Wir spüren gerade: Alles wird teurer. Die Verbraucherpreise in Deutschland haben sich 2021 durchschnittlich um 3,1 Prozent gegenüber 2020 erhöht. Im Dezember hat das Statistische Bundesamt mit 5,3 Prozent die höchste Inflationsrate seit 1993 gemeldet. Auch das neue Jahr begann nicht besser: Allein im Januar sind die Preise um 4,9 Prozent gestiegen.
Diese Entwicklung könnte auch dazu führen, dass das Gastronomiegeschäft und damit die gesamte Getränkebranche weiter leidet. Tatsache ist: Die Verbraucherstimmung ist durch zwei Jahre Pandemie und die nun deutlich spürbaren Preissteigerungen im Keller. Laut einer aktuellen Studie des Kölner Rheingold Instituts blicken zwei Drittel der Deutschen ängstlich auf die gesellschaftliche Zukunft. Es gibt einen Rückzug in private Nischen. Gleichzeitig wächst aber auch die Bereitschaft, sich allein oder mit Gleichgesinnten für eine bessere Zukunft einzusetzen. Die Menschen verschanzen sich in kleinen Wirkungskreisen und versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Stephan Grünwald, Psychologe und Gründer des auf tiefenpsychologische Forschung spezialisierten Rheingold Instituts, sagt: „Wir erleben eine Zeiten-Wende.“
Verbraucher wurden an niedrige Preise gewöhnt
Genau diese Stimmungslage könnte sich künftig auf das Gastronomiegeschäft niederschlagen. Gleichzeitig sind die Preise in der Gastronomie enorm gestiegen, weil auch die Gastronomen ihre höheren Einkaufs-, Personal und Energiepreise an die Gäste weitergeben müssen. Dabei wurden die Verbraucher hierzulande über Jahre hinweg vom Handel an billige Lebensmittel- und Getränkepreise gewöhnt. Während der Pandemie lockte der Handel die Kunden vermehrt mit niedrigen Aktionspreise großer Biermarken.
„Wir beobachten den ruinösen Preiskampf der Handelskonzerne mit großer Sorge“, sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. „Wenn Bier regelrecht verramscht wird und Werte vernichtet werden, darf man nicht wegsehen. Wir können stolz sein auf die hohe Qualität und nachhaltige Erzeugung unserer Produkte – aber Qualität hat auch ihren Preis. Wer Qualität möchte, muss auch bereit sein, einen Preis dafür zu zahlen“, so Eichele. Die Wertschätzung der Verbraucher für hochwertige Lebens- und Genussmittel sei in letzter Zeit gewachsen. „Dieselbe Wertschätzung wünschen wir uns auch von Handelskonzernen, die offenbar nicht wahrhaben wollen, welch exzessiven Kostensteigerungen ihre Lieferanten ausgesetzt sind“, sagt Eichele.
Die Verbraucher wurden aber nicht nur durch den Handel an Dauerniedrigpreise gewöhnt: Auch in der Gastronomie sind insbesondere die Speisen über die letzten Jahre hinweg kaum teurer geworden. Das hing natürlich auch damit zusammen, dass wir mehr gastronomisches Angebot hatten als Nachfrage. Wenn sich das Angebot aber nun durch Pleiten und fehlende Mitarbeiter verknappt, könnte sich das ändern. Die Frage lautet: Welche gastronomischen Angebote sind den Gästen künftig auch mehr Geld wert?
Welche Preisbereitschaft ist vorhanden?
Bei einer aktuellen Befragung von 500 Gästen, durchgeführt vom Heilbronner Institut für angewandte Marktforschung und der Unternehmensberatung Horwath, kam heraus, dass 23 Prozent der Befragten nicht bereit wären, einen höheren Preis für Speisen und Getränke zu bezahlen, wenn diese durch eine Erhöhung der Löhne des Servicepersonals begründet wären. Immerhin sind 77 Prozent der 500 Befragten bereit, zumindest für kleinere Lohnerhöhungen etwas mehr zu zahlen. Die Ergebnisse in Sachen Speisenqualität und Nachhaltigkeit sahen dagegen anders aus: 63 Prozent wären bereit, für Bio-Essen einen höheren Preis zu zahlen. Für nachhaltigen Konsum würden dagegen nur sechs Prozent tiefer in die Tasche greifen.
Preisgestaltung sollte transparent sein
Durch die Umfrage wird klar: Die Wirte sollten ihre Preisgestaltung deutlich transparenter gegenüber ihren Gästen kommunizieren. Bislang werden die höheren Preise meist auf die Lieferanten geschoben. Der gestiegene Bierpreis wird dem Gast mit der Bierpreiserhöhung der Brauerei erklärt. Dass sich aber in den höheren Preisen für Speisen und Getränke auch die steigenden Personal- und Betriebskosten verstecken, wird offenbar immer noch zu wenig kommuniziert.
Es besteht kein Zweifel: Die Kosten werden weiter steigen. Für dieses Frühjahr haben beinahe alle Brauereien eine Preiserhöhung angekündigt und die Erhöhung des Mindestlohns wird wohl zum Preistreiber bei den Personalkosten werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich das auf die Getränkebranche und auf die Gastronomie nicht allzu negativ auswirkt. Schließlich gehen die Leute gerne weg, lassen sich verwöhnen, unterhalten und genießen die Gastfreundschaft. Wenn dabei das Gesamtpaket stimmt, darf es am Ende auch ruhig etwas mehr kosten.
Über den aktuell steigenden Kostendruck der Branche reden die beiden Getränke News-Redakteure Barbara Rademacher und Dirk Omlor in ihrem aktuellen Podcast.
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