Der Verband Private Brauereien Deutschland und der Verband Private Brauereien Bayern empfehlen ihren gut 800 Mitgliedern den Beitritt in die Gesellschaft für Mehrwegmanagement (Gemema), den Mehrwegflaschen-Pool, der von den Brauereien Bitburger, Krombacher, Radeberger und Warsteiner ins Leben gerufen wurde (wir berichteten).
Die Verbände sprechen sich damit indirekt gegen die unter anderem vom Bayerischen Brauerbund gegründete Genossenschaft MPB Mehrwegpool der Brauwirtschaft (MPB) aus. Die Hintergründe erläutert Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland, im Interview mit Getränke News.
Getränke News: Mit der Empfehlung an Ihre Mitglieder, dem Mehrwegflaschenpool der Gemema beizutreten, haben die Verbände der Privaten Brauereien die Branche überrascht. Womit konnte die Gemema punkten?
Demleitner: Wir können die Realität und existierende Rahmenbedingungen nicht ausblenden: Ein flächendeckendes gemanagtes Poolsystem kann nur funktionieren, wenn die großen Marktführer mitmachen. Wir haben uns im Verband intensiv mit beiden Organisationen und deren Poolregelungen auseinandergesetzt und geprüft, welches System den Belangen unserer Mitglieder langfristig erfolgreich Rechnung trägt. Nach Abwägung aller Argumente empfehlen wir den Beitritt zur Gemema.
Einer der ausschlaggebenden Punkte für unsere Empfehlung des Gemema-Pools ist auch die Tatsache, dass die Gemema nach den Gesprächen mit uns noch einmal ihr Vertragswerk geändert hat. Es wurden zahlreiche Punkte aufgegriffen, die für die mittelständische Brauwirtschaft von besonderer Relevanz sind. So gibt es für kleinere Betriebe, die keinen Flascheninspektor haben, gut umsetzbare und faire Regeln für die Flaschenausschleusung. Den kleineren Unternehmen wurde außerdem ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Die großen Brauer haben das nicht, die sind bis 2029 gebunden. Die Gemema hat außerdem als Zielsetzung den Verzicht auf bestehende und künftige Individual-Mehrwegflaschen.
Getränke-News: Hat sich der Bayerische Brauerbund als Mitinitiator des Genossenschafts-Pools schon bei Ihnen gemeldet?
Demleitner: Bislang noch nicht. Wir hatten im Vorfeld Gespräche, die jedoch zu keinem Ergebnis geführt haben. Die Genossenschaft konnte uns nicht überzeugen. Sie weicht auch von ihrer Forderung nicht ab, dass jede Brauerei, ob groß oder klein, jeweils nur eine Stimme hat. Da gehen die großen Brauereien, die die Flaschen in großen Mengen einspeisen, nicht mit. Zum Wohle der gesamten Branche brauchen wir aber ein Konzept, das alle mitnimmt. Zwei miteinander konkurrierende Poolgesellschaften machen dabei keinerlei Sinn.
Getränke News: Wie haben bislang Ihre Mitglieder reagiert?
Demleitner: Die, die sich bislang gemeldet haben, haben alle durchweg positiv reagiert und sehen das Thema genauso wie wir. Der 0,33-Liter-Longneck-Pool betrifft jedoch nur einen kleinen Prozentsatz unserer Mitglieder, da die meisten nicht in diese Flasche abfüllen. Deshalb sehen viele aktuell noch keinen Handlungsbedarf. Die Gemema plant jedoch weitere Poolgesellschaften für die Halbliter-NRW- und -Euroflaschen. Diese Pools werden dann aber sehr viele Mitglieder betreffen. Deshalb werden wir das Thema auf den anstehenden Tagungen auch ausführlich diskutieren.
Getränke News: Die Stimmrechte in der Gemema verteilen sich nach Füllvolumen. Fürchten Sie nicht, dass die kleinen Brauereien dadurch in dem Pool Nachteile haben könnten?
Demleitner: Gestartet ist die Gemema mit der 0,33-Liter-Longneckflasche. Wir haben Verständnis dafür, dass die vier großen Brauer, die die Gemema gegründet haben und die zusammen einen hohen Marktanteil bei der 0,33-Liter-Longneck-Flasche erzielen, in diesem Pool mehr Mitspracherecht wollen als die kleineren Brauereien. Deshalb sind die Stimmrechte nach Gebindefüllvolumen gestaffelt. Je mehr aber bei dem Pool mitmachen, desto mehr verteilen sich die Stimmrechte auch unter den anderen und kleinen Brauern. Die Gemema hat außerdem einen Sitz in jedem Fachbeirat für Brauereien bis zu 50.000 Hektoliter zugesichert.
Die Verteilung der Stimmrechte in den anderen geplanten Pools wird völlig anders aussehen. Bei der Euroflasche werden die Gründungsbrauereien der Gemema nur wenige Stimmrechte haben, weil sie diese Flasche so gut wie nicht abfüllen. Im Gegenzug haben hier unsere mittelständischen Brauereien ein relevantes Füllvolumen.
Getränke News: Könnte mit einem funktionierenden Flaschenpool auch das Problem mit dem Leergutmangel in den Griff zu bekommen sein?
Demleitner: Ein funktionierender Mehrwegflaschenpool würde das Mehrwegsystem wieder effizienter machen. Dazu sollte sich die Branche aber auf wenige Standardflaschen konzentrieren und die Individualflaschen weitgehend abschaffen. Das würde nicht nur die Komplexität aus der Leergutsortierung nehmen, sondern auch für eine Effizienzsteigerung bei den Flaschenherstellern sorgen. Auf lange Sicht wird sich ein gut gemanagter und funktionierender Pool positiv auf das Mehrwegsystem auswirken, davon bin ich überzeugt. Ich wünsche mir, dass die gesamte Branche beim Thema Mehrwegflaschenpool an einem Strang zieht. Dass auch die Genossen noch einmal in sich gehen und ein Umdenken erfolgt.
Getränke News: Der Verband Private Brauereien fordert schon seit längerem eine Erhöhung der Pfandsätze für Mehrweggebinde. Wie realistisch ist das nun mit der Gemema?
Demleitner: Tatsache ist: Die Pfandsätze müssen dringend an die Wiederbeschaffungspreise angepasst werden. Die letzte Pfandsatzerhöhung liegt 40, 50 Jahre zurück. Das Pfand für einen Bierkasten beträgt heute 1,50 Euro. Der Wiederbeschaffungswert für die Brauerei liegt zwischen vier und sechs Euro. Inzwischen werden auch Kästen rechtswidrig geschreddert, weil man für das Rezyklat pro Kasten mehr bekommt als 1,50 Euro.
Mit einem gemeinsamen Agieren möglichst vieler Brauereien in einem Pool dürften weitere wichtige Schritte für die geforderte Erhöhung der Pfandsätze deutlich einfacher realisierbar sein.