Radeberger schenkt bei „Sonne Mond Sterne“ aus, Gerolsteiner liefert das „Zwischenwasser“ beim Parookaville, Jack Daniel’s sponsert den World Club Dome. Die Reihe ließe sich noch (beinahe) endlos fortsetzen, doch auch so bestehen kaum Zweifel: Musikfestivals nehmen immer mehr Raum im Marketingmix vieler Getränkemarken ein.
Obwohl der Auftritt bei Wacken, Splash & Co logistisch enorm aufwendig ist und auch fürs Marketing eine akribische Planung erfordert, nehmen insbesondere Bier- und Spirituosenmarken, aber auch Limos und Wasser, heute gerne ein Bad in der Festival-Menge. Ein wichtiger Grund ist die veränderte Mediennutzung junger Leute.
„In Zeiten geringerer TV-Reichweiten bei höheren Kosten und einer immer stärkeren Kanal-Fragmentierung in Social Media müssen mittelständische Marken wie Gerolsteiner neue Wege finden, die Aufmerksamkeit von Zielgruppen jungen und mittleren Alters zu gewinnen“, erklärt Marcus Macioszek, Marketingleiter bei Gerolsteiner, das Engagement des Brunnens, der nach drei erfolgreichen Jahren beim Wacken Open Air in diesem Jahr erstmals Partner des Parookaville-Festivals ist. Dort werden Gerolsteiner-Teams als „Brandlöscher“ im Einsatz gegen Hitze und Kater unterwegs sein.
„Hochemotionales Umfeld“ für Marken
Dass Festivals für Marken immer bedeutsamer werden, bestätigt auch Tim Hotfiel, Senior Brand Manager für Three Sixty Vodka bei Schwarze und Schlichte. Die Marke sei seit 2021 „intensiv“ auf Festivals präsent, seit 2024 habe man das Engagement noch einmal gesteigert. Es gehe darum, die Markenbekanntheit zu erhöhen und „das ganze Jahr über für unsere Zielgruppe sichtbar und erlebbar zu bleiben“. Gleichzeitig nutze man „das hochemotionale Umfeld“, um Probierkontakte zu generieren und die Produkte nachhaltig im Bewusstsein der Konsumenten zu verankern.
Auf eben dieses „hochemotionale Umfeld“ setzen viele Markenverantwortliche in der Hoffnung, dass ihre Produkte von der guten Stimmung bei den Konzerten langfristig profitieren. Es gehe um eine „authentische Präsenz und emotionale Nähe“, betont auch Birte Kleppien, Pressesprecherin der Radeberger Gruppe. Das Unternehmen hat seine Festival-Aktivitäten insbesondere nach der Corona-Pandemie deutlich ausgebaut. „Wir wollen da sein, wo Menschen ihre besten Erinnerungen sammeln“, bringt es Kleppien auf den Punkt. Dann könne es sogar gelingen, dass Konsumenten Vorurteile gegenüber bekannten Marken abbauen, zum Beispiel, was den Geschmack angeht.
Junge Leute offen für Sponsoring
Bestenfalls würden Festivalbesucher langfristig zu loyalen Kunden, wenn sie vor Ort positive Erfahrungen mit den begleitenden Marken machen, glaubt Kleppien. Die Chancen dafür seien auch deshalb gut, weil gerade junge Zielgruppen offen seien für Sponsoren und ihre Aktivitäten wie Erlebnisbereiche, Promotions oder Gewinnspiele.
Bereits auf eine lange Tradition blickt indessen bei der Affinität zur Musik Jack Daniel’s zurück. Der Whiskey und Musik gehörten seit jeher zusammen, unterstreicht Tanja Steffen, Marketingdirektorin von Brown-Forman DACH & Netherlands. Die Verbindung sei „fest in der Markengeschichte und -identität verankert“. Mit dem Sponsoring der Events Splash und World Club Dome sowie der Heroes-Reihe knüpfe man an diese Tradition an, um „das Profil von Jack Daniel’s als musikverbundene, authentische und nahbare Marke“ zu stärken. „Wir möchten mit Jack Daniel’s dort sein, wo unsere Community ist – und Musik ist dabei ein zentraler Teil ihres Lebensgefühls“, so Steffen.
Marken müssen Besucher bestens kennen
Eins ist jedoch auch klar: Die gewünschte Wirkung kann ein Auftritt bei den einschlägigen Festivals nur dann bringen, wenn die Sponsoren „alles richtig machen“. Und das beginnt schon bei der Auswahl der Veranstaltung. Wie viel Mühe darauf verwendet werden muss, macht Marcus Macioszek von Gerolsteiner deutlich: Bevor man sich Gedanken gemacht habe, wie der Auftritt beim Parookaville aussehen soll, habe man mit dem Rheingold-Institut ausführliche Interviews gemacht, „um zu erfahren, was die Besucher bewegt, was sie mit dem Festival verbinden, was ihnen wichtig ist“, so der Marketingexperte. Es reiche nicht „einen tollen Stand zu haben, an dem man seine Getränke ausschenkt“. Ziel sei vielmehr, „homogener Teil des Ganzen zu werden“.
Vor der Wahl finde „eine genaue Analyse des ‚Fits‘ zwischen dem Markenimage und dem jeweiligen Festival sowie des Publikum“ statt, betont auch Tanja Steffen von Brown-Forman. Und Birte Kleppien von der Radeberger Gruppe hebt zudem die Bedeutung der Organisatoren bei der Suche nach der geeigneten Plattform hervor. „Die Passung der Zielgruppe zur jeweiligen Marke ist bei etablierten Musikfestivals oft verlässlicher, da die Veranstalter über valide Besucherdaten verfügen“, so die Pressesprecherin. Andererseits böten neue Festivals „gute Chancen, als Vorreiter wahrgenommen zu werden“.
Mehr als 100 Events im Sommer-Kalender
Die besondere Rolle eines Unternehmens mit einem vielfältigen Portfolio hebt Peter Lemm hervor, Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Krombacher Gruppe. Aufgrund der Sortenvielfalt sei man mit verschiedenen Produkten – allen voran Krombacher Pils und Spezi – auf unterschiedlichen Events engagiert. In diesem Sommer sind dies mehr als 100 Musik- und Kulturveranstaltungen – vom Studentenfestival „Medimeisterschaften“ im Juni über Wacken im Juli/August bis zum Glückgefühle-Festival im September.
Nach der Entscheidung für ein bestimmtes Musik-Event liegen große Herausforderungen in der Organisation und Logistik. Auf den „erheblichen Aufwand“ weist etwa Radeberger-Sprecherin Birte Kleppien hin. Er sei „nicht zu unterschätzen“, zumal der logistische Einsatz während des Festivals oft bedeute, dass dann begrenzte Ressourcen für andere Veranstaltungen zur Verfügung stehen.
Bierqualität besonders im Fokus
Bereits im Herbst/Winter des Vorjahres würden Teams aus Vertrieb, Eventmanagement und Marketing den Bedarf an Reparaturen und Anschaffungen analysieren, damit zu Saisonbeginn alles einsatzbereit sei – von Ausschankwagen über Kühlschränke bis zu Spezialtools. Ein besonderer Fokus liegt laut Kleppien auch auf der Bierqualität, vor allem auf dem Ausschank mit idealer Trinktemperatur. Als weiteren wichtigen Punkt nennt sie das geschulte Personal vor Ort, „das maßgeblich zum Markenerlebnis beiträgt“.
Auf ein besonderes Detail bei der Versorgung eines Festivals weist Peter Lemm von Krombacher hin: In den letzten Jahren habe man immer öfter Tankbier bei Festivals zum Einsatz gebracht. Die Bier-Logistik sei damit einfacher zu bewerkstelligen, zudem werde das Produkterlebnis damit noch weiter verbessert.
Festivals als ein Teil im Marketingmix
Bei all der Mühe sollte nach Einschätzung der Experten ein Festival-Auftritt nie für sich alleinstehen, sondern müsse unbedingt in die gesamte Marketingstrategie eingebunden werden. Eine „zentrale Herausforderung“ bestehe darin, „das Festival-Konzept über die Veranstaltung hinaus wirkungsvoll in andere Bereiche wie Handel und Social Media zu verlängern“, weiß Tim Hotfiel von Three Sixty Vodka. Ziel sei, „die Erlebnisse und Aktivierungen auf den Festivals auch abseits der Events sichtbar und für unsere Zielgruppe erlebbar zu machen“.
Ein Punkt, der auch Tanja Steffen von Brown-Forman wichtig ist. Die Aktivitäten bei den Festivals seien „ein zentraler Bestandteil unserer 360-Grad-Strategie, in der digitale, stationäre und emotionale Touchpoints miteinander verzahnt sind“. Durch die Kombination von Vor-Ort-Erlebnissen mit Social-Media-Kampagnen, Künstler-Kooperationen und Handelsaktionen erhalte das Format „eine hohe strategische Relevanz im Kommunikationsmix“, die eine starke und nachhaltige Markenbindung verspreche.
Community „hyperaktiv“ auf Social Media
Auf die enorme Bedeutung insbesondere von begleitenden Social-Media-Aktivitäten weist Marcus Macioszek von Gerolsteiner hin: Über die etwa 225.000 Parookaville-Besucher hinaus erreiche man dort eine weitaus größere Zielgruppe – in Deutschland gebe es gut 6,5 Millionen Fans von Electronic Dance Music. Die Community sei zwar heterogen, habe aber gemeinsam, „dass sie hyperaktiv auf Social Media“ sei. Daher arbeite Gerolsteiner vor und während des Events mit einer vielseitigen Digitalkampagne, in der sich alles um die „Brandlöscher“ drehe. Macioszek: „Wir erreichen auf diesem Weg eine jüngere Klientel, die wir über die klassische TV-Werbung nicht ansprechen können.“
























































































