Das barocke Schloss mit einem fast 100 Morgen großen Park. Der idyllische See mitten im Wald. Stallungen und ein Reitplatz, wo internationale Turniere stattfinden. Und über all dem thront die Ruine der alten Burg, deren Historie bis in das frühe 12. Jahrhundert zurückreicht. Das weitläufige Gut der Grafen von Hardenberg ist wahrhaftig ein Landsitz „wie aus dem Bilderbuch“. Nur, dass hier alles „echt“ ist – auch die Kornbrennerei, die seit drei Jahrhunderten ebenfalls zu dem eindrucksvollen Ensemble gehört.
Die einzigartige Tradition will das Unternehmen – seit 1998 firmierend als Hardenberg-Wilthen AG – jetzt noch stärker nutzen und stellt seinen Stammsitz unter dem neuen Namen „Hardenberg Distillery“ völlig neu auf. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, liefen seit Jahren bereits die Vorbereitungen – vor kurzem hat das Management „die Katze aus dem Sack“ gelassen: Nach über 300 Jahren als Kornbrennerei bietet man ab sofort unter dem Markennamen „Beverbach“ auch hochwertige Whiskys an. Dazu wurde Ende letzten Jahres eine neu gebaute Destillerie eröffnet.
Den Wandel hat die Hardenberg-Wilthen AG allerdings lange zuvor bereits eingeleitet: Bald nach der Jahrtausendwende entschloss sich das Haus – damals schon einer der Big Player unter den Anbietern klassischer deutscher Spirituosen –, sich mit Importmarken ein weiteres Standbein zu schaffen. Korn, Weinbrand & Co waren 2011 längst „im freien Fall“, als das Management die erste Distributionsmarke ins Portfolio aufnahm.
Es sei darum gegangen, „unser Portfolio mit Produkten zu ergänzen, die wir selbst nicht erzeugen können (z.B. Rum von den Fidschi Inseln)“ und damit verstärkt „Relevanz für die Gastronomie“ zu erlangen, erklärt Marc Kerger, der als Mitglied der Geschäftsleitung das Marketing und den Vertrieb für Fachhandel und Gastronomie verantwortet. Die Hardenberg-Wilthen AG hat den Spirituosenexperten, der zuvor lange für Jägermeister unterwegs war, im März 2018 an Bord geholt, um den Transformationsprozess zu begleiten.
Mit internationalen Spirituosen in die Gastronomie
Bereits zwei Jahre zuvor gründete man unter dem Namen CapVie einen eigenen Gastronomie-Außendienst, um die internationalen Marken – allen voran Ron Varadero sowie das Gin-Portfolio mit Greenall’s, Opihr, Bloom und der Eigenmarke Von Hallers Gin – in die Bars und Restaurants zu bringen. Offenbar mit Erfolg: Inzwischen ist der Umsatzanteil, der im Ontrade erwirtschaftet wird, deutlich gestiegen.
Dabei zeigt aber der Name der jungen Hardenberg-Tochter, dass ein wichtiger Aspekt vernachlässigt wurde: Der so modern klingende Name lässt die außergewöhnliche Geschichte der Brennerei außer Acht. Die Gefahr habe zuvor schon bestanden, stellt Kerger fest. Durch die Übernahme der Wilthener Brennerei bald nach der Wende habe man „die Wurzeln des Hardenbergs verlassen“, meint Kerger. Kein Wunder, denn die Range rund um das Flaggschiff Wilthener Goldkrone – noch immer die bundesweite Nummer 2 unter den Branntweinverschnitten – stand von Anfang an für den Löwenanteil am Umsatz.
Ein Geschäftszweig, dem weiterhin hohe Aufmerksamkeit gilt, da er deutlich auf den Umsatz einspielt und damit zweifelsfrei die strategische Kernmarke verkörpert. Dennoch sei es nun Zeit, „mit dem Marken-Pfund Hardenberg viel stärker zu wachsen“, ergänzt Marketingmanagerin Carolin Müller, die ihre Karriere 2010 bei Hardenberg-Wilthen AG begann. Schließlich gehe es um nichts Geringeres als die Zukunft des Hardenbergs und der gräflichen Familie. „Wie machen wir weiter, wie können wir langfristig erfolgreich sein?“ Von einem „Generationenprojekt“ spricht man daher gerne im Unternehmen. Vor diesem Hintergrund habe Carl Graf von Hardenberg das Umdenken mit initiiert – und sein Sohn, der 2017 in die Geschäftsführung berufen wurde, treibt die Entwicklung entschlossen mit voran.
Die Marke kontinuierlich erneuern
„Wir müssen die Tradition stärker nutzen“, unterstreicht Marc Kerger. Der Name „Hardenberg“ verorte die Produkte, die hier entstehen. „Das suchen die Konsumenten doch heute mehr denn je.“ Während Wilthener als „Brot-und-Butter-Geschäft“ keineswegs vernachlässigt werde, treibe man zugleich die Erneuerung der Marke Hardenberg Schritt für Schritt voran. Gerade wurde die Range umfassend modernisiert. Die Kornbrände haben nicht nur ein völlig neues Outfit bekommen – auch inhaltlich wurde die Linie komplett überarbeitet. An die Stelle der bekannten Sorten treten seit September ein klassischer Korn, ein Kümmel, der „Dreikorn“ – ein Blend aus verschiedenen Korndestillaten – und der neun Jahre gelagerte „Vintage“. Damit decke man „von 8,99 bis 44,99 Euro“ ein umfangreiches Sortiment ab.
„Vom Feld ins Glas“ lautet dabei immer das Motto, denn der Weizen stammt seit jeher aus der eigenen Landwirtschaft, von den Ländereien der Grafen von Hardenberg, die sich im Umkreis von 40, 50 Kilometern um den Stammsitz erstrecken. Gerste für die Malt-Whiskys kauft man aus der Region zu. Damit seien die Erzeugnisse durch und durch deutscher, ja regionaler Herkunft. „Regionalität und Nachhaltigkeit sind bei uns kein Fake“, betont Kerger. Und die Themen hätten „längst auch in den Bars eine hohe Relevanz“.
Um diese Gedanken einem breiteren Publikum zu vermitteln, will sich die neue Hardenberg Distillery stärker als bisher öffnen – auch und gerade im ganz wörtlichen Sinne. Bis zum Jahresende soll ein neues Besucherzentrum neue Gäste auf den Hardenberg locken. „Erlebnisorientiert“ soll es sein und Führungen für verschiedenste Zielgruppen bieten, von der Standardführung für Busreisegesellschaften bis zum Blending-Workshop mit Whisky-Connaisseurs und Barkeepern.
Mild und zugänglich: der neue Beverbach
Und wie soll er schmecken, der neue Beverbach Whiskey? Im Stil sei er mild, leicht, zugänglich, verrät Destillateurmeister György Varga – am ehesten vergleichbar mit Sorten aus Irland oder den USA. Deshalb schreibt man die guten Tropfen vom Hardenberg auch mit „e“ – „Whiskey“, wie es in diesen Ländern gängig ist. Bislang sind nur relativ junge Destillate im Programm, doch weitere sehen in verschiedenen Fässern – wie First-Filled-Bourbonfässern, Weinbrandfässern aus Wilthen oder Sherry-Casks – einer längeren Reifung entgegen.
Dabei sei dem Team eines besonders wichtig: Kreativität. So kündigt Carolin Müller fürs Jahresende eine besondere, auf ca. 800 Flaschen limitierte „Zero-Emission-Serie“ an. Sie reiste auf einem Segelschiff einmal rund um die Welt. Auch über eine Lagerung unter der Burg denke man auf dem Hardenberg nach. Die Ideen gehen wohl so schnell nicht aus. Schließlich soll der Whiskey ja ein „Zukunftsprojekt“ sein, so Müller. Damit auch künftige Generationen der gräflichen Familie das Erbe erfolgreich fortführen können.
Über die Hardenberg-Wilthen AG
Karl-Dietrich von Hardenberg legte mit der Gründung der Gräflich von Hardenberg‘schen Kornbrennerei im Jahr 1700 den Grundstein des Unternehmens. Ein wichtiger Meilenstein war die Übernahme der 1842 gegründeten Wilthener Weinbrennerei im Jahr 1992. Den Namen Hardenberg-Wilthen AG trägt das Unternehmen seit 1998.
Noch bis 2012 waren Korn und Weinbrand das Kerngeschäft der Hardenberg-Wilthen AG, danach wurden die ersten Importmarken in das Portfolio aufgenommen. Heute zählen internationale Spirituosen wie Tito’s Handmade Vodka, Bloom, Opihr, Templeton Rye und auch ein alkoholfreies Destillat – Fluère – zu den Aushängeschildern.
Um die Marken gezielter in die Gastronomie zu bringen, wurde 2016 das Vertriebsteam CapVie installiert. Ab 2020 soll die neu gebaute Hardenberg Distillery mit Besucherzentrum Genießer einladen, die Verbindung von Tradition und Innovation auf dem Hardenberg live zu erleben.