50 bis 60 Prozent der deutschen Winzerfamilien droht in den nächsten Monaten der Bankrott. Mit dieser alarmierenden Botschaft geht der neu gegründete Verein „Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau“ an die Öffentlichkeit. Der deutsche Weinbau stehe vor dem Aus, heißt es in einer Pressemitteilung.
Thomas Schaurer, Winzer und Initiator der Initiative, sieht die Branche „an einem historischen Wendepunkt“: Die inflationsbereinigt niedrigsten Großhandelspreise seit Beginn der Aufzeichnungen und massiv gestiegene Produktionskosten bedrohen demnach tausende Betriebe in ihrer Existenz. „Es geht nicht nur um Wein – es geht um unsere Landschaften, unsere ländlichen Räume, unsere Traditionen und nicht zuletzt um ganze Lebenswerke und Existenzen“, so Schaurer.
Statt Weinbergen brachliegende Flächen
Mit einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto „Dein Wein von hier“ will der Verein nun ein Zeichen für Regionalität, Qualität, Umweltstandards und gesellschaftliche Verantwortung setzen. Wenn die Weinberge verschwänden, verlöre das Land ein Jahrtausende altes Kulturgut, zurück blieben verwilderte, brachliegende Flächen.
Hintergrund ist die wirtschaftlich schwierige Situation der Branche: Wie die Winzergruppe weiter berichtet, fiel der Großhandelspreis für Fasswein 2024 auf 60 Cent pro Liter, 2025 mussten viele Betriebe in Not sogar für 40 Cent verkaufen – bei Produktionskosten von 1,20 Euro pro Liter.
Besonders betroffen sind dabei Winzer ohne eigene Vermarktung – ihnen drohe zu 99 Prozent das Aus, sollte sich die Situation bis zur nächsten Weinlese nicht ändern. Doch auch Direktvermarkter sind demnach gefährdet: Viele von ihnen bewirtschaften zusätzlich Weinberge für den Großhandel. Doch von diesen, meist gepachteten Flächen, können sie sich nicht so einfach trennen. Pachtverträge im Weinbau laufen in der Regel über 20 Jahre.
Fassweinpreis müsste sich verdoppeln
Ein zentrales Anliegen der Initiative ist, darüber aufzuklären, dass Preise unter 2,99 Euro pro Flasche Wein nur durch Ausbeutung der Winzer und deren Mitarbeiter zustande kommen. Die Initiative fordert daher einen Mindesterzeugerpreis für Fasswein von 1,20 Euro netto pro Liter, in den kleinen Anbaugebieten mit erschwerten Anbaubedingungen deutlich mehr.
Mit der nun an den Start gebrachten Kampagne will die Initiative erreichen, dass heimische Produkte mindestens fünf Prozent des Weinabsatzes zurückgewinnen – und das zu fairen Preisen. Derzeit stammt nur etwa die Hälfte des in Deutschland konsumierten Weins aus heimischer Produktion. Nun sei es an der Bevölkerung, über den Fortbestand des deutschen Weinbaus zu entscheiden.
Mit den Problemen des Weinbaus beschäftigt sich längst auch die Wissenschaft. Mit Dr. Larissa Strub von der Hochschule Geisenheim sprachen wir über die prekäre Lage der Branche. Das Interview können Sie hier nachlesen.