Der weltberühmte Whiskey Jack Daniel’s Tennessee Whiskey steht seit Jahrzehnten im Zentrum des Geschäfts von Brown-Forman. Die Mitarbeiter nennen die Marke sogar liebevoll ihr „beating heart“. Dennoch setzt das Unternehmen nun auf eine Erweiterung des Portfolios um andere Whisky-Herkünfte. So ergänzen inzwischen die Single Malts der Benriach Distillery und die irische Marke Slane das Sortiment. Mit Marketingdirektorin Tanja Steffen sprachen wir über die Hintergründe.
Getränke News: 2019 hat Brown-Forman Deutschland erstmals schottische Whiskys ins Portfolio aufgenommen. Derzeit führen Sie eine irische Marke in Deutschland ein. Welche strategische Entscheidung steht dahinter?
Steffen: Alle wichtigen Whiskysegmente verzeichnen seit einigen Jahren ein dynamisches Wachstum, vor allem in der Premium- und Superpremium-Kategorie. Wir haben deshalb 2016 begonnen, uns breiter aufzustellen, um dieses Potenzial für uns zu nutzen.
Getränke News: Wie hat sich die Kategorie in diesem Jahr entwickelt?
Steffen: Amerikanischer Whiskey kann laut Nielsen-Marktforschung in den letzten zwölf Monaten einen Zuwachs von sechs Prozent im Umsatz verbuchen, Scotch und Irish legten sogar um zwölf und 16 Prozent zu. Dabei kaufen in Deutschland bislang nur etwa zehn Prozent der Haushalte überhaupt Whisky, deutlich weniger als beispielsweise in Großbritannien. Das Potenzial ist also riesig.
Getränke News: Gerade bei Whisky ist fachliche Expertise sehr wichtig. Wie schaffen es Ihre Kollegen in Marketing und Vertrieb, sich neben dem für sie altbekannten amerikanischen Whiskey nun auch um Whiskys anderer Herkunft zu kümmern?
Steffen: Die Expertise musste erst aufgebaut werden, es war wirklich eine Veränderung des Mindsets notwendig. Dazu hat Brown-Forman viel Zeit und Geld in Schulungen investiert. Es ist heute toll zu sehen, mit wieviel Leidenschaft unsere Teams die neuen Themen aufgenommen haben.
Getränke News: Was bedeutet die strategische Änderung für Ihre bestehenden Marken, vor allem für Ihr Flaggschiff Jack Daniel‘s?
Steffen: Jack Daniel’s Tennessee Whiskey bleibt weiterhin unsere absolute Fokusmarke oder, wie wir es ganz emotional nennen, unser „beating heart“. Mit unserer Neuaufstellung verschieben wir keineswegs die Prioritäten, vielmehr kommen die neuen Marken als weitere Säulen hinzu, ohne dass das Kerngeschäft weniger Beachtung bekäme. Im Gegenteil, wir haben auch die Ausgaben für Jack Daniel’s gesteigert. Auch personell hat sich so einiges getan: Im Rahmen der Portfolio-Erweiterung wurden bei uns 13 neue Stellen geschaffen.
Getränke News: Auch das American-Sortiment bauen Sie weiter aus: Für den Jahresbeginn 2022 haben Sie zusätzlich die Einführung eines weiteren Bourbons, der Marke „Old Forester“, angekündigt …
Steffen: Das ist für uns ein sehr emotionales Thema, weil das die Gründungsmarke von Brown-Forman ist. In den USA war sie 1870 der erste Whiskey, der in Flaschen abgefüllt wurde. Seitdem war sie dort durchgängig erhältlich; Brown-Forman erhielt eine der wenigen Lizenzen, die es während der Prohibition erlaubten, den Whiskey als medizinisches Produkt herzustellen.
Nach Deutschland kommt Old Forester jetzt erstmalig. Wir bauen für diese noch kleine Marke eine gute Startrampe, um sie in den nächsten Jahren zu einer großen Marke zu machen. Das gilt auch für Slane und Fords Gin, mit dem wir Anfang dieses Jahres die Gin-Kategorie für uns eröffnet haben.
Getränke News: Damit haben Sie innerhalb von 18 Monaten drei ganz neue Marken gelauncht – trotz Corona-Pandemie …
Steffen: Wir verfolgen eine langfristige Strategie. Dazu gehört, dass man solche Dinge trotzdem tut.
Getränke News: Wie ist Brown-Forman Deutschland bislang durch die Krise gekommen?
Steffen: Insgesamt sind wir gut durch die Krise gekommen. Über das ganze Portfolio gesehen erzielen wir zwischen 70 und 85 Prozent unseres Umsatzes im Handel. Manche Marken wie beispielsweise Woodford Reserve sind aber besonders in der Gastronomie stark. Da war es natürlich schwieriger. Zumal die Gastronomie essenziell wichtig dafür ist, unsere Marken-Geschichten zu erzählen.
Getränke News: Planen Sie, das Whiskysortiment noch weiter auszubauen?
Steffen: Zunächst konzentrieren wir uns auf die drei Newcomer. Wenn wir weiter in die Breite gehen, erfolgt dies wie immer entweder über die Weiterentwicklung unserer bestehenden Marken, über Akquisitionen oder über Kooperationen mit Unternehmen, die unsere Ideen teilen, wie bei Slane Irish Whiskey. Voraussetzung für uns ist, dass die Marken authentische Geschichten erzählen und unserem hohen Qualitätsanspruch genügen. Zudem geht es uns verstärkt um den Ausbau der Superpremium-Kategorie ab 20,- Euro, die noch deutlich stärker wächst als das Premiumsegment.
Getränke News: Wie wichtig ist der deutsche Markt für Brown-Forman insgesamt?
Steffen: Im weltweiten von den USA angeführten Ranking steht Deutschland nach Australien auf Platz drei, gehört also zu den Schlüsselmärkten. Für uns ist das sehr wertvoll, da unsere Meinung im Headquarter nicht nur gehört wird, sondern wir auch Gestaltungsspielraum haben. Zum Beispiel wurde mit unserem Premixed-Longdrink Jack Daniel’s & Berry ein von uns in Deutschland extra für den hiesigen Markt entwickeltes Produkt eingeführt.
Unsere Gesprächspartnerin
Tanja Steffen ist seit Januar 2020 Marketingdirektorin von Brown-Forman Deutschland und Tschechien. Sie trat im Juli 2016 ins Unternehmen ein und war dort zunächst als Head of Jack Daniel’s Germany tätig. In ihrer neuen Funktion berichtet sie direkt an den Geschäftsführer Yiannis Pafilis. Vor ihrer Zeit bei Brown-Forman hatte Tanja Steffen bei Unilever und Good Mills über viele Jahre unterschiedliche nationale und internationale Marketing- und Vertriebsrollen inne.
Zum Unternehmen
Brown-Forman Deutschland, Hamburg, vertreibt und vermarktet hierzulande einen Teil der Premium- und Superpremium-Spirituosen seiner 1870 in den USA gegründeten Muttergesellschaft. Hierzu zählen die American Whiskeys Jack Daniel‘s Tennessee Whiskey, Woodford Reserve und Old Forester, die Scotch Whiskys Benriach und The Glendronach sowie Slane Irish Whiskey. Hinzu kommen Fords Gin, Finlandia Vodka, die Tequilas El Jimador und Herradura sowie der Likör Chambord. Weltweit arbeiten für Brown-Forman rund 4.700 Mitarbeiter, davon etwa 160 in Deutschland. Die Marken des Konzerns werden in ca. 170 Ländern vertrieben.