Lösungen zu entwickeln, die genau mit den Bedürfnissen unserer Kunden in den verschiedenen Märkten abgestimmt sind“.

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