Die Pandemie hat auch im Jahr 2021 zu hohen Einbußen für die deutsche Brauwirtschaft geführt. Wie das Statistische Bundesamt heute mitteilt, sank der Bierabsatz gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent (-1,9 Millionen Hektoliter). Insgesamt wurden 2021 rund 85 Millionen Hektoliter Bier abgesetzt. Bereits 2020 war der Bierabsatz um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Bei den Biermischungen gab es 2021 hingegen einen leichten Anstieg (+0,8 Prozent). Sie machten mit 4,4 Millionen Hektoliter allerdings nur 5,2 Prozent des gesamten Bierabsatzes aus.
„Die Hoffnung, die Talsohle endlich durchschritten zu haben, hat sich für viele Betriebe leider nicht erfüllt. 2021 war für die Brauereien erneut ein außerordentlich schwieriges Jahr“, sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes (DBB). Die Umsatzeinbußen dürften das Absatz-Minus noch übersteigen, weil für Brauereien die Wertschöpfung in der Gastronomie und bei Events deutlich höher ist als im Handel. „Deshalb spiegelt der Blick auf die Hektoliter-Zahlen das tatsächliche Ausmaß der Krise nicht ansatzweise wider“, so Eichele.
Totalausfall des Fassbiergeschäftes
Tatsache ist: Der Lockdown der Gastronomie bis hinein ins Frühjahr sowie die Absage tausender Veranstaltungen haben die Braubranche abermals schwer getroffen. Das hat das zu einem historischen Totalausfall des Fassbiergeschäftes geführt. „Der Mengenverlust von -2,1 Millionen Hektoliter allein in den ersten fünf Monaten 2021 steht unterm Strich für den Großteil des Volumenverlustes der Brauwirtschaft im letzten Jahr“, sagt Michael Huber, Generalbevollmächtigter der Brauerei Veltins. „Die Aufholjagd der sieben Folgemonate konnte das nicht mehr ausgleichen.“
Nach Veltins-Berechnungen belastet die deutsche Brauwirtschaft somit ein zweijähriger Umsatzausfall von 1,8 Milliarden Euro, wobei die Fassbierverluste den größten Anteil ausmachen. Die Folgen seien überall spürbar: „Die Pandemie hat in den Bilanzen vieler Brauereien Kratzer, in einigen sogar mächtige Dellen hinterlassen. Es wird länger dauern, bis die Wunden eingeschränkter Finanzkraft und Liquidität verheilt sind“, sagt Huber.
Laut Statistischem Bundesamt waren 81,5 Prozent des gesamten Bierabsatzes 2021 für den Inlandsverbrauch bestimmt und wurden versteuert. Der Inlandsabsatz sank im Vergleich zu 2020 um 3,4 Prozent auf rund 70 Millionen Hektoliter. Gegenüber 2019 beträgt das Minus 8,6 Prozent. Langfristig betrachtet geht der Bierabsatz in Deutschland seit Jahren kontinuierlich zurück. Seit 1993 –als die Neufassung des Biersteuergesetzes in Kraft getreten ist – hat sich die Menge des abgesetzten Bieres insgesamt um 23,9 Prozent (-27 Millionen Hektoliter) verringert.
Bierbrauen ist so teuer wie nie
Die Ergebnisse der Brauwirtschaft werden jedoch nicht nur durch hohe Umsatzausfälle belasten, sondern auch durch fortwährende Kostenexplosionen. „Bierbrauen ist so teuer wie nie zuvor. Wir haben 2021 in nahezu allen Beschaffungsbereichen marktbedingte oder politisch herbeigeführte Kostensteigerungen“, bestätigt Michael Huber. Der Strompreis sei um bis zu 144 Prozent, Gas um 325 Prozent in die Höhe geschnellt. Aber auch Paletten erforderten in der Beschaffung 100 Prozent mehr Aufwand, bei Kronkorken lagen die Mehrkosten bei immerhin 70 Prozent. Sogar die Etikettenpreise hätten angezogen. „Die deutsche Brauwirtschaft wird die Pandemie überstehen, allerdings muss jetzt nicht nur auf der Marktseite, sondern zu allem Übel auch noch auf der Beschaffungsseite mit großer Kraft gekämpft werden“, so Huber.
Nur langsame Erholung erwartet
Der DBB rechnet für das laufende Jahr für die 1.500 Brauereien in Deutschland allenfalls mit einer langsamen Erholung des Marktes. „Die Omikron-Welle trifft auf Betriebe, die durch die Auswirkungen der nunmehr fast zwei Jahre andauernden Krise bereits stark geschwächt sind und nicht selten mit dem Rücken zur Wand stehen. Das gilt für Gaststätten genauso wie für Brauereien, wobei letztere meist auf ihrem Schaden sitzen bleiben, weil sie nur in äußerst seltenen Fällen in den Genuss der Entschädigungsregelungen der Bundesregierung kommen“, sagt Eichele.
Die Brauerei Veltins bewertet die aktuelle Lage etwas positiver: „Wir wissen heute, dass das Fassbiergeschäft schnell wieder anspringt, wenn die Zugangshürden in der Gastronomie fallen“, sagt Huber. Die Menschen hätten im letzten Jahr dort Sicherheit gesucht, wo sie diese auch finden konnten: Außengastronomie und die eigene Terrasse zu Hause gaben Verlässlichkeit und ein Stück Rückkehr zur Lebens- und Genussnormalität. „Die Lust aufs Bier ist in Wahrheit größer als es der wieder sinkende Pro-Kopf-Verbrauch aussagen kann. Jedes Fassbier bedeutet Kommunikation und Lebenslust und die zugehörigen Begegnungs- und Verzehrgelegenheiten werden zurückkommen.“


In den Zahlen sind alkoholfreie Biere und Malztrunk sowie das aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) eingeführte Bier nicht enthalten.