Produktinformationen, Fotos von Flaschen, Etiketten und Kästen: Wer als Händler Woche für Woche die Handzettelwerbung gestaltet, kennt das zeitaufwendige Sammeln dieser Daten. „Wenn ich einen neuen Werbeflyer erstelle, muss ich mir die Fotos und Informationen zu den einzelnen Produkten mühsam bei jedem einzelnen Hersteller besorgen“, beschreibt Jürgen Kasberger, Geschäftsführer des Getränkehandels Kasberger aus dem bayerischen Hauzenberg, die aktuelle Situation zum Thema Artikelstammdaten.
Die Getränkeproduzenten stellen zwar inzwischen die Fotos der Kästen und Flaschen zum Download bereit, doch muss jedes Bild einzeln geladen und weiterverarbeitet werden. „Hinzu kommen neue Produkte und dass sich immer wieder die Etiketten oder die Produktinformationen ändern und die Daten wieder erneuert werden müssen. Das ist ein Fass ohne Boden“, so Kasberger. Betreiber von Online-Shops seien davon ebenso in hohem Maße betroffen.
Daten müssen gepflegt werden
Jens Geimer, Geschäftsführer der Westerwald-Brauerei H. Schneider, schildert das Problem aus Sicht des Herstellers: „Wir bekommen als Brauerei regelmäßig Anfragen unserer Kunden nach den aktuellen Artikelstammdaten. Unsere Mitarbeiter müssen darauf jeweils individuell reagieren.“ Ideal wäre für ihn eine Datenbank, in die die Artikelstammdaten eingepflegt werden und auf die der Getränkefachgroßhandel (GFGH) jederzeit zugreifen kann. „Das würde Zeit und Geld sparen und jeder wäre auf dem aktuellen Stand“, so Geimer.
Einen zentral gepflegten Datenpool wünscht sich auch Niklas Müller, Geschäftsführer der Durststrecke GmbH aus Köln, die als Betreiber der Online-Plattform für Getränkebestellungen „durst.de“ den Ausbau zu einem bundesweiten Bestellportal weiter vorantreibt. „Aktuell arbeiten wir bei ,durst.de‘ mit über 18.000 Artikelstammdatensätzen. Auf diesen Daten setzt unser gesamtes Geschäftsmodell auf. Aus diesem Grund ist es immens wichtig, dass all unsere Datenstämme korrekt gepflegt sind“, erklärt Müller. Wünschenswert wäre für ihn eine zentralisierte Anlaufstelle, die sowohl von allen Getränkeherstellern als auch den Händlern verwendet wird.
Die Frage der Verantwortlichkeit
Fest steht: Der Austausch und die Verbreitung von Artikelstammdaten der Getränkewirtschaft müssten schneller erfolgen und die Datenqualität in Breite und Tiefe verbessert werden. Aktuell sind die Automatisierung und Digitalisierung in diesem Bereich immer noch unzureichend. Dabei spielt auch das Thema der Verantwortlichkeit eine zentrale Rolle. Niklas Müller: „Wenn sich beispielsweise bei einem Produkt die Zusammensetzung oder sonstige Artikelspezifikationen verändern und wir bislang den alten Stand in unserem System erfasst haben, stehen wir als Plattformbetreiber in der Verantwortung und Haftung, auch unseren Partnern gegenüber, die die betroffenen Artikel über ,durst.de‘ verkaufen.“ Dies gelte sowohl für Mediendaten wie Flaschenabbildungen als auch für die sonstigen Produktspezifikationen. „Der bessere Weg wäre: Richtige und vollständige Daten können und sollten letztlich nur durch die Inverkehrbringer und Datenbereitsteller garantiert werden und sollten dementsprechend auch einfach und automatisiert zur Verfügung stehen“, erklärt Müller.
Vertrieb beginnt mit Stammdaten
Tatsache ist: Die erfolgreiche Kommunikation zwischen Geschäftspartnern in der indirekten Distribution beginnt mit korrekten Stammdaten. Ein zentral gepflegter Datenpool fehlt bislang. „Diesen gibt es zurzeit zumindest nicht in einer Form, die man als vollständig und qualitativ hochwertig ansehen kann. Die Industriepartner haben oft eigenständige Lösungen und stellen uns ihre Daten auf den unterschiedlichsten Wegen zur Verfügung“, sagt Müller. Das Datenmanagement sei zudem in jedem Unternehmen sehr unterschiedlich und hänge meist von dessen Größe ab.
30.000 Artikel verfügbar
Die Gedat Getränkedaten GmbH, Hamburg, hat im April 2020 mit Get-Item einen neuen Dienst für den Austausch von Artikelstammdaten in der Getränkebranche gestartet. Aktuell sind in dem Cloud-basierten Portal bereits Daten von über 90 Herstellern zu knapp 30.000 Artikeln verfügbar. Die Datenhoheit und Verantwortung zur Pflege und Aktualität liegt bei den bereitstellenden Herstellern. „Damit wird dem deutschen Getränkefachgroßhandel erstmals ein zentraler Zugriffspunkt auf Artikelstammdaten zur Verfügung gestellt“, sagt Dirk Reinsberg, geschäftsführender Vorstand des GFGH-Bundesverbands.
2.000 GFGHs bekommen Zugriff
Die Datennutzbarkeit für GFGHs und Verbundgruppen soll in den nächsten Monaten durch die Verknüpfung und Integration mit anderen Gedat-Services noch verbessert werden. „Perspektivisch möchten wir allen unseren 2.000 Getränkefachgroßhändlern, die heute schon über Gedat ihre Absatzdaten melden, den einfachen Datenzugriff ermöglichen“, sagt Gedat-Geschäftsführer Wolfram Scholz. „So werden wir beispielweise neue oder geänderte Artikelinformationen prominent und passgenau bereitstellen.“ Aber auch die Hersteller sollen zusätzlich profitieren: Durch ein systematisches Qualitätsmanagement sollen sie unterstützt werden, ihre Stammdaten weiter zu vervollständigen und zu verbessern. „Vielen Herstellern ist die Unvollständigkeit ihrer Stammdaten nicht bewusst“, so Scholz.
Erste Erfahrungen gesammelt
„Seit einigen Monaten kennen wir die Datenbank Get-Item und haben davon einen sehr guten Eindruck“, sagt Jens Geimer von der Westerwaldbrauerei. „Für uns ist das eine Kosten-Nutzen-Frage und wir glauben, dass eine solche Datenbank der gesamten Getränkebranche Zeit und damit Kosten spart. Das gelingt, wenn möglichst viele Teilnehmer mitmachen“, so Geimer. Auch die Durststrecke GmbH nutzt die Datenbank seit einigen Monaten. „Meines Erachtens handelt es sich dabei um eine Branchenlösung, die langfristig sowohl den Herstellern als auch den Händlern helfen kann und zu wesentlich mehr Effizienz in den damit zusammenhängenden Prozessen des Datenmanagements führen wird“, sagt Niklas Müller.