Regionale Produkte sind gefragt, heimische Speisen und Getränke kommen beim Verbraucher gut an. Die Supermärkte vor Ort nutzen den Trend, um sich zu profilieren. Dass Regionalität auch eine Chance für neue Getränkemarken sein kann, zeigt der erfolgreiche Start der „Pfalzlimo“.
Müssen es immer die klassischen Limo- und Cola-Marken sein? Und warum gibt es noch keine Pfalzlimo? Das fragten sich Luca Stulier und Yannick Böttcher und witterten bald die Chance für ein eigenes Start-up. Aus einer Weinlaune heraus gründeten sie 2020 ihre eigene Limonadenfirma – ohne anfangs auch nur die geringste Fachkenntnis zu haben. Mittlerweile haben die Pfälzer Jungunternehmer unter der Marke „Pfalzlimo“ drei Limonadensorten auf den Markt gebracht. Insgesamt 600.000 Flaschen wurden bisher verkauft. Erhältlich ist die Pfalzlimo in 300 Supermärkten.
Von klassischem alkoholfreien Angebot enttäuscht
„Die Idee kam spontan, und der Anfang war schwieriger als gedacht“, sagt Luca Stulier rückblickend über die Firmengründung. Er und sein Schulfreund Yannick Böttcher nutzten im Sommer 2020 das Ende der ersten Corona-Ausgangssperren zu einem abendlichen Weintreff in der Landauer Innenstadt. Kurz bevor sie nach Hause gingen, wollten beide noch etwas Alkoholfreies trinken, „um runterzukommen“. Vielleicht eine leckere Limonade. Das Angebot auf der Getränkekarte sei jedoch langweilig gewesen – nur Cola & Co, das Übliche eben.
„Es gibt doch Pfälzer Wein, Pfälzer Klamotten, Pfälzer Gin und allerlei andere Artikel mit Pfalz-Label. Wie wäre es denn mit einer Pfalzlimo, haben wir uns gefragt und, beschlossen, eine Limonade mit dem Markennamen ‚Pfalzlimo‘ auf den Markt zu bringen“, erzählt Stulier; sie sollte für die Region sein und möglichst aus heimischen Zutaten bestehen.
Als Gründer noch ganz ohne Vorkenntnisse
Feuer und Flamme für ihren neuen Plan, setzten die Jungunternehmer ihr Vorhaben rasch in die Tat um und meldeten im Herbst 2020 ein Gewerbe an. Sie wollten bereits im Frühjahr 2021 mit ihrer ersten Limonadensorte an den Start gehen, um das Sommergeschäft mitzunehmen. Ein mutiger Plan, denn sie wussten damals noch gar nicht, wie Getränke überhaupt hergestellt werden. Der heute 24-jährige Stulier hat sich nach dem Abitur mit einer Online-Marketing-Agentur selbständig gemacht; Böttcher ist gelernter Einzelhandelskaufmann, arbeitete einige Zeit im Hotel Adlon in Berlin und ist Geschäftsführer eines Delikatessengeschäfts in Landau.
„Wir hatten wirklich keine Ahnung von Grundstoffbeschaffung, Lohnabfüllung, Logistik oder Handelslistungen und mussten uns alles in kürzester Zeit erarbeiten“, erinnert sich Stulier. „Marketing und Kundenansprache waren und sind für uns hingegen kein Problem, zumal uns Michael Leber in Sachen Werbung und Social-Media-Kommunikation unterstützt.“ Leber ist der dritte Mann im Unternehmen und kam kurz nach dem Markteintritt dazu. Er leitet in Mannheim eine Videoproduktionsfirma.
Geschmack soll Kindheitserinnerungen wecken
Bald war auch ein geeigneter Grundstoffhersteller gefunden, der sogar bereits verschiedene regionale Limonadenkonzepte in der Schublade hatte. Aus über zehn Geschmacksrichtungen wurde die Sorte Birne-Mirabelle ausgewählt: „Wir haben viel probiert und uns bewusst für diese Sorte entschieden. Als Limo gab es sowas noch nie und der Geschmack weckt Pfälzer Kindheitserinnerungen“, sagt Stulier. Zudem habe die Sorte mit 20 Prozent einen hohen Fruchtgehalt, wodurch die Pfalzlimo geschmacklich an eine Saftschorle erinnere.
Nach dem Inhalt musste nun eine Entscheidung über die Verpackung der Limonade getroffen werden: Welche Flaschengröße und -farbe, welches Gebinde, Einweg- oder Mehrwegsystem? „Wir entschieden uns aus Umweltschutzgründen und wegen unserer regionalen Ausrichtung spontan für das Mehrwegsystem. Wir wussten zu dieser Zeit noch nicht, welche Mammutaufgabe uns beim Leergutmanagement erwarten wird.“
Leergut-Tipps vom Profi
Durch einen glücklichen Zufall kam der Kontakt mit Wilsmann Logistik aus Edenkoben zustande. Der Ort liegt nur zwei Autobahnausfahrten vom Firmensitz entfernt. Die Firma ist spezialisiert auf Leergutmanagement – sie sortiert und tauscht deutschlandweit Leergut für die gesamte Getränkebranche, handelt mit gebrauchten Flaschen und versteht sich als Bindeglied zwischen Getränkehandel und Brauereien.
„Der Geschäftsführer war sehr hilfsbereit und hat uns viele Tipps gegeben: Er verschaffte uns den Kontakt zu einem Palettenlager, versorgte uns zu Beginn mit gebrauchten Kisten und Flaschen und machte uns mit einem Speditionsunternehmen bekannt“, erklärt Stulier. Zu dieser Zeit habe man sich dann endgültig für die 0,33-Liter-Longneck-Klarglasflasche entschieden und damit bis heute ein klares Zeichen für das Mehrwegsystem gesetzt. Jetzt musste die Limonade nur noch in die Flasche: Bis heute übernimmt ein Mineralbrunnen aus Rheinland-Pfalz die Lohnabfüllung für die Pfalzlimo.
Einkäufer mit regionalem Konzept überzeugt
Nachdem im März 2021 die Mindestbestellmenge von 30.000 Flaschen abgefüllt war und im Lager Edenkoben stand, konnte man direkt mit der Auslieferung an den Handel beginnen. Vorherige Gespräche mit dem LEH verliefen erfolgreich, die Marktleiter und Einkäufer zeigten sich aufgeschlossen gegenüber regionalen Produkten. Größter Abnehmer war anfangs Kissel aus Landau mit seinen Edeka-Kissel-SBK-Märkten.
Weitere Edeka-Märkte im nahen Umkreis folgten. Später kamen verschiedene Rewe-Niederlassungen (Rewe, Wasgau, Hit) aus der Region dazu. Heute ist die Pfalzlimo in 300 Supermärkten erhältlich, darunter auch bundesweit in einigen Großstädten, wie Hamburg, Berlin und Leipzig: „dank Edeka-Foodstarter, einer Plattform, die es ermöglicht, neue Produkte bundesweit vorzustellen“, erläutert Stulier. Allein in der Region Chemnitz sei man so in 17 Edeka-Märkten vertreten. Der Erfolg der ersten Monate ermutigte zu einer Ausweitung des Geschäfts – und bereits im Herbst desselben Jahres wurde die zweite Sorte Brombeer-Apfel gelauncht. Mit Traube-Aprikose ist seit Frühling 2022 die dritte und bisher letzte Sorte erschienen.
Akquise in Gastronomie erfordert langen Atem
Im Rückblick staunt Luca Stulier selbst über den Mut, sein Start-up ausgerechnet im ersten Corona-Jahr an den Markt zu bringen. Auch das erweist sich aber inzwischen als Glücksfall: „Im Nachhinein betrachtet war es für uns vorteilhaft, dass wegen der Pandemie die Gaststätten zu waren“, erinnert er sich. „So konnten wir uns zunächst voll auf den LEH in der Umgebung konzentrieren.“ Die Gastro-, Event- und Kulturszene habe man dann nach dem Ende der Corona-Maßnahmen Mitte 2022 so richtig in Angriff genommen. „Das geht nur mit Klinken putzen und viel Ausdauer.“
Mittlerweile bieten 70 Gastronomen die Produkte von Pfalzlimo auf ihren Getränkekarten an. Auch Getränkefachhändler in der Region sind auf die neue Marke aufmerksam geworden und empfehlen sie ihren Kunden weiter. So hat beispielsweise der Großhändler Krämer aus der Nähe von Darmstadt die Pfalzlimo gelistet. Er beliefert eine große Zahl von Gastro- und Szenebetrieben in Südhessen, der Pfalz, dem Saarland und dem nördlichen Baden-Württemberg. „So gibt es mittlerweile auch in Discos, Kinos und angesagten Kneipen in einem größeren Radius unsere Produkte“, freut sich Stulier.
Start-up auf Wachstumskurs
Um weiterzuwachsen, muss jetzt das Team vergrößert werden. Noch machen die beiden Gründer den Außendienst allein, suchen aber weitere Mitarbeiter für den Vertrieb. Im Moment sind zwei Auszubildende zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei ihnen beschäftigt; zwei Studenten fahren die bestellten Waren zu den Gastronomen und den Getränkefachhändlern.
Was ihr Verbreitungsgebiet angeht, haben Stulier und Böttcher als Nächstes die Großräume Frankfurt, Würzburg und Saarbrücken im Blick. Auch eine Sortimentserweiterung steht auf der Agenda: Ende Januar soll eine Bio-Apfelschorle das Angebot ergänzen. „Sie ist garantiert zu 100 Prozent aus Pfälzer Äpfeln hergestellt und unterstreicht unseren Anspruch nach Regionalität – nun auch im beginnenden vierten Jahr unserer Unternehmertätigkeit“, so Stulier. (neu)