Der Wahlkampf ist eröffnet: Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung erwartungsgemäß verloren hat, steht Neuwahlen im Februar 2025 nichts mehr im Wege. Nach der Abstimmung haben SPD und Union ihre Wahlprogramme der Öffentlichkeit vorgestellt. In beiden Programmen spielen Wirtschaftspolitik und Bürokratieabbau eine wichtige Rolle – mit Blick auf die Getränke- und Lebensmittelwirtschaft gibt es jedoch interessante Akzente.
Nachdem die 2021 im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigten Werbe- und Sponsoringverbote für alkoholhaltige Getränke bisher nicht umgesetzt worden sind, bekräftigt die SPD im Entwurf für das neue Wahlprogramm diesen Wunsch erneut und geht noch darüber hinaus – mit der Forderung nach einem höheren Abgabealter für Alkohol sowie Energy-Drinks. Wörtlich heißt es im Programm: „Wir wollen strengere Regulierungen, Werbebeschränkungen und Altersgrenzen für Energy-Drinks, Alkohol, Einweg-Zigaretten, Cannabis und neuartige Nikotinprodukte.“
Mit Blick auf alkoholfreie Getränke und viele andere Lebensmittel-Kategorien kündigt die SPD auch staatliche Vorgaben für Rezepturen der Hersteller sowie die Einführung einer Zuckersteuer an: „Um den Zucker-, Salz- und Fettgehalt in unseren Lebensmitteln zu reduzieren, legen wir verbindliche Ziele fest und setzen ökonomische Anreize für weniger gesundheitsschädliche Produkte – über eine Herstellerabgabe für zuckerhaltige Getränke“, heißt es im SPD-Programm.
Die führenden deutschen Getränkeverbände hatten bereits 2019 eine Selbstverpflichtung vorgelegt und ihren Mitgliedsunternehmen für die Kategorie Erfrischungsgetränke im Zeitraum 2015 bis 2025 eine Zucker- und Kalorienreduktion von 15 Prozent empfohlen. Nach Angaben der Verbände wurde diese Initiative erfolgreich auf den Weg gebracht.
Informationen statt Werbeverbote
CDU und CSU wollen laut Wahlprogramm „bei der Ernährung auf mündige Bürger setzen“. Wörtlich heißt es: „Wir setzen auf Ernährungsbildung und gute Information, aber nicht auf unwirksame Werbeverbote oder Lenkungssteuern. Für Lebensmittel wollen wir eine verpflichtende, praxistaugliche Herkunftskennzeichnung.“ An anderer Stelle im Programm steht, man wolle „Präventionsangebote in allen Lebensbereichen verbessern und die Menschen in ihrer Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz stärken“. Auch dies kann als Absage an weitere Regulierung verstanden werden.
Um Menschen mit geringem Einkommen den Einkauf zu erleichtern, hat die SPD dieser Tage eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel von 7 auf 5 Prozent ins Spiel gebracht. Die CDU/CSU kritisierte diesen Vorstoß als populistisch. Geht es nach der Union, soll nach der Wahl der Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent besteuert werden, eine bewährte Sonderregelung während der Corona-Pandemie, die aber Ende 2023 ausgelaufen war. Nicht nur der Dehoga-Bundesverband, auch der Deutsche Brauer-Bund setzen sich seither für die Rückkehr zur ermäßigten Mehrwertsteuer ein, um die noch immer angeschlagene Gastronomie zu unterstützen.
Der Brauer-Bund verweist darauf, dass in 23 EU-Staaten der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt, ohne dass hierbei zwischen dem Essen in Restaurants, Essen aus dem Lebensmittelhandel oder von Lieferdiensten unterschieden würde. Einzelne EU-Staaten hätten zeitweise auch die Mehrwertsteuer auf Getränke in der Gastronomie – wie beispielsweise Fassbier – gesenkt, um die Gastronomie und die Brauereien zu unterstützen.