Reh Kendermann blickt auf ein „turbulentes“ Geschäftsjahr (1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024) zurück. Angesichts der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ging der Umsatz der Binger Kellerei um fast sieben Prozent auf rund 80 Millionen Euro zurück. Wie das Unternehmen mitteilt, erholt sich die Lage aber seit einigen Monaten etwas. Besonders schwer war den Angaben zufolge das Exportgeschäft von Rückgängen betroffen, so dass Zuwächse im Inland die Verluste bei den Ausfuhren nicht vollständig kompensieren konnten.
2023/24 exportierte Reh Kendermann unverändert in 35 Länder. Als größte Herausforderung zeigte sich der für die Kellerei sehr bedeutende britische Markt. Dort wachsen die Marktanteile der Discounter stetig, der traditionelle Lebensmitteleinzelhandel hingegen schrumpft und verliert an Relevanz. „In England geht es nur noch darum, noch billiger zu sein. Das gegenseitige Unterbieten und die systematische Wertevernichtung gehen immer weiter“, erläutert Geschäftsführer Alexander Rittlinger. Steigende Kosten weiterzugeben, sei nahezu unmöglich. Hinzu komme eine erneut erhöhte Alkoholsteuer.
Mit Premiumsegment weniger anfällig
In den vergangenen Jahren hat sich Reh Kendermann stärker auf das hochwertige Segment konzentriert und bietet seinen Kunden passende Premium- und Terroirkonzepte an. Dies mache das Unternehmen in der Krise weniger anfällig, betont Rittlinger. So konnte die Serie „Weinhaus Reh Kendermann“ ihr Allzeithoch aus dem Vorjahr zuletzt noch einmal übertreffen.
Verluste gab es indessen für die Marke Black Tower, die für Reh Kendermann das wichtigste Standbein ist. Gründe hierfür liegen in dem schwierigen Geschäft in Großbritannien und Teilen Skandinaviens. Aktuell arbeitet das Unternehmen an einem Relaunch der Traditionsmarke, die ab der kommenden Sommersaison in neuem Look in den Regalen stehen soll. Die ersten Flaschen werden Mitte Februar gefüllt. „Black Tower gibt es zwar schon lange, aber die Marke ist zugleich modern und hat immer noch Potenzial“, ist Rittlinger überzeugt.
Guter Ruf als verlässlicher Partner
Angesichts der enormen Herausforderungen der Zukunft hat sich die Binger Kellerei neu aufgestellt und positioniert sich inzwischen als Boutiqueweinkellerei. „Wir sind die kleinste Weinkellerei unter den großen, agieren flexibel und haben kurze Entscheidungswege. Wir haben unsere Prozesse intern so optimiert, dass wir uns einen guten Ruf als liefertreuer Partner erarbeitet haben“, erklärt der Geschäftsführer.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt Reh Kendermann seit vielen Jahren bei alkoholfreien Weinen. Sie werden „an Fahrt aufnehmen“, zeigt sich Alexander Rittlinger sicher. Im neuen Geschäftsjahr hat die Kellerei der jungen Kategorie auch organisatorisch einen höheren Stellenwert beigemessen und ein Kompetenzcenter aufgebaut. Bei den Stillweinen und aromatisierten Alkoholfreien sei man schon gut aufgestellt, wolle aber auch im Wachstumssegment der alkoholfreien Sparklings vorangehen. „Hier gilt es für uns, rechtzeitig zukunftssichere Konzepte anzubieten“, so der Geschäftsführer abschließend.