Bierpreise fallen wieder
Für die deutsche Brauwirtschaft kommt es im Mai zum Schwur: Werden die Verbraucher trotz harter Lockdown-Verbote zu ihren Konsumgewohnheiten zurückkehren und – wie in der Jahreszeit üblich – ihr Bier im Freien genießen oder angesichts der Ausgangssperren auf Grillabende verzichten? Tatsächlich ist bereits vor dem ersten Mai-Wochenende zu erkennen, dass sich der Handel in Deutschland für die erste Verzehrspitze im Frühsommergeschäft rüstet. Das Angebotskarussell dreht sich, überall werden Aktionsfeuerwerke gezündet. Dreh- und Angelpunkt bleibt die Positionierung um die 10-Euro-Grenze.
Der Edekaner Gleichmann im thüringischen Gräfenthal kategorisiert bei „nah & gut“ die Premium-Marken gleich als „Der Bier 10er“ – ein Spiegelbild der Verbraucherpräferenzen. Wer darunter liegt, kann von den Verzehrgewohnheiten von zwei Dritteln der Konsumenten profitieren. Alles andere bewegt sich in der Zielgruppe jener Shopper, die für ihr Premium-Bier gerne mehr Geld ausgeben.
Premium-Marken in der Preisoptik
Gleich vor dem 1. Mai stehen erneut zwei Marken in der Preisoptik: Beck‘s und Warsteiner. Während der Sixpack der Bremer AB Inbev-Marke zum halben Preis und damit für 2,13 Euro bei Netto zu haben ist, lässt Real den Warsteiner-Kastenpreis von 10,49 Euro mit der Gratiszugabe eines Sixpacks Warsteiner Alkoholfrei 0,0% erodieren. Verbraucher, die den im Prospekt angegebenen Wert des Sixpacks von 4,29 Euro mit dem Kastenpreis verrechnen, kommen so auf 6,29 Euro für die Warsteiner-Kiste. Damit tangiert Warsteiner das Preisniveau seiner Preiseinstiegsmarke Paderborner.
Auch im Niedrigpreissegment gibt es zahlreiche Impulse – vor allem im Osten des Landes, wo die Preissensibilität unverändert hoch ist. Oetkers Freiberger steht bei Marktkauf für 7,99 Euro und damit 36 Prozent günstiger im Schaufenster, innerhalb einer „8+1“-Aktion zieht Lidl Perlenbacher Premium-Pils XXL für gerade mal 2,35 Euro über den Scanner. Diska lockt mit Holsten genauso für 8,99 Euro wie mit Braustolz – die Kulmbacher-Gruppe legt für ihre Ostmarke gleich noch einen Vierer-Pack obendrauf.
Pils als Mengenbringer
Im Sortenverhalten hingegen lassen LEH und GAM noch keine wesentlichen Änderungen erkennen. Die großen Premium-Pilsmarken zählen unverändert zu den Mengenbringern, die im Outlet für Begehrlichkeit sorgen. Davon können Spezialitäten wie Weizenbier oder Helles nur träumen.
Aktuell geht Erdinger mit Preisen um 12,40 Euro bei Edeka über den Ladentisch, hat aber den latenten Preisangriffen von Franziskaner mit seiner wiederkehrenden 10-Euro-Verlockung immer noch nichts entgegenzusetzen. Es steht außer Frage, dass das über drei Jahrzehnte aufgebaute Preisgefüge von Weißbier oberhalb des Pils-Segments langsam unter dem eigenen Sortendruck ins Wanken gerät. Noch hat der Handel das vor allem in Süddeutschland dynamisch wachsende Hellbier-Segment nicht dauerhaft auf dem Angebotszettel – eine weitere Gefahr für den Weißbiermarkt. Wenn es dann soweit ist, dürfte das begehrtere Helle dem Weißbier rasch diesen Platz abjagen.
Weniger Flaschenbier wegen Notbremse?
Nach schwierigen vier Monaten läuft das Maigeschäft 2021 gegen die Lockdownzahlen des Vorjahresmonats. Tatsächlich stürzte die deutsche Brauwirtschaft im Mai 2020 bei einem Absatzvolumen von 7,56 Millionen Hektolitern regelrecht ab – ein hoher Verlust von -13 Prozent. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die Bundesnotbremse auf das Konsumverhalten auswirkt. Aus den Traditionsbrauereien hört man – allen Untergangsmeldungen zum Trotz -, dass man keinen Zweifel daran hegt, dass die deutschen Verbraucher in den nächsten Wochen zu ihren Lieblingsgewohnheiten zurückkehren.
Unwägbar bleiben die Marktverwerfungen, weil die Verweildauer mit Gästen beim abendlichen Terrassenumtrunk ausgebremst wird oder bei den ersten lauen Sommerabenden die Großstädter auch nach 22 Uhr nicht auf ihr „Wegbier“ verzichten möchten. Die Notbremse, so viel steht fest, droht neben dem Fassbier-Totalausfall auch kostbare Flaschenbierabsätze zunichtezumachen.