Unter der Corona-Krise leidet in hohem Maße auch der Getränkefachgroßhandel: Durch die bundesweiten Schließungen von Restaurants, Kneipen und Bars sowie die Absage unzähliger Veranstaltungen ging im März der Umsatz der Branche durchschnittlich um 24 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres zurück.
Das geht aus einer Umfrage hervor, die der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels unter seinen Mitgliedern durchgeführt hat. An der Befragung nahmen 186 der über 500 im Verband organisierten Unternehmen teil. Im Schnitt erwirtschaften die Befragten 40 Prozent und damit den Löwenanteil ihres Umsatzes mit der Gastronomie, 16 Prozent entfallen auf Events.
Da beide Absatzwege durch die Pandemie komplett wegbrechen, fürchten viele Händler das Schlimmste: 43 Prozent gaben an, ihre Existenz sei durch Corona gefährdet. Über 80 Prozent davon glauben demnach, die aktuelle Situation noch länger als einen Monat bewältigen zu können, knapp 15 Prozent gehen von vier Wochen aus, weitere vier Prozent schätzen, nur noch zwei Wochen durchhalten zu können.
70 Prozent sind auf Kurzarbeit
Allerdings gibt laut dem GFGH-Bundesverband keines der befragten Unternehmen an, bereits heute keine Liquiditätsreserven mehr zu haben. Dies ist der Branchenvertretung zufolge auch darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit staatliche Hilfen in Anspruch nimmt. 70 Prozent haben bereits Kurzarbeitergeld für ihre Angestellten beantragt; 15 Prozent ziehen dies mittelfristig in Erwägung, weitere 15 Prozent sehen keine Notwendigkeit dafür.
Zudem haben bereits 47 Prozent der Befragten staatliche Liquiditätshilfen beantragt, weitere 22 Prozent planen, dies in nächster Zeit zu tun. Rund 12 Prozent gaben an, die Hilfsangebote seien für sie nicht passend, und fast 20 Prozent berichten, dass sie keine Unterstützung benötigen. Auf KfW-Darlehen greifen laut GFGH-Bundesverband nur wenige Unternehmen zurück, da sie die hohen Anforderungen nicht erfüllen oder die Verzinsung des Anteils der Hausbank als zu hoch erachten.
32 Prozent der Firmen beschäftigen mehr als 50 Mitarbeiter und haben daher keinen Anspruch auf rückzahlungsfreie Soforthilfen. Ihnen bleibt zurzeit nur der Weg zu ihrer Hausbank, um KfW-Mittel zu beantragen. 17 Prozent der Betriebe mussten bereits einzelne Mitarbeiter entlassen. Die Kündigungen trafen vor allem Minijobber und Angestellte mit Zeitverträgen.
Lage verschärft sich dramatisch
Dramatisch verschärft wird die Situation jetzt nach Einschätzung des Verbands durch die Entscheidung der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs der Länder, die Einschränkungen größtenteils zu verlängern und die Gastronomie bis auf weiteres komplett geschlossen zu halten. Betroffen seien dabei neben der Gastronomie selber auch deren Zulieferer wie der Getränkefachgroßhandel und Hersteller mit gastronomischem Sortiment.
Darauf weist Dirk Reinsberg, geschäftsführender Vorstand des GFGH-Bundesverbands, nachdrücklich hin. Die Branche brauche – über die beschlossenen Corona-Hilfen hinaus – „einen branchenspezifischen Rettungsschirm“, der allen am Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft Beteiligten je nach Bedürftigkeit zur Verfügung stehe. Nur so werde man „die vielfältige und für ein buntes gesellschaftliches Leben notwendige Gastronomie- und Veranstaltungsstruktur durch extrem schwierige Zeiten bringen“ und unzählige regionale Arbeitsplätze sichern können, ist Reinsberg überzeugt. „Die Patienten heißen nicht nur Adidas, TUI oder Lufthansa. Der Patient heißt Gastronomie-Branche“, so der Verbandschef.
Gastronomie braucht „planbaren Exit“
Neben zielgerichteten Unterstützungen brauche die Gastronomie schnell „einen planbaren Exit aus dem Lockdown“, fordert Reinsberg. Dabei dürfe es nicht auf die Größe der Betriebe ankommen, sondern darauf, ob sich Unternehmen an die Sicherheits- und Hygienevorschriften hielten. Sehr viele Unternehmen würden schon seit Wochen mit Hilfskrediten und Stundungen von Steuern und Sozialabgaben über Wasser gehalten, diese müssten aber bald zurückgezahlt werden. Mit jedem weiteren Tag des Stillstands würden sie zuerst in die Überschuldung und dann in die Insolvenz rutschen, fürchtet Reinsberg.
Die Deutschen seien durch die letzten Wochen daran gewöhnt, in Supermärkten und in anderen Einkaufsstätten auf den Sicherheitsabstand zu achten und die Hygieneregeln einzuhalten. Daher sollte neben Teilen der Wirtschaft auch die Gastronomie wieder hochgefahren werden dürfen, fordert Reinsberg abschließend.