Die Nürnberger Verbundgruppe GES hat das Corona-Jahr 2020 mit einem guten Ergebnis abgeschlossen. Wie die Genossenschaft auf ihrer heutigen Generalversammlung bekannt gab, ist ihr Zentralregulierungsumsatz um 28 Prozent auf 721 Millionen Euro zurückgegangen. Dennoch bewertet der Vorstand das erzielte Gesamtergebnis wegen der schwierigen Rahmenbedingungen als „sehr zufriedenstellend“. Getränke News sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Ulrich Berklmeir über die Bilanz eines schwierigen Jahres.
Getränke News: Zwei Drittel Ihrer Mitglieder beliefern überwiegend oder ausschließlich die Gastronomie – daraus resultiert der recht hohe Rückgang in der Zentralregulierung. Welche Einzelschicksale stehen hinter diesen Zahlen? Ist Ihnen von Geschäftsaufgaben oder Insolvenzen bekannt?
Berklmeir: Nein. Es gab bei uns keine Insolvenzen, wir haben nicht einmal nennenswerte Zahlungsstörungen verzeichnet. Natürlich mussten manche Mitgliedsunternehmen ein Minus von bis zu 60 Prozent hinnehmen. Aber auch sie haben es mit eigenen Maßnahmen und staatlichen Hilfen am Ende geschafft. Vielen half die Kurzarbeiterregelung, zudem wurden wo es ging Kosten eingespart, etwa durch die Stilllegung von Lkws. Sicherlich haben viele auch privates Vermögen in ihre Unternehmen gesteckt. Und bei aller Kritik an den staatlichen Hilfen: Sie kamen zwar sehr spät und die Beantragung war umständlich, aber am Ende sind sie doch gekommen.
Der noch glimpfliche Ausgang zeigt aber auch eines: Der Fachgroßhandel ist stabil in die Coronakrise hineingegangen; es sind eben doch überwiegend gesunde Unternehmen, die die Wartezeit bis zu den staatlichen Hilfen überbrücken konnten. Die von uns aus Vorsichtsgründen ausgeweitete Kreditversicherung musste in keinem einzigen Fall in Anspruch genommen werden.
Getränke News: Welche Rolle hat die GES bei der Bewältigung der Pandemie gespielt?
Berklmeir: Wir haben unter anderem Liquidität für den Fachhandel bereitgestellt und Zahlungsziele insbesondere bei den großen Schaumwein- und Spirituosenlieferanten verlängert. Auch für die Industrie haben wir uns als verlässlicher Partner erwiesen. Im Unterschied zu anderen Ländern musste man sich in Deutschland keine Sorgen um die Lieferstrukturen und die Zahlungsfähigkeit des Ontrades machen.
Getränke News: 2019 hatten Sie noch einen Zentralregulierungsumsatz von einer Milliarde Euro, mit 721 Millionen Euro war es im Jahr 2020 deutlich weniger. Was bedeutet das für Ihre Genossenschaft?
Berklmeir: Trotz der Rückgänge konnten wir ein Ergebnis von 7,8 Millionen Euro nach Steuern erzielen und 7 Millionen Euro an unsere Mitglieder ausschütten. Mit dem verbleibenden Jahresüberschuss in Höhe von 818.000 Euro konnten wir unser Eigenkapital sogar noch stärken. Und das in diesem Krisenjahr. Ich denke, das ist schon ein sehr starkes Signal.
Uns ist wichtig zu betonen, dass diese Gewinne ohne jegliche staatlichen Hilfen erreicht werden konnten. Weil es eben zeigt, wie krisenfest die GES auch in schwierigen Zeiten ist.
Getränke News: Was können Sie über die Situation des Getränkeeinzelhandels sagen?
Berklmeir: Im Bereich der Getränkefachmärkte konnten wir deutliche Umsatzzuwächse verzeichnen. 17 der 20 größten filialisierten Fachmarktbetreiber sind Mitglied bei uns. Sie konnten einen Teil der Verluste aus dem Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft ausgleichen. Ebenfalls positiv: Inzwischen fällt das Online-Geschäft unserer mittelständischen Mitglieder immer stärker ins Gewicht; das beobachten wir besonders bei hochwertigen Whiskys, Gins und Rums.
Getränke News: Die GES hat mit ihrem eigenen Warengeschäft, das über das Bremer Spirituosen Contor (BSC) und den Schokoring abgewickelt wird, noch eine zweite Säule. Welche Rolle spielten sie im vergangenen Jahr?
Berklmeir: Das BSC hat mit einem Umsatz von 150 Millionen Euro, der Schokoring mit 41 Millionen Euro unsere Erwartungen übertroffen. Die Leistungen der beiden Gesellschaften wurden in der Krise verstärkt nachgefragt; wobei zudem auch dort deutlich mehr höherwertige Artikel bestellt wurden.
Getränke News: In diesen schwierigen Zeiten verlieren Sie nun auch noch einen Vorstand: Letzte Woche hat Alexander Berger kurzfristig die GES verlassen. Was ändert sich dadurch für die Verbundgruppe?
Berklmeir: Wir sind sehr gelassen und suchen auch keinen neuen Vorstand. Die Aufgaben von Herrn Berger übernehmen mein Vorstandskollege Holger von Dorn und ich, das ist alles geregelt. Und dann muss man natürlich auch sagen: Ein Unternehmen besteht nicht nur aus Vorständen – wir haben eine sehr gute zweite Führungsebene mit zwei Prokuristen aufgebaut.
Getränke News: Ab heute findet Ihre Messe Pro Fachhandel zum zweiten Mal als digitale Veranstaltung statt. Warum haben Sie sich nicht für eine Live-Messe entschieden?
Berklmeir: Unsere wichtigen Lieferanten hätten gerne eine Präsenzmesse gehabt, zudem war uns eine große Abendveranstaltung zur Kontaktpflege immer sehr wichtig. Deshalb haben wir tatsächlich bis in den Juni hinein zweigleisig geplant. Als es aber bis dahin immer noch keine Planungssicherheit für Live-Veranstaltungen gab, haben wir uns entschieden, noch einmal auf ein digitales Event zu setzen.
Wir fahren dabei das gleiche Konzept wie 2020, allerdings sind die technischen Kinderkrankheiten inzwischen behoben und der Zugang konnte vereinfacht werden.
Getränke News: Sie hätten die Messe auch ganz ausfallen lassen können…
Berklmeir: Das war nie eine Option. Der Fachhandel braucht immer die Aufmerksamkeit der Industrie – und auch die besonderen Konditionen und Aktionen, die mit einer Messe einhergehen.
Getränke News: Welche Erwartungen hegen Sie ganz allgemein fürs Gesamtjahr 2021?
Berklmeir: Bereits im ersten Halbjahr wurde eine gute Basis geschaffen: Obwohl das wichtige Karnevalsgeschäft fehlte und der Lockdown in diesem Jahr viel strenger war als 2020, haben wir beim Umsatz zum Halbjahresende bereits fünf Prozent über dem Vorjahr gelegen.
Angesichts einer steigenden Impfquote dürfen die GES und ihre Mitglieder wohl hoffen, dass sich unser Leben wieder normalisiert und das Jahresendgeschäft, das gerade für Wein- und Spirituosenhändler sehr wichtig ist, wesentlich besser wird als 2020. Schließungen wie im letzten Jahr sind auch rechtlich nicht mehr vorstellbar. Wir werden also auch für 2021 wieder ein sehr erfreuliches Ergebnis vorlegen können.
Über die GES:
Die GES Großeinkaufsring des Süßwaren- und Getränkehandels eG ist ein Verbund von mittelständischen Getränkefachgroßhändlern und filialisierten Getränkemarktbetreibern, Conveniencefachgroßhändlern und Automatenbetreibern aus dem gesamten Bundesgebiet.
Laut dem heute präsentierten Geschäftsbericht lag der Zentralregulierungsumsatz 2020 mit 721 Millionen Euro um 28 Prozent unter dem Vorjahr. Die hohe Marktrelevanz der GES im Bereich der Gastronomie wirkte sich im Corona-Jahr am stärksten auf die Umsätze im Segment der Schaumweine und Spirituosen aus. Hier lag der Umsatz bei lediglich 354 Millionen Euro – nach 514 Millionen Euro im Vorjahr.
Etwas geringer fielen die Verluste in den Bereichen Bier und AfG (289 nach 382 Millionen Euro im Vorjahr) sowie Convenience und Wein (jeweils 39 Millionen Euro gegenüber 56/48 Millionen im Vorjahr) aus. Trotzdem erzielte die GES einen Jahresüberschuss von 818.000 Euro.