Carlsberg stellt auf Einweg um
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, führt Carlsberg seit 2016 in Deutschland ein neues Schanksystem ein. Seitdem werden Gastronomieobjekte auf Einweg-Fässer umgestellt.
Als „Fassbier-Revolution“ und „größte Fassbier-Innovation seit 50 Jahren“ wird die Schankanlage unter dem Namen „Draught Master“ präsentiert. Mit Sprüchen wie „Fassbier wie wir es kennen ist Schnee von gestern“ oder „Schmeiß das alte raus, hol das neue rein“ wirbt die Braugruppe um neue Kunden.
Entwickelt und erstmals eingesetzt wurde der Draught Master in Italien. 2015 startete Carlsberg in Deutschland einen Testbetrieb in Berlin und Hamburg. Der bundesweite Rollout begann 2016. An das patentierte System können ausschließlich die Einweg-Fässer der Carlsberg-Gruppe angeschlossen werden. Hierzulande ist die Schankanlage inzwischen in über 1.000 Gastronomiebetrieben installiert. Angestrebt sei ein jährlicher Zuwachs von 300 bis 500 Objekten, teilt das Unternehmen auf Anfrage von Getränke News mit. Das Ziel der neuen Technologie ist im Verkaufsfolder klar formuliert: mehr Fassbiervielfalt bei höchster Qualität und leichtere Handhabung für den Gastronomen. Intern soll es einen klaren Marschbefehl geben: in Richtung Ausstieg aus dem Fass-Mehrweg-System.
Biervielfalt als Wettbewerbsvorteil
Zunächst sollen nur Kunden auf die neue Anlage umgestellt werden, die mehrere Marken vom Fass anbieten wollen. Biervielfalt als Wettbewerbsvorteil, lautet das Motto, unter dem das Schanksystem aktiv in die Gastronomie verkauft wird. Die Kosten für die Umrüstung sollen je nach örtlicher Gegebenheit zwischen 4.000 und 12.000 Euro liegen. Genaue Angaben hierzu macht die Brauerei nicht.



Laut Carlsberg ist das System einfach zu handhaben. Das 20-Liter-PET-Einweg-Bierfass wird in einer Druckluftkammer gelagert. Druckluft presst das Plastik-Fass zusammen und sorgt so dafür, dass das Bier zum Zapfhahn gelangt. Ohne Fördergas und bis zu 31 Tage im Anstich haltbar. Der Brauerei zufolge ist eine gleichbleibend hohe Qualität des Bieres vom ersten bis zum letzten Glas gewährleistet. Schankverlust soll es keinen geben. Darüber hinaus seien die pfandfreien PET-Fässer leicht zu wechseln und könnten über den gelben Sack entsorgt werden. Außerdem: Durch eine integrierte, halbautomatische Reinigung könnten die Leitungen vom Gastronomen selbst sauber gehalten werden.



Und wen das immer noch nicht überzeugt hat, dem rechnet Carlsberg die Ersparnis bei den Betriebskosten vor (unter anderem keine Kosten für Fördergas und Leitungsreinigung), berät in Sachen Finanzierung und wirbt mit der Möglichkeit von viermal mehr Produkten bei gleichem Ausstoß. Neun Marken mit insgesamt 15 Produkten bietet die Braugruppe hierfür aktuell in Deutschland an. Fässer anderer Brauereien können nach der Umrüstung der Schankanlage nicht mehr angeschlossen werden.
Komplexität beim GFGH steigt
Deutschlandweit werden die neuen Fässer vom Getränkefachgroßhandel (GFGH) in die Gastronomie geliefert. Branchenkenner stellen sich die Frage, ob es dabei bleibt. Die Einweg-Fässer könnten schließlich auch mit Amazon, einem Paketdienst oder einem anderen Logistiker zum Wirt kommen. „Die Hauptsorge des GFGH ist jedoch die steigende Komplexität in Lagerhaltung und Logistik“, sagt Dirk Reinsberg, geschäftsführender Vorstand des GFGH-Bundesverbandes. Die Plastik-Fässer seien zwar einzeln im Pappkarton verpackt und diese auf Paletten gestapelt, die Paletten selbst könnten jedoch nicht gestapelt werden – auch nicht im Lkw, erklärt der Verbandschef im Gespräch mit Getränke News. Hinzu komme, dass durch das System neue Abfälle entstünden. „Mit den Einweg-Fässern werden große Mengen vom funktionierenden Mehrweg-System abgezogen“, sagt Reinsberg.
Diskussion um Plastikmüll
Angesichts der angeheizten Diskussion um Plastikmüll könnten die Einweg-Fässer in die Kritik geraten. Hier sieht man bei Carlsberg jedoch keine Probleme. Die PET-Fässer seien recyclebar und würden über das Duale System entsorgt. Zudem bestünden aus Umweltsicht Vorteile: Unter anderem sei kein Fördergas (CO2) mehr zum Zapfen notwendig und die aufwendige Laugen-Reinigung, die bei Edelstahlfässern Standard sei, entfalle, heißt es auf Nachfrage. Bislang allerdings wissen die Endverbraucher noch nichts von den Plastik-Fässern. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis das publik wird. Und ob in Zeiten, in denen täglich die Vermüllung der Weltmeere und das Problem Mikroplastik thematisiert werden, sich Bier in Plastik-Fässern erfolgreich verkaufen lässt, bleibt abzuwarten.
Über Carlsberg
Die Carlsberg Gruppe ist einer der führenden Brauereikonzerne. Die Gruppe beschäftigt mehr als 41.000 Menschen und ihre Produkte werden in über 150 Märkten verkauft. Seit 2004 zählen die Holsten-Brauerei (Holsten, Astra) und die Mecklenburgische Brauerei Lübz ebenfalls zur weltweit viertgrößten Braugruppe.